So wird der Gründonnerstag jedes Jahr im Seon Ashram gefeiert:
Wenn man an Indien denkt, geht einem nicht als erstes Ostern durch den Kopf, aber für mich ist dieses freiwillige Jahr hier im Bundesstaat Karnataka durch aus auch christlich geprägt. Mein Projekt die Little Flower School, wie auch der Seon Ashram sind beides christlich geführte Institutionen. Alle Religionen werden toleriert und leben hier zusammen – Doch das Christentum ist durch die Gebetszeiten und die Heiligenfiguren und Kreuze oft präsent. Die Gründerfamilie des Seon Ashram ist, wie gesagt, christlich und feiert daher auch mit aller Begeisterung Feste wie Ostern. Fast jeden Tag fand in der Osterwoche eine Messe oder sogar auch ein Kreuzzug statt, an dem man teilnahm.
Am Gründonnerstag versammelten sich all Bewohner des Seon Ashram in der großen Veranstaltungshalle in der obersten Etage des Gebäudes, in dem die behinderten, alten und schwachen Menschen wohnen. Etwa 370 Personen waren es, die dort auf den, für Indien so typischen roten Plastikstühlen Platz fanden. Mr. U.C. Paulose, der Gründer las von einem Podest aus aus der Bibel vor. Trotz der mentalen und psychischen Krankheiten der Bewohner hatte man das Gefühl, es hören die aller meisten der Versammelten gebannt seinen Worten zu. Nach dem Daddy, so wie Mr. Paulose auch genannt wird, diesen Teil der Veranstaltung beendete, begab er sich mit einer Schale Wasser, einer Seife und einem Parfum zu den Bewohnern und Patienten. In Teams mit seinem Sohn, seinen Töchtern, ein paar Kindern der Little Flower School und den Volontären, also auch mir, gingen wir mit den Waschutensilien ausgestattet durch die Reihen und wuschen nach und nach jedem einzelnen Mitglied des Seon Ashrams die Füße.
Jeweils wurde ein Fuß mit Wasser gewaschen, mit Seife gereinigt, abgespült und dann mit einem Spritzer Parfum veredelt. Letzteres verbreitete sich als Duftnote im ganzen Gebäude und blieb eine lange Zeit der Nase in Erinnerung. Selbst die Patienten, die nicht ins oberste Stockwerk gekommen waren, weil sie zu schwach waren oder es zu viel Stress für sie bedeutet hätte, bekamen ihre Füße am Bett gewaschen. Ein Patient, der im Sterben lag, bekam selbst wahrscheinlich nicht mehr viel mit von dem, wie ich finde sehr schönen und symbolischen Ritual der Reinigung. Zwei Tage darauf verstarb er an verschiedenen Krankheiten, die ihn bis zum Ende gequälten hatten.
Nach dem alle Personen, inklusive der Waschenden ein sauberen und parfümierten Fuß besaßen, begab Daddy sich wieder auf das Podest und sprach vor allen. Er hob ein Reisbrot geziert mit einem Kreuz aus einem Blatt in die Luft und zerteilte es darauf hin vor allen. Die Art, wie Mr. Paulose diese Zeremonie abhielt, erinnerte stark an das Letzte Abendmahl Jesu. Aus vorbereiteten Eimern bekam der gesamte Ashram Stücke des gleichen Brotes. Wieder ging ich mit den anderen Helfern durch die Reihen und durfte den Menschen etwas geben. Satt sollte keiner werden, dass war nicht die Intention. Das Gefühl welches sich in mir breit machte, war eins der Zusammengehörigkeit und Einheit.
Nach der Feierlichkeit in der Veranstaltungshalle wurde ich mit den anderen Helfen und Freiwilligen noch zum gemeinsamen Abendessen im Haus der Familie Paulose eingeladen. Der gesellige Tisch setze noch einmal ein Sahnehäubchen auf diesen sowieso schon sehr ereignisreichen Tag.
Für mich war der Gründonnerstag auf jeden Fall das Highlight der Osterwoche!