Franz M. Wuketits – Die Boten der Nemesis

wuketits cover nemesis Franz M. Wuketits Die Boten der NemesisBERLIN.(hpd) Die Boten der Nemesis sind die Über­brin­ger schlech­ter Nachrichten und der aus­glei­chen­den Gerechtigkeit. Sie wer­den meta­pho­risch oft benutzt, um Katastrophenängste zu schü­ren. Warum und wem das nutzt erklärt Franz M. Wuketits in sei­nem aktu­ell erschie­ne­nen Buch.

Es hat schon etwas Erstaunliches an sich, ein Buch über Katastrophen und den Untergang der Menschheit in der Hand zu haben, das so amü­sant zu lesen ist. Ob es um dem Angriff von Aliens, die Gefahr von auf die Erde stür­zen­den Asteroiden oder die Klimakatastrophe geht: der Wissenschaftstheoretiker Franz M. Wuketits klärt über die (evo­lu­tio­när begrün­de­ten) Gründe auf, wes­halb Menschen schein­bar dro­hende Katastrophen benö­ti­gen, um sich wohl zu füh­len.

Ob es die ange­drohte Apokalypse ist oder der Untergang der Welt auf­grund von Sint- und ande­ren Fluten: Jede Katastrophe trägt einen Neubeginn in sich. Nur lei­der nicht für die von der Katastrophe Betroffenen.

Wuketits hält bekann­ter­weise die Menschheit an sich für die größte Gefahr für die Erde. Das führt er auch in die­sem Buch wie­der ein­drucks­voll vor Augen. Die mit Vernunft begab­ten Lebewesen der Erde sind auch gerade die, die diese am wenigs­ten ein­set­zen, son­dern, im Gegenteil, wis­send die natür­li­chen Ressourcen aus­beu­ten als wären diese ersetz­bar. Menschen sind Kraft ihrer Vernunft – wobei das Wort in die­sem Falle mit einem Fragezeichen gar­niert wer­den muss – in der Lage, die Menschheit und alles andere Leben auf dem Planeten mit­tels eines Knopfdrucks zu been­den: “Es gibt keine Garantie dafür, dass irgend­ei­ner der vie­len Wahnsinnigen auf der Welt nicht eines Tages den berüch­tig­ten Knopf drü­cken wird. In Anbetracht die­ser Situation ist die Angst vor Asterioiden oder ein Angriff von bös­ar­ti­gen außer­ir­di­schen Intelligenzen völ­lig absurd.” [S. 157]

Es scheint, so Wuketits, als könne der Mensch, da er zwar auf die Vergangenheit zurück, aber nicht in die Zukunft hin­ein schauen könne, nicht lang­fris­tig den­ken. Aber er wäre kein Wissenschaftler, wenn er nicht den Unterschied erklä­ren würde zwi­schen Prophezeiungen und Prognosen, zwi­schen spin­ner­ten Ideen und wis­sen­schaft­li­cher Erklärung.

Die erste Hälfte des Buches nutzt der Autor, um an ver­gan­gene Katastrophen zu erin­nern (dabei ist das Buch sehr aktu­ell: auch Fukushima bekommt sei­nen Platz ein­ge­räumt) und über apo­ka­lyp­ti­sche Voraussagen zu infor­mie­ren.

Im wei­te­ren Buch dann jedoch wird Wuketits zum pes­si­mis­ti­schen Mahner. “Statt also seine Hoffnung auf ein Weiterleben irgendwo im Kosmos [oder in einem wie immer gear­te­ten Paradies] zu pro­ji­zie­ren, wäre der Mensch gut bera­ten, hier auf der Erde mit weit grö­ße­rer Umsicht zu agie­ren als er das bis­her getan hat.” [S. 133] Allerdings glaubt er nicht (mehr?) an die Vernunft der Menschen.

Selbsterfüllende Prophezeiungen sind die, die sich des­halb erfül­len, weil mensch sich genau so ver­hält, dass ein­tritt, was mensch ver­mei­den wollte. Daraus ergibt sich nach Wuketit die immer enge­ren Schrauben, die eigent­lich mün­dige Menschen immer mehr ein­schrän­ken.

Es ist dem Autoren zuzu­stim­men wenn er schreibt, dass es bei jeder ver­meint­li­chen und medial auf­ge­bausch­ten Katastrophe jeman­den gibt, der davon pro­fi­tiert. So macht er zum Beispiel die nach 9/11 auf­ge­bauschte “Terrorgefahr” für den Verlust diver­ser Bürgerrechte ver­ant­wort­lich macht: “Freiheit hat ihren Preis, Sicherheit aber auch. Der selbst­be­stimmte Mensch nimmt man­che Risiken in Kauf, der von außen ‘besi­cherte’ kann aber auch nicht jedes Risiko aus­schlie­ßen – und lebt oben­drein noch unfrei.” [S. 153]

Alles in Allem: ein gut und flüs­sig zu lesen­des Buch, das trotz des manch­mal durch­schei­nen­den Pessimismus sei­nes Autors zu sagen scheint: carpe diem – Nutze den Tag!

Und die aus­führ­li­che Literaturliste im Anhang genügt für einen sehr, sehr lan­gen Urlaub.

Nic

 

Franz M. Wuketits – Die Boten der Nemesis; Katastrophen und die Lust auf Weltuntergänge – 256 Seiten, ISBN 978-3-579-06679-0, 19,99 Euro.

[Erstveröffentlichung: hpd]


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