Fritz Molch

Fritz Molch

Und nun ein Text zur letzten Aktion des „Zentrum für Politische Schönheit„:

Ich konnte den Aktionskünstlern um Philipp Ruch und ihrem „aggressiven Humanismus“ eigentlich immer einiges abgewinnen. Die Werke sind überspitzt und führen einem die Absurditäten unserer öffentlichen Debatten vor Augen. Aber bei „Deine Stele„, also dem Nachbau des Holocaust-Denkmals auf dem Nachbargrundstück von Björn Höckes Wohnhaus, war ich gespalten.

Mein erster Impuls war, die Instrumentalisierung des Leidens von Millionen von Menschen problematisch zu finden. Andererseits gefiel mir gerade dieses direkte In-den-Ring-Schicken der Leidtragenden bei Aktionen wie „Die Toten kommen“ oder „Flüchtlinge fressen“ ziemlich gut.

Auch der intime Angriff auf eine Einzelperson ist es nicht so richtig, da es ja, wie bei den 25.000 Euro Belohnung für sachdienliche Hinweise, die zur Verurteilung der Eigentümer des Waffenkonzerns KMW, nicht gegen irgendeine Privatpersonen geht, sondern gegen Leute, die sich bewusst für Menschenrechtsverletzungen entschieden haben, beziehungsweise, im Fall von Höcke, sich geradezu als dessen Maskottchen inszenieren. Wer für eine Idee steht, wird zwangsläufig auch persönlich angegriffen, wenn man dagegen vorgeht.

Das eigentliche Problem ist, dass es dieses mal eben nicht darum geht, die europäischen Außengrenzen abzureissen, Asylbewerber nach Deutschland zu schmuggeln oder die Waffenindustrie einzuschüchtern, sondern, dass dieses ganze kontroverse Wirken und Zur-Schaus-Stellen inhaltlich am Ende nichts anderes gemacht hat, als Björn Höcke einen Streich zu spielen. Weil er das Denkmal nicht gut findet, bauen wir ihm eins vor die Haustüre, ällabätsch.

Es bleibt irgendwie ein blöder Beigeschmack, alles in allem finde ich die Aktion aber wichtig und gerechtfertigt (im Kunst-Kontext natürlich sowieso). Vor allem wegen der leidigen Diskussionen darüber, „Was Kunst darf“ oder dem fließenden Übergang zwischen gesundem Menschenverstand und „linkem Terror“. Und weil sie für Erinnerungskultur kämpft, um weiterhin den dummen Relativierungen entgegen zu treten. (Nein, es ist nicht langsam mal genug und nein, man kann den Begriff „Neger“ nicht endlich wieder positiv besetzen.)

Nazis sollen sich definitiv in ihrem Umfeld nicht länger wohl und gerechtfertigt fühlen. Das exemplarisch an einer Privatperson zu demonstrieren ist immer problematisch, aber ein Schritt in die richtige Richtung. Wer sich öffentlich für Rassismus und Hass ausspricht, sollte immer immer mit Gegenwind und einem aus „der Mitte der Gesellschaft“ finanzierten Denkmal der Schande vor seiner Haustür rechnen müssen.

Weil das nichts mit Beschneidung kostbarer Meinungen zu tun hat, sondern mit wehrhafter Demokratie.

Und PS: Wie Netzpolitik.org schreibt: Endlich reden alle von Überwachung!


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