Freundschaft als Feigenblatt

Das liest sich wie ein Plädoyer für Interessenspolitik, was die FAZ, in persona Reinhard Müller, da publizierte. Denn niemand hat behauptet, so wie Müller schreibt, dass Politiker keine reichen Freunde mehr haben dürften - das ist auch nicht die Lehre aus dem Stück, dessen Hauptdarsteller Wulff war. Es geht nicht mal so sehr um Freundschaft, sondern viel eher um den Reichtum, der sich auf die politische Macht wirft, wie Fliegen auf noch dampfende Scheiße. Wobei Macht ein viel zu hohes Wort ist - noch entscheidet die Politik, noch geht die Wirtschaft den Umweg über diejenigen, die vom Gemeinwesen mandatiert wurden, die Ungeschicke zu lenken. Betonung auf Noch - und die Macht, von der die Rede war, ist nur das letzte Häuflein an Kompetenzen, das nach Deregularien und Entstaatlichung, nach Entschlankung und Entschlackung der öffentlichen Hand, verblieben ist. Auch hier schickt sich die Betonung an: Kompetenzen, die noch vorhanden sind. Von Macht sollte man hier nicht mehr reden.

Wenn Müller anführt, dass manche nun fordern, der Politiker sollte ein entfreundschaftlichter Mensch sein, einer, der schon gar keine reichen Freunde haben dürfe, dann bringt er das Problem nicht auf den Punkt, er umgeht es nur geschickt, indem er einen Popanz errichtet. Es geht nicht um einzelne Politiker und deren gutbetuchte Freunde - es geht darum, dass die gesamte Politik so nahe am dicken Geld sitzt, dass eine unabhängige Gestaltung des öffentlichen Lebens, eine, die Vor- und Nachteile von Entscheidungen abwägt und zum Wohle des Volkes fällt, gar nicht mehr möglich ist. Wulff war, sollten sich die Vorwürfe als justiziabel erweisen - was wahrscheinlich gar nicht der Fall sein wird -, nur ein kleiner Fisch.

Sich Geld auf Leihbasis zustecken zu lassen, um etwaiges Privatvergnügen zu finanzieren, gilt als Korruption - vielleicht ist es das auch, denn jemanden, der einen in seinen Kalamitäten hilft, wird man nicht im Wege stehen, wenn er sich anschickt, durch sein unternehmerisches Tun, dem Gemeinwesen zu schaden. Wenn aber jemand Gesetzesentwürfe von Rechtsanwälten diverser Unternehmen schreiben läßt und hernach auf Tingeltour im Namen eines Konzerns geht, der von diesem Gesetz profitierte, dann nennen wir es Marktwirtschaft - so einer riestert sich aber sicherlich mehr ein, als jemand, der sich einen freundschaftlichen Kredit einheimste. Denken wir doch nur an den Innenminister, der biometrische Pässe einführte und jetzt in einem Unternehmen sitzt, das solche Dinger herstellt. Ist das besser? Und wer sagt eigentlich, dass dieser Innenminister Freunde in diesem Unternehmen habe? Nein, man muß keine Freunde haben, um sich korrumpieren zu lassen - es reicht, wenn man jemanden zur Seite stehen hat, der Geld besitzt. Freundschaft wird da überbewertet.

Müller trägt da nicht zur Sichtbarmachung bei. Im Gegenteil, er glaubt, die Nähe der Wirtschaft und des Geldes zur Politik bedinge sich. Dazu braucht er die Freundschaft - sie ist der Trick, mit der er die Nähe des Geldes zur Politik rechtfertigen möchte. Denn Freundschaft aus gesellschaftlichen Gründen zu verbieten, kann niemand verlangen. Dabei geht es allerdings, wie schon erwähnt, nicht um Freundschaft - es geht um Interessen, die sich der Politik anbiedern. Und dieses Gebaren kann man sehr wohl verbieten - Freundschaften freilich nicht...


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