WEIMAR. (fgw) Am 3. Oktober 2012 wendet sich freigeist-weimar.de einem Thema zu, das verwundern mag. Hie, Weimar, die Stadt von Goethe und Schiller sowie der Weimarer Reichsverfassung von 1919, dort das winzige alpine Fürstentum Liechtenstein, der letzte (feudale) Überrest des gottesgnadigen “Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation”. Was nun bloß haben die Stadt Weimar und das Fürstentum Weimar miteinander zu schaffen?
Nach 1989 ist ein “Kulturkreis Liechtenstein-Weimar” (KLW) entstanden, der es sich zum Ziel gesetzt hat, den kulturellen Austausch zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Europäischen Kulturhauptstadt Weimar 1999 nach Kräften zu fördern und damit zum besseren Kennenlernen und Verstehen innerhalb des deutschsprachigen mitteleuropäischen Kulturraumes beizutragen. Der KLW widmet sich der Anregung kultureller Projekte in Weimar bzw. Thüringen und dem Fürstentum Liechtenstein mit den Schwerpunkten Musik und Bildende Kunst.
Und nun hat eine Nachricht aus eben diesem Fürstentum aufhorchen lassen, die durchaus für Denk-Anregungen zur endlichen Umsetzung der von der Weimarer Reichsverfassung von 1919 geforderten Trennung von Staat und Kirchen sorgen könnte.
In der Rundfunkmeldung des ORF vom 2. Oktober heißt es u.a.:
“Die katholische Kirche mit Erzbischof Haas an der Spitze soll in Liechtenstein den Status als Landeskirche verlieren. Die Regierung will die Verhältnisse zwischen Staat und Religionsgemeinschaften neu regeln und alle Religionen gleich behandeln.
Die Regierung hat das im Fürstentum über Jahre diskutierte Geschäft der Neuregelung des Verhältnisses zwischen Staat und Religionsgemeinschaften unter Dach gebracht und an das Parlament verabschiedet. Kern der Vorlage seien eine Änderung der Verfassung sowie die Schaffung eines Religionsgemeinschaftengesetzes, sagte Regierungschef Klaus Tschütscher (…)
Mit der Verfassungsrevision sollen das Landeskirchentum abgeschafft und die Gleichstellung aller Religionsgemeinschaften ermöglicht werden. Dadurch verliert die katholische Kirche mit dem Vaduzer Erzbischof Wolfgang Haas ihren Status als Landeskirche im Fürstentum, wo etwa 75 Prozent der Bevölkerung katholisch sind. (…)
Das Religionsgemeinschaftengesetz soll die Beziehungen des Staates zu den Religionsgemeinschaften regeln. (…) Die Vorlage ist laut Regierung so konzipiert, dass die Grundsätze der Beziehungen des Staates zu den Religionsgemeinschaften einheitlich im Religionsgemeinschaftengesetz geregelt werden. Daneben lässt die Vorlage Raum für vertragliche Regelungen von bilateral relevanten Themen. Die Regelung der besonderen Vermögensverhältnisse zwischen den Gemeinden und der katholischen Kirche stellten ein solches Thema dar, das auf vertraglichem Wege geregelt werden solle (…)”
Insbesondere die Idee eines solchen Gesetzes sollte hierzulande aufgegriffen werden, wenn damit der hiesige Zustand von Kirchen als “K.d.ö.R.”, also ihrer besonderen, privilegierten Rechtsstellung gegenüber anderen Vereinigungen, überwunden werden könnte.
[Erstveröffentlichung: Freigeist Weimar]