Fruitvale Station Kurzkritik

Verlustschmerz
Von Luca Hammer

Ryan Coogler nimmt sich sechzig Minuten, um den ZuschauerInnen einen Einblick in das Leben von Oscar Grant zu geben. Es ist der 31. Dezember 2008. Oscar ist 22 und Afroamerikaner. Der Film startet etwa 24 Stunden vor seiner Ermordung durch einen Polizisten in einer Bahnstation und beruht auf Oscar Grants wahrem Schicksal. Durch Original-Handyaufnahmen wird dies unterstrichen, was das schmerzende Gefühl, mit dem man das Kino verlässt, verstärkt.

Oscar wird von Michal B. Jordan verkörpert, der bisher vor allem durch seine Rollen in den TV-Dramas The Wire und Friday Night Lights Aufmerksamkeit bekam. In Fruitvale Station überzeugt er mit einer Mischung aus Ruhe und Emotionalität. Seine Freundin Sophina, mit der er eine vierjährige Tochter hat, wird von Melonie Diaz gespielt, deren Verzweiflung gegen Ende des Films besonders mitreißend ist.

Der Großteil des Films dient dem Aufbau der Beziehung zwischen Protagonisten und Publikum. Ein facettenreicher Charakter, der die Nerven verliert und lauter wird, wenn er versucht seinen Job zurückzubekommen. Aber die meisten Rückschläge mit einer beeindruckenden Gelassenheit hinnimmt. Er wird weder als Held noch als Versager dargestellt. Stattdessen wird gezeigt, wie liebevoll er sich um seine Tochter kümmert und wie seine schwierige Vergangenheit ihn ständig begleitet. Er gibt sich Mühe sein Leben in den Griff zu bekommen. Sein soziales Umfeld gibt ihm Halt.

Die Welt ist nicht gerecht. Das wird Oscar immer wieder vor Augen geführt. Etwa wenn er einen streunenden Hund streichelt und dieser anschließend angefahren wird. Der Täter rast ohne abzuwarten weiter. Der Hund stirbt in Oscars Händen. Eine Machtlosigkeit macht sich breit. Ähnlich fühlte man, wenn man den tatsächlichen Prozess um den Polizisten, der Oscar Grant erschossen hatte, verfolgte. Ein paar Monate Gefängnis.

Einen Eindruck der gesellschaftlichen Tragweite erzeugt der Film, indem man Oscar Grant nahe kommt ohne sich mit ihm direkt zu identifizieren. Vielmehr entwickelt man eine Bewunderung für seine Lebensbewältigung. Und das alles an einem einzigen Tag. Unbewusst entsteht die Frage, was ein ganzes Leben gebracht hätte.


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