Rührend und friedlich sind die Bilder, die von Weihnachten in den verschiedenen Medien gezeichnet werden. Die Familie versammelt sich freudig lächelnd und voll von harmonischem Miteinander rund um den Weihnachtsbaum, singt ein paar besinnliche Weihnachtslieder und beschenkt sich dann gegenseitig mit liebevoll ausgewählten Geschenken. Soweit die Theorie. Wir haben zu Weihnachten eine ganz andere Tradition. Fröhliche Weihnachten.
Der Umzug
Wir sind 2014 nach Wien gezogen. Kurz darauf ist dann unsere jüngste Tochter zur Welt gekommen. Am Weihnachtsabend war sie ein paar Wochen alt und hat unsere aktuelle Weihnachtstradition begründet. Sie war schon ein paar Tage vor Heilig Abend krank und hat immer schwerer geatmet. Am 24. Dezember war es dann soweit und mein Mann musste mit ihr ins Spital. Mit seinem kompetenten und ruhigen Auftreten konnte er verhindern, dass sie stationär aufgenommen wurde. Wir haben die Weihnachtsfeiertage aber mit 2 bis 3 Besuchen in der Ambulanz in der Kinderklinik, Angst und einem ausgeliehenen Inhalationsgerät verbracht. Die Weihnachtsstimmung war da natürlich eher zweitrangig. Dummerweise hat meine Kleine damit eine ungewöhnliche Familientradition begründet.
Fröhliche Weihnachten
Schön wärs, wenn Weihnachten einmal so richtig fröhlich wäre. Bei uns ist es leider seit ein paar Jahren geprägt von Krankheiten. Wir sind 5 Personen im Haushalt, was die Wahrscheinlichkeit, dass nicht alle zu 100% gesund sind, stark erhöht, aber trotzdem scheint Weihnachten bei uns ein Krankheits-Hotspot zu sein. Mindestens einer ist eigentlch immer krank. Hohes Fieber und meist eine, zur Jahreszeit passende, Erkältungskrankheit stellen sich regelmäßig bei mindestens einem Familienmitglied kurz vor, oder genau am 24. Dezember ein. Fröhliche Weihnachten sehen anders aus.
Ein besonderes Jahr
Wir haben ein paarmal Fotos unserer Kinder gemacht um sie als Weihnachtsgeschenk zu verwenden. Die Fotos haben wir meist kurz vor Weihnachten gemacht und meist sieht man auf diesen Bildern laufende Nasen in blassen Gesichtern. Letztes Jahr hat es dann direkt nach der Bescherung meinen Mann erwischt und er ist mit Fieber zu Bett gegangen. Wir haben schon einige Weihnachten mit Krankheiten erlebt und sind es mittlerweise fast schon gewöhnt. 2017 schlägt dem Fass aber den Boden aus und ist mit sehr sehr großem Abstand das Jahr mit der schlimmsten Vorweihnachtszeit. Hier mal eine kleine Auflistung dessen, was und in den letzten beiden Wochen passiert ist.
8. Dezember
Ein schöner Tag, den mein Mann und ich für lockere Weihnachtsvorbereitungen und ein paar Erledigungen nutzen. Einer der Vorteile davon, in Österreich zu leben ist die Anzahl der Feiertage hier. Mir als Hausfrau und Mutter kann das ja eigentlich egal sein, aber mein Mann muss öfter mal nicht zur Arbeit. Am 8. Dezember haben aber, trotz Feiertag, die Läden geöffnet und man kann wunderbar shoppen. Dummerweise hat mein Sohn sich am Nachmittag verletzt. Beim Rutschen ist er wohl am Ende des Auslaufs mit dem Fuß gegen die Wand gekracht. Nachdem er nach 30 Minuten immer noch nicht auftreten konnte, haben wir mit ihm das Umfallkrankenhaus aufgesucht. Nach dem Röntgen war klar, dass drei Mittelfußknochen gebrochen sind. Spaltgips für eine Woche, danach die Entscheidung, ob er einen Gehgips bekommt, oder keinen Gips benötigt.
11. bis 14. Dezember
Mein Sohn ist im Kindergarten die Sensation, als wir die Kleinste abgeben. Stolz zeigt er seinen Gips und hat vom Spital auch zwei Krücken bekommen, mit denen er langsam, aber doch gehen kann. Den Fuß darf er nicht belassen. Anfangs hält er sich noch daran, später läuft er relativ normal damit. Abends, wenn er im Bett liegt, hat er Schmerzen, ansonsten ist er ausgeruht, fit und seeeeeehr aktiv. Der Arzt beim Gipsen hat uns gesagt, dass er normal in die Kita gehen kann. Mit dem Spaltgips haben wir es aber nicht in Erwägung gezogen. Schließlich sollte er ihn ja nicht belasten.
15. Dezember
Ein Tag mit einem Besuch im Krankenhaus. Geplant und ohne lange Wartezeit lassen wir im Unfallkrankenhaus den Spaltgips abnehmen. Keine große Sache und der zweite Schuh war auch dabei, falls er keinen Gehgips bekommen sollte. Ein Blick auf den bräunlich schimmernden und leicht geschwollenen Fuß meines Sohner und der freundliche Oberarzt entscheidet direkt, dass er zwei weitere Wochen einen Gips tragen muss. Wieder nur ein Unterschenkelgips, der das Sprunggelenk ruhig stellt, aber immerhin. Diesmal bekommt er einen Schuh mit Gummisohle, den er über dem Gips trägt. Die Kita erteilt uns eine Absage. Mit Gips ist mein Sohn eine Gefahr für die anderen Kinder. Ich kann das nachvollziehen. Ohne es zu spüren zermalmt er alles, was im Weg liegt, mit seinem massiven Überschuh und mein Mann und ich schreien nicht selten auf, wenn er wieder einmal unsere Zehen zermalmt. Der Gips bleibt bis zum 27. Dezember am Fuß.
16. Dezember
Meine Kleinste jammert am Abend des 15. mehr als sonst. Sie hat sich offensichtlich die Lippe aufgebissen und große Schmerzen beim Zähneputzen. Die Nacht verläuft unruhig und ab 21h hat sie mehr als 39° Fieber. Wir senken es mit Fiebersaft, nachdem sie aber keine offensichtlichen Beschwerden hat wollen wir es auf jeden Fall abklären lassen. Ein Besuch in der Kinderklinik, bzw. der Ambulanz stehen also am frühen Nachmittag auf dem Programm. Nach der Untersuchung der ersten Ärztin lautet die Vermutung Hand-Mund-Fuß-Krankheit. Die zweite Ärztin bestätigt das nicht. Auf Nachfrage meint sie, dass es sich um einen Virusinfekt handelt, der sich als Bläschen im Mund äußert. Es kann eine Erstinfektion mit dem Herpes-Virus, aber auch ein anderer Virus sein. Fiebersaft gegen die Schmerzen sollte genügen. Außerdem ist ein Ohr gerötet.
18. Dezember
Das Fieber sinkt nicht. Die Kleine ist schlapp und auch der Fiebersaft drückt die Temperatur nur knapp unter 39°. Wir fahren mit ihr zu unserem Homöopathen, der Ihr drei Präpate gibt. Danach geht es langsam aufwärts. Sie hat nach wie vor leichtes Fieber und Schmerzen beim Essen, aber ist sichtlich vitaler. Sie ist offensichtlich auf dem Weg zur Besserung, aber sehr empfindlich und nach wie vor weinerlich. Bei mir daheim gibt es also einen völlig unterforderten kleinen Jungen, der quasi ohne Bewegungseinschränkung mit seinem Gipsbein durch die Wohnung sprintet und eine kleine mit Bläschen an der Lippe, die immer wieder bluten und die bei jeder Berührung quietscht. Meine armen Nerven.
19. Dezember
Die kranken Kinder müssen getrennt werden. Randalierendes Gipsbein und Mimose passen einfach nicht zusammen. Oma springt ein und mein Sohn wird bei ihr untergestellt. Der Tag fängt gut an, bis mein Handy klingelt. Die Lehrerin ist dran. Meine Älteste hat über 38° Fieber und soll bitte abgeholt werden. Mein Mann muss vom Büro zur Schule rasen, zwischen zwei seiner Termine die kranke Tochter abholen und heim bringen. Sie ist vernünftig und nur ein wenig angeschlagen. Sie verbringt den Rest des Tages ruhig auf der Couch, oder im Kinderzimmer und wirkt kaum krank. Abends holt mein Mann dann meinen Sohn von Oma ab. Er ist eingeschlafen und heiß. Auch er hat jetzt zusätzlich zu seinem Gipsbein über 38° Fieber.
20. Dezember
Mein Mann arbeitet Vormittags von daheim und kann mir da und dort ein wenig zur Hand gehen. Drei kranke Kinder sind anstrengend. Nachmittags muss er ins Büro. Den beiden Großen geht es rasch wieder gut. Es war scheinbar nur eine sehr leichte Erkrankung und ihr Immunsystem hat es schnell in den Griff bekommen. Mein Sohn klagt über Ohrenschmerzen und ich vereinbare für Freitag einen Termin bei unseren Homöopathen. Die Lage bei der Kleinsten beruhigt sich am Nachmittag auch langsam und mein Mann kann die nächsten beiden Tage daheim arbeiten, oder vielleicht sogar freinehmen. Schön, vielleicht werden es doch noch fröhliche Weihnachten.
21. Dezember
1:00h morgens. Ich wache auf, weil mein Ohr schmerzt, als würde jemand eine glühende Nadel in meinen Kopf bohren. Die Schmerzen sind unerträglich. Ich laufe im Kreis, heule und könnte die Wände hochgehen. Eine Schmerztablette entfaltet keinerleier Wirkung. Ich leide! Vier Geburten zusammengenommen kommen nicht einmal annähernd an die Schmerzen heran, die ich empfinde. Mein Homöopath hat Zeit und ich bekomme eine Gabe. Er ist natürlich ein ausgebildeter Allgemeinmediziner und diagnostiziert eine akute Mittelohrentzündung. Ich entscheide, dass ich es vorerst mit Homoöpathie versuche und bekomme auch Globuli für meinen Sohn mit.
Dummerweise gibt es bei homöopathischen Mitteln, wenn es die Richtigen waren, einen recht unangenehmen Effekt. Die sogenannte Erstverschlimmerung tritt ein und das eigentliche Leiden verschlimmert sich in der ersten Zeit. Wie auch immer, daheim angekommen blute ich aus dem Ohr. Die unerträglchen Schmerzen führen dazu, dass ich nach Rücksprache mit unserem Homöopathen die HNO-Ambulanz aufsuche. Das dritte Krankenhaus innerhalb einer Woche. Die freundliche Ärztin spült mein Ohr aus und legt eine antibiotische Einlage ein. Sie verschreibt ein stärkeres Schmerzmittel und gibt mir einen Termin für den nächsten Morgen. Nach dem Aufenthalt in der Ambulanz treffen wir nocheinmal unseren Homöopathen, der extra in seine Praxis fährt und mir noch etwas gegen die Schmerzen gibt.
22. Dezember
Ich konnte kaum schlafen und blute unverändert aus dem Ohr. 8h kann ich nicht abwarten. Die Schmerzen sind fast unvermindert und ich könnte aus der Haut fahren. Bin ich im Normalbetrieb nicht immer einfühlsam und freundlich, so werde ich unter Schmerzen zur Furie. Mein armer Mann wird aus dem Bett getreten und meine Tochter zur Kinderbeaufsichtigung einberufen. In der Ambulanz verbringe ich 3 schreckliche Stunden, in denen ich vom Wartebereich vor der Nachtambulanz zur normalen HNO-Ambulanz verlegt werde. Mein Mann muss mich zurückhalten, meinen gesammelten Frust nicht an einem randalierenden Betrunkenen auszulassen. Solange er das Pflegepersonal beschimpft hat war das, nach 150 Minuten Wartezeit, durchaus in meinem Sinne, als er dann aber eine wartende Frau mit Kopftuch anpöbelte bin ich wild entschlossen dazwischen gegangen. Es wäre ohnehin unfair gewesen, weil neben einem ordentlichen Rausch hatte der Randalierer auch noch eine Armprothese und bereits eine gebrochene Nase.
Der Arzt ist nett und verschreibt mir ein morphinhaltiges Mittel, das ich umgehend aus der Apotheke holen lasse. Endlich ein Schmerzmittel das wirkt. Die pulsierenden stechenden Höllenqualen verblassen langsam und ich kann wieder ich selbst werden. Nach einer Einnahme stellen sich die Schmerzen auch nicht wieder ein. Ich setze das starke Schmerzmittel wieder ab. Das Bluten geht zurück und ich kann ohne weitere Einnahme den Rest des Tages überstehen. Ich genieße die schmerzfreie Zeit, während mein Mann und Freunde sich um meine drei Kinder kümmern. Abends koche ich sogar für meinen Mann und mich und gehe schmerzfrei schlafen. Herrlicher, tiefer und erholsamer Schlaf.
23. Dezember
Es geht mir wieder gut. Der Schlaf hat mir gut getan. Morgen ist Weihnachten und ich hatte die letzten Tage kaum Zeit etwas vorzubereiten. Heute wird ein langer Tag. Ich hoffe, dass alle Kinder gesund bleiben. Wir bemerken morgens, dass der Gips meines Sohnes gebrochen ist. Die „Bodenplatte“ sitz locker. Im Spital wird der Gips gleich abgenommen. Die Ärzte sind sich sicher, dass er ihn nicht mehr braucht. Am 25. kommen unsere älteren Kinder zu Besuch und wir frühstücken mit der ganzen Patchwork-Familie. Ein Essen auf das sich viele schon seit Monaten freuen. Ich hoffe, dass es doch noch fröhliche Weihnachten werden!
Weihnachten
Bis auf einen kurzen Moment in dem mein Sohn vor Schmerzen schreit, weil er über seinen verletzten Fuß gestolpert ist, verläuft der 24. Dezember recht ereignislos. Nur mein Mann stehen in dem Moment beide kurz vor dem Nervenzusammenbruch. Am 25. kommen alle Kinder zum Frühstück. Direkt danach geht es meinem Mann schlecht. Er hat sich scheinbar den Magen verdorben. Am 26. und 27. ist alles ruhig. Wir sagen aber unserem Besuch für den 31. ab, weil die Älteste und ich selbst noch nicht ganz fit sind. Am 28. Dezember erwischt es dann meinen Mann und er liegt mit Fieber im Bett. Eitrige Bronchitis, die er aber, dank diverser Medikamente, schon am 30. wieder im Griff hat. Am Silvesterabend schlafen wir, wachen aber zufällig kurz vor Mitternacht auf. Weil meine Kinder und mir nach wie vor nicht gut geht telefoniere ich mit unserem Homöopathen. Am 02.01. behandelt er die ganze Familie noch einmal. Es geht bergauf und die beiden Kleinen gehen wieder in die Kita. Trotzdem werfe ich am Freitag das Handtuch und verabschiede mich für zwei Nächte zu einer Freundin. Ich muss einfach schlafen und mich erholen.
Endlich Alltag
Am 7. Januar holt meine Familie mich ab. Ich bin erholt und bereit für eine neue Woche. Es ist endlich wieder Alltag! Die Kleinen gehen in die Kita und die Älteste zur Schule. Ich habe den Vormittag Zeit meine Arbeit zu machen und mich ein wenig um mich zu kümmern. Heute hat mein Mann einen Urlaubstag genommen und wir haben gemeinsam die Wohnung geputzt, die Kinderzimmer aufgeräumt und die Wäscheberge, die ich in den letzten Wochen nicht bewältigt habe, abgetragen. Meine Wohnung ist wieder bewohnbar und jeder hat Wäsche im Schrank. Morgen entsorgen wir noch den Weihnachtsbaum, dann sind Weihnachten, und damit die Zeit der Krankheiten, endgültig vorbei. Endlich!