Frittenbude: In Tagen wie diesen

Frittenbude: In Tagen wie diesenFrittenbude
„Küken des Orion“
(Audiolith)
Irgendwo war neulich ein recht kluger Artikel zu lesen, in dem der Menschheit, hier im speziellen der westeuropäischen, zum besseren Wohlbefinden dringend angeraten wurde, endlich den Schwierigkeitsgrad der gesellschaftlichen Gesamtgemengelage als dauerhaften Zustand zu akzeptieren und nicht ständig über Gewesenes und Vergangenes zu lamentieren. Das bewahre einen, so der Autor, vor rosabebrillter Glorifizierung der Vergangenheit und mache die Menschen letztendlich freier und auch glücklicher. Allein – wie das anstellen? Auch Martin Steer, Johannes Rögner und Jakob Häglsperger mühen sich seit Jahren auf ihren Alben mit Erklärungen, Deutungen, Empfehlungen und dem Versuch, der allgemeinen Verunsicherung eine Orientierung oder doch wenigstens eine Heimat zu geben (und das Schöne daran wieder ist, dass diese man diese Heimat herrlich gut tanzen kann). Öffentlich um kein klares Statement, keine Ansage verlegen, tun sie sich in ihren Song mit all den Sinnbildern und Metaphern deutlich schwerer – der Leitfaden für die Unentschlossenen ist selbst ein unentschlossener.
Daran ändert sich auch auf dem vierten Album nicht viel. Zu bratzigen Synths und klopfenden Drums gibt’s zunächst einmal mehr die klassische Rave-Sause, es pumpt und böllert gerade im ersten Drittel ganz ordentlich, Rögners nicht eben sehr wandlungsfähige Stimme treibt die Stücke Takt um Takt, die Küken marschieren, die Helden zersplittern, alles ein Schlachtfeld, viel bleibt nicht übrig. Drumherum – Ratlosigkeit, vage Versuche, das Unfassbare in Worte zu zwingen, die Welt im Zerrspiegel, nichts wie es aussieht, das alltägliche mediale Bildergewitter übersetzt in sich überschlagende Satzfetzen und im Hintergrund raunt Dirk von Lowtzow seine Verse (was einem ganz gut zu Passe kommt, weil da endlich mal einer Luft holt und etwas Drehzahl rausnimmt). Zitate zuhauf, Sterne, Helden und Ärzte, wo sie selbst nicht weiterkommen.
Freilich auch Höhepunkte: Das Liebes- und Trostlied „Pádme“ ist ganz großes Gefühl, wo einem ganz schummerig wird, gerade weil selbst die einfachsten Weisheiten nicht immer trösten können und man plötzlich ganz blank dasteht: „Es ist einfach so und es ist wie es ist und wie es ist, ist es richtig.“ Und natürlich „Die Möglichkeit eines Lamas“ – Küchenbuddhismus vielleicht, aber schön gedacht und gesungen, das wippt und hüpft und muss gar nicht mehr. Und wenn einem „The Striz“ etwas zu simpel und unbeholfen, hölzern daherkommt, macht „Rave ist kein Hobby“ wieder eine gute Figur, da wird nicht groß geredet, da macht der Beat die Musik – auch wenn andere „Ferris“ haben, müssen sich die Fritten nicht verstecken. Wollte man ein Fazit ziehen, so ist das beileibe keine schlechte Platte, nach Nachtigall, Katze und Delphin bleibt das Küken aber tatsächlich eines und ein Stück weit hinter den Erwartungen zurück. Sie sollten es mal wieder mit größeren Tieren probieren … http://schandenschmuck.de/

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