Die Süddeutsche Zeitung spricht Klartext mit der Überschrift
Warum sich diese Katastrophe nicht abschalten lässt
Japan erklärt das Fukushima-Drama für beendet – eine Farce angesichts der Zustände in den Reaktoren.
Die Regierung spricht von „Kaltabschaltung“ und tut so, als würde dort ein funktionstüchtige Atomanlage regulär abgeschaltet.
Doch weder Sicherungsmaßnahmen, noch ein Herunterfahren und Abschalten sind bei einem Reaktor nach einer Kernschmelze möglich. Man kann über einen sehr langen Zeitraum schauen, dass es nicht noch schlimmer wird, durch beständiges kühlen. Irgendwann mag dann eine Demontage des havarierten AKW möglich sein – es dauert noch Jahrzehnte!
Man schau zum direkten Vergleich nach Russland, das AKW in Tschernobyl ist noch kaum demontiert. Man kämpft doch vielmehr noch heute, rund 26 Jahren nach der Explosion mit der Strahlung, die weiterhin aus der Anlage entweicht. Mit unglaublichen Beträgen wird ein neues Dach für die Ruine benötigt – vielleicht auch, um es zeitgleich zu einem europäischen Endlager umzubauen (wenn man sich die Geldgeberliste anschaut)…
Die Zeitung schreibt am 17.12.2011 weiter:
Die Nuklearanlage Fukushima I ist diese Woche nicht sicherer geworden. Die prekäre Stabilität, von der Japans Premier Yoshihiko Noda nun spricht, wurde schon vor einiger Zeit erreicht. Die Ruine ist also einigermaßen unter Kontrolle. Tritt keine neue Katastrophe ein, dann dürfte das so bleiben. Aber diese Stabilität wird noch lange fragil sein. Hinter Nodas Ankündigung steckt also kein tatsächlicher Fortschritt, sondern ein politisches Motiv.
In der Kerntechnik steht der Begriff Kaltabschaltung für ein Absinken der Brennstäbe-Temperatur unter 100 Grad. Das Kühlwasser kocht nicht mehr, man kann den Reaktor öffnen und die Brennstäbe entnehmen. In den havarierten Reaktoren gibt es aber keine Brennstäbe mehr. Sie liegen vermutlich geschmolzen am Boden.
Immerhin scheint es gelungen, diese Schmelztiegel unter den Siedepunkt zu kühlen. Dafür den Begriff Kaltabschaltung zu verwenden, ist zumindest fahrlässig. Die Regierung tut so, als habe man es mit einem funktionstüchtigen Reaktor zu tun, bei dem man nun das nukleare Brennmaterial entnehmen könne. Von diesem Moment ist Fukushima I aber noch 10 bis 25 Jahre entfernt.
Eine ebenso leere Ankündigung machte der Premier schon im Oktober. Damals hob er die Evakuierungsempfehlung für die 20- bis 30-Kilometer-Zone auf. Damit schien er das Versprechen erfüllen zu wollen, wonach die ersten Nuklearflüchtlinge noch dieses Jahr in ihre Häuser zurück könnten. Alles also nach Plan? Weit gefehlt. Die betroffenen Gemeinden mussten ihre Bürger warnen, die nötige Dekontaminierung sei noch längst nicht erreicht. Vor allem Familien mit Kindern können noch lange nicht zurück.
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Kann man Tepco, die sich als korrupt und schlampig erwiesen hat, also doch trauen? Premier Noda tut es bereits. Er will Tepco weiter die Führung eines Industrie-Konsortiums zum Export von Atomkraftwerken nach Vietnam anvertrauen. Für Noda und Tepco ist die Katastrophe von Fukushima ja jetzt vorbei. Sie unterschlagen, dass der Demontage-Zeitplan auf 40 Jahre angelegt ist.
Schön, dass es doch noch solche guten und objektiven Berichte in deutschen Medien gibt – sie sind aber zu selten und selten so direkt und anklagend…
Quelle: Süddeutsche Zeitung