"Leuchten" - Vokalmusik a capella vom Frauenkammerchor Hannover unter Leitung von Thomas Reuter: Ein kultureller Edelstein in Hannover - möge er nicht unbeachtet funkeln! Das soll ja typisch sein für Hannover und Hannoveraner: dass sie ihre eigenen kulturellen Leistungen unterschätzen oder mit britischem Understatement begleiten (wer die Ausstellung "revonnah" besucht hat, weiß, wovon ich spreche).
Die hier angezeigte Veranstaltung möchte ich mit großer Begeisterung dringend empfehlen - Sie dürfen meinem Urteil vertrauen, denn ich habe "Leuchten" in ähnlicher Form bereits vor einiger Zeit im Rudolf-Steiner-Haus erlebt (Sept. 2016).
Die acht Vokalistinnen des Ensembles, die aus verschiedenen Städten kommen, arbeiten mit Vorliebe an Musik des 20. und 21. Jahrhunderts. Im Programm 'LEUCHTEN' begegnen sich Werke dreier Komponisten: Den Schwerpunkt bilden Paul-Celan-Vertonungen von Thomas Reuter. Für ihn ist die Beschäftigung mit der Sprache Celans ein steter künstlerischer Lebensquell; Celans Gedichte empfindet er als immer wieder bestürzend kraftvoll und gegenwärtig.
Reuters musikalische Ausrichtung ist während seines Studiums in Leipzig stark angeregt worden durch seinen Lehrer Siegfried Thiele. Aus dessen Feder werden vier Stücke nach Worten von Angelus Silesius und Novalis im Konzert zu hören sein.
Ergänzend erklingen Vokalisen des Bartók-Gefährten Zoltán Kodály, dessen Hören und Denken zwar noch weitgehend der "Tonalität" verpflichtet ist, teils aber bereits an deren Grenzen rührt.
Zwischendurch werden die vertonten Gedichte zusätzlich von verschiedenen Einzelstimmen gesprochen. Die wechselnde Perspektive soll zu einer Wahrnehmungsvertiefung führen, sowohl auf der sprachlichen als auch auf der musikalischen Ebene.
- Als Konzert-Motto eignen sich wohl die beiden von Thiele vertonten Zweizeiler von Angelus Silesius:
Freund, so du etwas bist, so bleib doch ja nicht stehn;
Man muß aus einem Licht fort in das andre gehn.
Zeit ist wie Ewigkeit und Ewigkeit wie Zeit,
So du nur selber nicht machst einen Unterscheid.
PROGRAMM
Siegfried Thiele Zwei Spruchgesänge
mit Texten von Angelus Silesius:
Freund, so du etwas bist
Zeit ist wie Ewigkeit
Zoltán Kodály Tricinia Nr. 5, 6 und 12
Thomas Reuter Acht Gesänge nach Worten von Paul Celan:
Sie kämmt ihr Haar
Landschaft
Stille, Fergenvettel
Ich kann dich noch sehn
Wie du
Was uns
Leuchten
Was geschah?
Zoltán Kodály Tricinia Nr. 14 und 9
Siegfried Thiele Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren (Novalis)
Der ist der Herr der Erde (Novalis)
ANWESENHEIT
Nicht "wahrnehmen wollen", sondern im Wahrnehmen leben. Nichts Besonderes suchen, sondern in Ruhe das Lebendige kommen und wachsen lassen. Nicht verbohrt sein (dies ist bequem), sondern vielfältig aufmerksam (ist sehr unbequem). Der Welt des Hörens glauben! Das zu Hörende lieben, drinsein in allem. Die Welt erwachen lassen im Hören. Nicht im "Äußeren" oder "Inneren" stecken bleiben, sondern ganz anwesend sein, gegenwärtig. Freude und Begeisterung (beide sind Feuer) nicht verschmähen. Gelassenheit üben.
Friedel Waal
Besuchen Sie die Veranstaltung im Gemeindesaal der St.Petri-Kirche Hannover um 17 Uhr, Kostenbeitrag 12 Euro.S. auch hier.