Freizeitfußball – Bolzen, Kicken, Kickern

IMG 1923 Freizeitfußball Bolzen, Kicken, Kickern

Bei dem neuen Thema von EM-Abseits grabe ich mal in meiner Erinnerungskiste rum.

Ende der 70er begab ich mich mit ein paar Freunden nach Kreta, wo wir uns in einem kleinen Dorf an der Küste urlaubstechnisch einrichteten.
Die Dorfbevölkerung bedachte uns mit einer Art freundlicher Ignoranz, was wir uns mit Sprachproblemen erklärten. Außerdem waren damals deutsche Urlauber im Ausland nicht immer gerne gesehen, bzw. haftete an uns noch der denkbar schlechte Ruf des ewigen Teutonen und Nazi.
Auf unseren täglichen Wanderungen zwischen Cafenion, Strand und Taverne kamen wir immer an einem Bolzplatz Acker vorbei, auf dem in der Abenddämmerung Kinder und Jugendliche Fußball spielten.
Irgendwie schaffte es der männliche Teil unserer kleinen Reisegruppe, von den jungen Griechen zum Mitspielen aufgefordert zu werden.
Wir Mädels waren natürlich wenig begeistert, dass nun allabendlich eine Runde gekickt wurde, während wir am Rand saßen, zuschauten und über Mittel gegen Sonnenbrand debattierten.

Nach ein paar Tagen wurden wir von dem Wirt einer nahegelegenen Taverne, die uns immer viel zu einheimisch schien, als das wir den Mut gehabt hätten, sie zu besuchen, angesprochen und mit viel Palaver und Gestik in seine Schankstube gebeten. Drinnen saßen finster dreinblickende Griechen, die uns nur mit einem kurzen Blick bedachten und sich dann wieder ihren Gesprächen widmeten.
Wir tranken mit dem Wirt Demestika, Ouzo, Metaxa, nach ein paar Gläsern erfuhren wir, dass er ein bisschen Deutsch sprach, nach ein paar weiteren Gläsern kamen die anderen Gäste an unseren Tisch und bald konnten wir auch ein bisschen Griechisch reden und letztendlich unterhielten wir uns in einem europäischen Sprachgewirr, bei dem auch noch mehrere tote oder halbtote Sprachen darunter gewesen sein mögen.

Und so erfuhren wir, dass unser Fußballspiel im ganzen Dorf die Runde machte und sich alle Bewohner fragten, was das bloß für Leute waren – diese Deutschen mit ihren orangenen Rucksäcken und dem ewigen Sonnenbrand.

Wir erfuhren weiterhin, dass der Wirt und noch einige andere Männer aus dem Dorf im 2. Weltkrieg als Partisanen gegen Nazideutschland gekämpft haben.
Dann tranken wir auf das Ende des Krieges und das es gut so ist, dass jetzt alles vorbei ist. Wir tranken darauf, dass wir nette Deutsche sind und keine Nazis und lernten zur Bekräftigung des Ganzen ein paar Partisanenlieder, die wir gemeinsam lauthals schmetterten.
Fortan waren wir gute Freunde.

Warum ich das erzähle?
Damals haben wir Brücken gebaut.
Durch ein harmloses Herumkicken einem Dorfanger haben wir einen Zugang zu Menschen erhalten, der uns sonst verschlossen gewesen wäre.

Man kann Fußball lieben oder hassen, aber manchmal steckt in jedem Spiel eine Möglichkeit der Völkerverständigung – und sei es auch nur  im Kleinen.

Foto: Tischfußballfiguren, die recyclingtechnisch zu Korkenzieher und Flaschenöffner umgebaut worden sind. Damit könnte man nicht nur Demestika öffnen!


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