von Elisabeth Naumann, www.azawakhs.eu
Als eine der wenigen noch anzutreffenden ursprünglichen und unter natürlichen Selektionsbedingungen und Gebrauchskriterien entstandenen Hunderassen zeigen Azawakhs in vielfacher Hinsicht Verhaltenseigenschaften, die in dieser Ausgeprägtheit bei neu geschaffenen "Kulturrassen" kaum angetroffen werden. Die Verfasserin dieses Beitrags (Fachlehrerin für Gesundheits- und Krankenpflege, seit 2000 Züchterin von autochthonen Azawakhs und Teilnehmerin an Feldforschungen in den Ursprungsländern), stellt sich die Frage, ob und inwieweit die von ihr dokumentierten Entwicklungs- und Verhaltensabläufe in einem Azawakhwurf mit solchen Rasseeigenschaften ontogenetisch korrespondieren. Angeregt wurde dies durch die Untersuchungen von Dr. Dorit Feddersen-Petersen in "Hunde und ihre Menschen", 2. Auflage, Kosmos Verlag Stuttgart 2001 (vgl. S. 70 - 71.) Schon in Hinblick auf das einzelne Sample kann der vorliegende Versuch nur ein Anstoß für weitergehende empirische Bemühungen sein. Er dürfte aber einiges Erkenntnisinteresse beanspruchen, nachdem die neuere kynologische Forschung dazu tendiert, den pränatalen Rahmendaten und den ersten Lebenswochen eines Hundewurfs eine größere Aussagekraft als dem heute allgemein angestrebten Sozalisierungserfolg durch das Eingreifen des Menschen zuzuordnen.
Zum Verständnis des vermuteten Zusammenhangs zwischen frühzeitigen Verhaltenstendenzen in einem Azawakhwurf und dem Charakterprofil der Rasse ist ein Blick auf deren Entwicklungsgeschichte angezeigt.
Herkunft
Steppen, Savannen und Halbwüsten am Südrand der Sahara sind die Stammheimat des Azawakhs. Dieses Region hat in etwa die Größe Frankreichs und umfasst Staatsgebiete der heutigen Republiken Mali, Niger und Burkina Faso Sie ist Bestandteil der Sahelzone, eines zirka 200 bis 300 km breiten Halbtrockengürtels, der sich vom Atlantischen Ozean bis zum Horn von Afrika quer über den gesamten Kontinent erstreckt. Im sogenannten Mittleren Nigerbecken liegt das Wadi Assouagh - ein zirka 40 km breites und mehr als 1000 km langes, schon seit langer Zeit trockenes Urstromtal. Seinen Namen wählte man in Europa als Rassebezeichnung, weil erste Importe aus Randgebieten des "Azawakhtals" stammten. In Frankreich, der ehemaligen Kolonialmacht, wurde 1980 in Anlehnung an die wenigen Erstimporte eine Beschreibung erstellt und als "Rasse-Standard" bei der FCI hinterlegt. Als Züchter und Halter in der Ursprungsregion galten dabei die Tuareg. Tatsächlich aber ist der Hund seit eh und je Bestandteil der Lebens- und Wirtschaftsweise aller dort beheimateten nomadischen Ethnien. Primärer Gebrauchszweck der Azawakhs war es, die Herden, das Lager und dessen Angehörige vor Raubtieren und unwillkommenen Fremden zu schützen. Diese Funktion der Hunde hat die Verhaltensweise der Rasse weit mehr als die Nutzung ihres Hetztriebs für die bei der Oberschicht geschätzten, aber seit langem nicht mehr existierenden Gazellenjagd geprägt.
Die Betreuung der Herden war wie alle Handarbeit innerhalb der Tuareg-Hierarchie Aufgabe von Leibeigenen und Angehörigen unterworfener und akkulturierter Volksgruppen (Kel Tamaschek). Aufzucht, Haltung, Versorgung und alltäglicher Arbeitseinsatz der Hunde gehörten zu ihren Dienstbarkeiten. Als Folge des sozialen und ökonomischen Strukturwandels in den Tuareg-Oberschichten seit dem vergangenen Jahrhundert sind es heute vor allem die Nachkommen der ehemals abhängigen Bevölkerungsteile und Ethnien, die ihren Lebensunterhalt weiterhin durch kleinteilige nomadische Viehwirtschaft bestreiten. Sie setzen die traditionelle Azawakh-Haltung fort. Diese ist den kärglichen Lebensumständen der Menschen angepasst, die ihre eigene Nahrung - Milch und Hirse - im Rahmen der Möglichkeiten mit den Hunden teilen. Nach gelegentlichen Jagden auf Wildschweine oder Hasen oder dem seltenen Schlachten einer Ziege gibt es Eingeweide und Knochen für die Hunde. Kleintiere der Savanne wie Erdhörnchen und Echsen dienen zur Aufbesserung ihrer Nahrung. In der Regel überstehen nur einige wenige Rüden zur Ergänzung des familieneigenen Hundebestands oder auf Wunsch künftiger Abnehmer die Wurfselektion. Erst bei Bedarf wird eine Hündin für die Weiterzucht aufgezogen. Erweist sich ein Hund als ungeeignet, sich in die Regeln des Zusammenlebens mit Mensch und Herde einzufügen, überlebt er nicht. Kranke oder ihren Aufgaben nicht gewachsene Tiere finden ebenfalls schnell ein natürliches oder durch Fütterungsentzug herbeigeführtes Ende. So ist die Rasse im Ursprungsland das Resultat einer strengen, am Gebrauchswert orientierten Auslese.
Die Azawakhs des Sahel stellen eine "reinblütige" Landrasse dar, die sich in diesen abgeschiedenen Regionen unvermischt erhalten hat. Sie sind in derartigen Isolaten die einzigen Vertreter ihrer Spezies. An den Rändern der Wanderungs- und Siedlungsgebiete der Tuareg-, Bella- und Peul-Nomaden leben Azawakhs auch in den Dörfern bäuerlicher Volksgruppen, etwa der Haussa. Die Existenzgefährdung der Rasse durch weitere wirtschaftliche, soziale und kulturelle Veränderungen und mit der Erschließung durch Handels- und Verkehrswege wird auf Dauer zwar unvermeidlich sein, angesichts afrikanischer Modernisierungsresistenz aber nur einen langsamen Gang nehmen. Im Unterschied hierzu sind die aus wenigen Importen der 1970er- und 1980er- Jahre in Europa aufgebauten Bestände durch die Folgen von fortgesetzter In- und Engzucht akut gefährdet. Dies zeigt sich nicht nur in der von einer Züchtermehrheit im Rahmen des "Show-Business" erstrebten Übertypisierung bei Verzicht auf die ursprüngliche Funktionalität und unter Hinnahme hoher, von Dispositionen für Erbdefekte begleiteter Ahnenverlustraten, sondern auch in Veränderungen bei Vitalität und Sozialverhalten. Der hier beobachtete O-Wurf "of Silverdale" entstammt dem Versuch, die Rasse außerhalb ihres Ursprungsgebiets durch den aktuellen Einsatz von Importen aus dem Sahel genetisch überlebensfähig zu erhalten. Der Inzuchtkoeffizient des Wurfes beträgt 0,00%, der Ahnenverlustkoeffizient 100.
Eigenschaften
Die natürliche Auslese hat mit dem Azawakh einen Hund geschaffen, der sich durch physische Härte, Robustheit, Genügsamkeit und einen starken Selbsterhaltungsinstinkt auszeichnet. Azawakhs im Ursprungsgebiet müssen bisweilen trocken-heiße Temperaturen von 40 Grad Celsius und mehr ertragen und sogar gelegentliche Werte unter dem Gefrierpunkt. Sie trotzen Sandstürmen ebenso wie Wassermangel und Futterknappheit. Sie gehören damit zu den überlebenskräftigsten Hunderassen. Unter den Umweltbedingungen der Sahelzone ermöglicht dies ein Höchstalter von vier bis sechs Jahren mit jährlicher Trächtigkeit der Hündinnen ab der ersten Hitze und einer entsprechend raschen Generationenabfolge. Neben nomadischer Mobilität trägt auch dies zur Erhaltung der genetischen Variabilität selbst innerhalb örtlich konstanter Bestände bei. Die Lebenserwartung des Azawakhs unter hiesigen Bedingungen bewegt sich zwischen zehn und fünfzehn Jahren.
Generell ist der Azawakh ein Hund, der für die Kommunikation mit und die Prägung durch seine(n) Menschen sehr offen, das heißt in mannigfacher Richtung formbar ist. Ein Azawakh widerspiegelt - neben seinen ererbten Veranlagungen - sehr deutlich das materielle und familiäre Ambiente, die Sorgfalt und Zuwendung und die Fähigkeiten und Kenntnisse, die ihre Züchter und Besitzer eingebracht haben. Es versteht sich von selbst, dass eine frühzeitige Sozialisation mit möglichst vielen fremden Menschen und neuen Situationen bei dieser Rasse ein Muss ist, wenn das Zusammenleben in unserer westlichen Zivilisation für Mensch und Hund zufriedenstellend verlaufen soll.
Was von vielen Azawakh-Haltern, besonders solchen, die aus der Windhund-Szene kommen, oft verkannt wird, ist der stark ausgeprägte Besitzanspruch mit einem gehörigen Maß an Verteidigungsbereitschaft, die nicht als Aggressivität missdeutet werden sollte. Diese Eigenschaften machen sich primär innerhalb des eigenen Territoriums bemerkbar und tragen eher defensive Züge. Man muss sich bewusst sein, dass Azawakhs in erster Linie Lager-, Wach- und (ziemlich unüblich aussehende) "Herdenschutzhunde" waren und sind und erst in zweiter Linie Jagdhunde. Da die freie Jagd mit Windhunden nur noch in wenigen europäischen und überseeischen Ländern möglich ist, passen sie bei uns eigentlich auch besser zu Leuten, die das Zusammenleben mit eigenständigen Arbeitshunden schätzen. Bahnrennen und Coursings kommen den natürlichen Anlagen des Azawakhs entgegen.
Azawakhs sind nach menschlichen Begriffen schlau, einfallsreich und eigenständig genug, innerhalb einer Gruppe selbst das Regiment zu übernehmen, wenn man sie nicht von klein auf mit sehr konsequenter Beharrlichkeit, aber ohne Härte und Drill erzieht, ihnen also begreiflich macht, was sie tun sollen und was nicht. Die ausgeprägte Expansionstendenz im Sinne ihres Überlebens- und Komfortinstinkts erfordert vom Besitzer "Hundeverstand" und Durchsetzungsvermögen neben Geduld und Feingefühl. Von kundigen Besitzern lassen sich Azawakhs gut ausbilden und zeigen sich meist ausgesprochen lernfreudig. Sie können zum Beispiel auch daran gewöhnt werden, sich ohne Leine in der Öffentlichkeit zu bewegen und selbst bei hohen Ablenkungsreizen zuverlässig mit ihrem Menschen, dem "Meutenchef", zu kooperieren. Begleithundprüfungen im Sinne des hiesigen Hundewesens können sie durchaus absolvieren.
Azawakhs haben, neben einem unterschiedlich stark ausgeprägten oder geförderten Hetztrieb, ein natürliches Bewegungs- und Beschäftigungsbedürfnis, dem Rechnung getragen werden muss - entweder durch kontrollierten Freilauf, zum Beispiel neben Rad oder Pferd, durch Rennbahn-Training und durch gemeinsames Arbeiten mit dem Besitzer, etwa in Form von Agility-Spielen. Bei entsprechender Sozialisation und Einübung können Azawakhs sowohl mit Kindern als auch mit Hunden anderer Rassen und mit sonstigen Haustieren friedlich zusammenleben. Dabei ist freilich der überkommene Beschützertrieb des Lager- und Herdenhunds zu beachten.
nächste Woche dann Teil 2/2:
Verhaltensentwicklung bei einem Azawakhwurf in den ersten acht Lebenswochen - ein ontogenetischer Beitrag aus der Züchterpraxis
Als eine der wenigen noch anzutreffenden ursprünglichen und unter natürlichen Selektionsbedingungen und Gebrauchskriterien entstandenen Hunderassen zeigen Azawakhs in vielfacher Hinsicht Verhaltenseigenschaften, die in dieser Ausgeprägtheit bei neu geschaffenen "Kulturrassen" kaum angetroffen werden. Die Verfasserin dieses Beitrags (Fachlehrerin für Gesundheits- und Krankenpflege, seit 2000 Züchterin von autochthonen Azawakhs und Teilnehmerin an Feldforschungen in den Ursprungsländern), stellt sich die Frage, ob und inwieweit die von ihr dokumentierten Entwicklungs- und Verhaltensabläufe in einem Azawakhwurf mit solchen Rasseeigenschaften ontogenetisch korrespondieren. Angeregt wurde dies durch die Untersuchungen von Dr. Dorit Feddersen-Petersen in "Hunde und ihre Menschen", 2. Auflage, Kosmos Verlag Stuttgart 2001 (vgl. S. 70 - 71.) Schon in Hinblick auf das einzelne Sample kann der vorliegende Versuch nur ein Anstoß für weitergehende empirische Bemühungen sein. Er dürfte aber einiges Erkenntnisinteresse beanspruchen, nachdem die neuere kynologische Forschung dazu tendiert, den pränatalen Rahmendaten und den ersten Lebenswochen eines Hundewurfs eine größere Aussagekraft als dem heute allgemein angestrebten Sozalisierungserfolg durch das Eingreifen des Menschen zuzuordnen.
Zum Verständnis des vermuteten Zusammenhangs zwischen frühzeitigen Verhaltenstendenzen in einem Azawakhwurf und dem Charakterprofil der Rasse ist ein Blick auf deren Entwicklungsgeschichte angezeigt.
Herkunft
Steppen, Savannen und Halbwüsten am Südrand der Sahara sind die Stammheimat des Azawakhs. Dieses Region hat in etwa die Größe Frankreichs und umfasst Staatsgebiete der heutigen Republiken Mali, Niger und Burkina Faso Sie ist Bestandteil der Sahelzone, eines zirka 200 bis 300 km breiten Halbtrockengürtels, der sich vom Atlantischen Ozean bis zum Horn von Afrika quer über den gesamten Kontinent erstreckt. Im sogenannten Mittleren Nigerbecken liegt das Wadi Assouagh - ein zirka 40 km breites und mehr als 1000 km langes, schon seit langer Zeit trockenes Urstromtal. Seinen Namen wählte man in Europa als Rassebezeichnung, weil erste Importe aus Randgebieten des "Azawakhtals" stammten. In Frankreich, der ehemaligen Kolonialmacht, wurde 1980 in Anlehnung an die wenigen Erstimporte eine Beschreibung erstellt und als "Rasse-Standard" bei der FCI hinterlegt. Als Züchter und Halter in der Ursprungsregion galten dabei die Tuareg. Tatsächlich aber ist der Hund seit eh und je Bestandteil der Lebens- und Wirtschaftsweise aller dort beheimateten nomadischen Ethnien. Primärer Gebrauchszweck der Azawakhs war es, die Herden, das Lager und dessen Angehörige vor Raubtieren und unwillkommenen Fremden zu schützen. Diese Funktion der Hunde hat die Verhaltensweise der Rasse weit mehr als die Nutzung ihres Hetztriebs für die bei der Oberschicht geschätzten, aber seit langem nicht mehr existierenden Gazellenjagd geprägt.
Azawakh Vater, Mutter und ein Welpe
Traditionelle Haltung und ZuchtDie Betreuung der Herden war wie alle Handarbeit innerhalb der Tuareg-Hierarchie Aufgabe von Leibeigenen und Angehörigen unterworfener und akkulturierter Volksgruppen (Kel Tamaschek). Aufzucht, Haltung, Versorgung und alltäglicher Arbeitseinsatz der Hunde gehörten zu ihren Dienstbarkeiten. Als Folge des sozialen und ökonomischen Strukturwandels in den Tuareg-Oberschichten seit dem vergangenen Jahrhundert sind es heute vor allem die Nachkommen der ehemals abhängigen Bevölkerungsteile und Ethnien, die ihren Lebensunterhalt weiterhin durch kleinteilige nomadische Viehwirtschaft bestreiten. Sie setzen die traditionelle Azawakh-Haltung fort. Diese ist den kärglichen Lebensumständen der Menschen angepasst, die ihre eigene Nahrung - Milch und Hirse - im Rahmen der Möglichkeiten mit den Hunden teilen. Nach gelegentlichen Jagden auf Wildschweine oder Hasen oder dem seltenen Schlachten einer Ziege gibt es Eingeweide und Knochen für die Hunde. Kleintiere der Savanne wie Erdhörnchen und Echsen dienen zur Aufbesserung ihrer Nahrung. In der Regel überstehen nur einige wenige Rüden zur Ergänzung des familieneigenen Hundebestands oder auf Wunsch künftiger Abnehmer die Wurfselektion. Erst bei Bedarf wird eine Hündin für die Weiterzucht aufgezogen. Erweist sich ein Hund als ungeeignet, sich in die Regeln des Zusammenlebens mit Mensch und Herde einzufügen, überlebt er nicht. Kranke oder ihren Aufgaben nicht gewachsene Tiere finden ebenfalls schnell ein natürliches oder durch Fütterungsentzug herbeigeführtes Ende. So ist die Rasse im Ursprungsland das Resultat einer strengen, am Gebrauchswert orientierten Auslese.
Die Azawakhs des Sahel stellen eine "reinblütige" Landrasse dar, die sich in diesen abgeschiedenen Regionen unvermischt erhalten hat. Sie sind in derartigen Isolaten die einzigen Vertreter ihrer Spezies. An den Rändern der Wanderungs- und Siedlungsgebiete der Tuareg-, Bella- und Peul-Nomaden leben Azawakhs auch in den Dörfern bäuerlicher Volksgruppen, etwa der Haussa. Die Existenzgefährdung der Rasse durch weitere wirtschaftliche, soziale und kulturelle Veränderungen und mit der Erschließung durch Handels- und Verkehrswege wird auf Dauer zwar unvermeidlich sein, angesichts afrikanischer Modernisierungsresistenz aber nur einen langsamen Gang nehmen. Im Unterschied hierzu sind die aus wenigen Importen der 1970er- und 1980er- Jahre in Europa aufgebauten Bestände durch die Folgen von fortgesetzter In- und Engzucht akut gefährdet. Dies zeigt sich nicht nur in der von einer Züchtermehrheit im Rahmen des "Show-Business" erstrebten Übertypisierung bei Verzicht auf die ursprüngliche Funktionalität und unter Hinnahme hoher, von Dispositionen für Erbdefekte begleiteter Ahnenverlustraten, sondern auch in Veränderungen bei Vitalität und Sozialverhalten. Der hier beobachtete O-Wurf "of Silverdale" entstammt dem Versuch, die Rasse außerhalb ihres Ursprungsgebiets durch den aktuellen Einsatz von Importen aus dem Sahel genetisch überlebensfähig zu erhalten. Der Inzuchtkoeffizient des Wurfes beträgt 0,00%, der Ahnenverlustkoeffizient 100.
Eigenschaften
Die natürliche Auslese hat mit dem Azawakh einen Hund geschaffen, der sich durch physische Härte, Robustheit, Genügsamkeit und einen starken Selbsterhaltungsinstinkt auszeichnet. Azawakhs im Ursprungsgebiet müssen bisweilen trocken-heiße Temperaturen von 40 Grad Celsius und mehr ertragen und sogar gelegentliche Werte unter dem Gefrierpunkt. Sie trotzen Sandstürmen ebenso wie Wassermangel und Futterknappheit. Sie gehören damit zu den überlebenskräftigsten Hunderassen. Unter den Umweltbedingungen der Sahelzone ermöglicht dies ein Höchstalter von vier bis sechs Jahren mit jährlicher Trächtigkeit der Hündinnen ab der ersten Hitze und einer entsprechend raschen Generationenabfolge. Neben nomadischer Mobilität trägt auch dies zur Erhaltung der genetischen Variabilität selbst innerhalb örtlich konstanter Bestände bei. Die Lebenserwartung des Azawakhs unter hiesigen Bedingungen bewegt sich zwischen zehn und fünfzehn Jahren.
Vater mit beiden Welpen
Da unter den Gegebenheiten ihrer Heimat Wachsamkeit, Skepsis und Misstrauen allem Fremden und Unbekannten gegenüber lebenserhaltend sind, ist das Wesen der Azawakhs in der Regel durch eine scheinbar "vornehme" Zurückhaltung Neuem gegenüber gekennzeichnet. Der Hund tendiert dazu, sich auf eine oder mehrere Bezugsperson(en) zu fixieren - und dies oftmals mit der Tendenz zur Ausschließlichkeit. Azawakhs können in ihren individuellen Wesenszügen dennoch sehr unterschiedlich sein. Die Spannbreite reicht von extrem misstrauischen ("scheuen") Exemplaren über neutral-zurückhaltende oder gleichmütige Charaktere bis hin zu ausgesprochen freundlichen, extrovertierten Individuen, die allen Menschen überschwänglich zugetan sein können. Diese vor allem in der Ursprungsregion zu beobachtenden Verhaltensunterschiede mögen unter anderem auf das weite Spektrum des Erbguts zurückzuführen sein, mit dem die dortige Population ausgestattet ist. Die hier angebotene Untersuchung lässt ebenso wie die Vorlagen bei Feddersen-Petersen derartige Verhaltensvariationen, die innerhalb eines Wurfs auftreten können, außer Acht. Registriert wird hier jeweils der früheste Zeitpunkt einer Manifestation. Insofern spielen die Wurfstärken bei diesen ersten Ansätzen methodologisch keine Rolle.Generell ist der Azawakh ein Hund, der für die Kommunikation mit und die Prägung durch seine(n) Menschen sehr offen, das heißt in mannigfacher Richtung formbar ist. Ein Azawakh widerspiegelt - neben seinen ererbten Veranlagungen - sehr deutlich das materielle und familiäre Ambiente, die Sorgfalt und Zuwendung und die Fähigkeiten und Kenntnisse, die ihre Züchter und Besitzer eingebracht haben. Es versteht sich von selbst, dass eine frühzeitige Sozialisation mit möglichst vielen fremden Menschen und neuen Situationen bei dieser Rasse ein Muss ist, wenn das Zusammenleben in unserer westlichen Zivilisation für Mensch und Hund zufriedenstellend verlaufen soll.
Was von vielen Azawakh-Haltern, besonders solchen, die aus der Windhund-Szene kommen, oft verkannt wird, ist der stark ausgeprägte Besitzanspruch mit einem gehörigen Maß an Verteidigungsbereitschaft, die nicht als Aggressivität missdeutet werden sollte. Diese Eigenschaften machen sich primär innerhalb des eigenen Territoriums bemerkbar und tragen eher defensive Züge. Man muss sich bewusst sein, dass Azawakhs in erster Linie Lager-, Wach- und (ziemlich unüblich aussehende) "Herdenschutzhunde" waren und sind und erst in zweiter Linie Jagdhunde. Da die freie Jagd mit Windhunden nur noch in wenigen europäischen und überseeischen Ländern möglich ist, passen sie bei uns eigentlich auch besser zu Leuten, die das Zusammenleben mit eigenständigen Arbeitshunden schätzen. Bahnrennen und Coursings kommen den natürlichen Anlagen des Azawakhs entgegen.
Azawakhs sind nach menschlichen Begriffen schlau, einfallsreich und eigenständig genug, innerhalb einer Gruppe selbst das Regiment zu übernehmen, wenn man sie nicht von klein auf mit sehr konsequenter Beharrlichkeit, aber ohne Härte und Drill erzieht, ihnen also begreiflich macht, was sie tun sollen und was nicht. Die ausgeprägte Expansionstendenz im Sinne ihres Überlebens- und Komfortinstinkts erfordert vom Besitzer "Hundeverstand" und Durchsetzungsvermögen neben Geduld und Feingefühl. Von kundigen Besitzern lassen sich Azawakhs gut ausbilden und zeigen sich meist ausgesprochen lernfreudig. Sie können zum Beispiel auch daran gewöhnt werden, sich ohne Leine in der Öffentlichkeit zu bewegen und selbst bei hohen Ablenkungsreizen zuverlässig mit ihrem Menschen, dem "Meutenchef", zu kooperieren. Begleithundprüfungen im Sinne des hiesigen Hundewesens können sie durchaus absolvieren.
Azawakhs haben, neben einem unterschiedlich stark ausgeprägten oder geförderten Hetztrieb, ein natürliches Bewegungs- und Beschäftigungsbedürfnis, dem Rechnung getragen werden muss - entweder durch kontrollierten Freilauf, zum Beispiel neben Rad oder Pferd, durch Rennbahn-Training und durch gemeinsames Arbeiten mit dem Besitzer, etwa in Form von Agility-Spielen. Bei entsprechender Sozialisation und Einübung können Azawakhs sowohl mit Kindern als auch mit Hunden anderer Rassen und mit sonstigen Haustieren friedlich zusammenleben. Dabei ist freilich der überkommene Beschützertrieb des Lager- und Herdenhunds zu beachten.
nächste Woche dann Teil 2/2:
Verhaltensentwicklung bei einem Azawakhwurf in den ersten acht Lebenswochen - ein ontogenetischer Beitrag aus der Züchterpraxis
- www.azawakhs.eu