Stell Dich doch bitte kurz den Lesern vor!
Ich bin Frank Maria Reifenberg und erzähle Geschichten, wahre und erfundene. So steht es auf meiner Website und so ist. Man muss also immer aufpassen, wann der Autor vielleicht zu arg fabuliert! Neben Romanen und Erzählungen schreibe ich auch Drehbücher oder schon mal ein Stück für die Bühne, zum Beispiel das Libretto für die Jugendoper „Liebe. Nur Liebe.“ für die Bayerische Staatsoper. Alles ganz ausführlich findet man unter www.frank-reifenberg.de oder, aktuell und kurz und wie es kommt auf meinem Blog unter http://schreibkraftfmr.wordpress.com
Wie bist Du zum Schreiben gekommen und seit wann schreibst Du? Wer oder was beeinflusste Dich in der Wahl deines Berufes als Autorin? Übst Du nebenher noch einen weiteren Beruf aus und wenn ja, welchen?
Ich bin zufällig Autor geworden. Vorher war ich in einer Agentur für Öffentlichkeitsarbeit tätig, habe dort aufgehört und gewartet, was auf mich zukommt. Ein Freund machte mich darauf aufmerksam, dass es an der Internationalen Filmschule einen neuen Studiengang für Drehbuch gäbe (das war 1999) und – das ist wahr! – er meinte, ich wüsste doch im Kino immer schon nach zehn Minuten, wie der Film ausgeht. Ich bewarb mich, ohne die geringste Ahnung zu haben, was auf mich wartet, wurde genommen und so fing alles an. Es war wohl ein bisschen schlummerndes Talent vorhanden. Keine weiteren Berufe. Gelernt habe ich ganz früher übrigens: Buchhändler. Da habe ich aber nur die Ausbildung gemacht und abgeschlossen.
Der Weg von einer Idee zum fertigen Manuskript: Wie sieht dein Schreib-Alltag aus bzw. wie gestaltest du das Schreiben?
Die Ideen kommen wie sie wollen und wann sie wollen. Danach wird es ein ganz unspektakuläres „Abarbeiten“ dieser Ideen, die oft nur in einem Satz bestehen, in einer „Was wäre wenn ...“-Frage oder einer Zeile aus einer Zeitung, einem Buch, einem Dialog, den ich in der Bahn höre. Abarbeiten heißt: Hinsetzen, aufschreiben und warten, was das Gehirn während des Schreibens damit macht. Wenn ein paar Seiten daraus geworden sind, beginne ich zu ordnen und zu strukturieren. Wohin könnte das führen, ist die Tragfähigkeit in der Idee, die für einen ganzen Roman reicht, ist es eher eine kurze Geschichte. Parallel dazu entwickeln sich die Vorstellungen von den Personen, oft übernehmen die dann die Führung, ich erforsche deren Leben bevor sie in meine Geschichte eintreten usw. Daraus mache ich ein Exposé, vielleicht eine Leseprobe von 30 bis 60 Seiten, meine Agentin bietet es Verlagen an, der Auftrag kommt und ... ab da sitze ich jeden Tag ein paar Stunden da und versuche im Durchschnitt 4 bis 5 Seiten zu schreiben.
Wie bist du auf die Idee zu deinem Buch Unsichtbare Blicke gekommen?
Die Idee kam aus einem Zeitungsartikel, in dem es um einen Mann ging, der 143 Computer von Mädchen mit einem Trojaner infiziert und dann ihre Webcams gesteuert hat. Ab da war er immer „Gast“ in deren Zimmer und die meisten haben es nicht gemerkt. Für das Buch habe ich daraus allerdings dann viel mehr gemacht, mein Täter beobachtet nicht nur, er hat ein Ziel und das endet für einige Mädchen leider – tödlich.
Um was geht es in dem Buch?
Vordergründig geht es um diese Internetgeschichte. In der zweiten Ebene geht es aber sehr viel um Familie, Zugehörigkeit, Familiengeheimnisse. das Thema spiegelt sich ja in allen drei Erzählsträngen. Mich hat auch diese Sache mit den Jugendwerkhöfen plötzlich sehr „fasziniert“, im negativen Sinn. Dieses Element kann nicht geplant, sondern war auf einmal da, als ich die Vorgeschichte dieser Figur erkundet habe.
Hat es eine Moral?
Nö. Vielleicht „Pass auf im Internet.“ Aber ich hab es nicht so sehr mit Moral in meinen Büchern. Die Geschichten machen mit den LeserInnen ja sowieso, was sie wollen und die Leser mit den Geschichten ...
Wie entstehen die Protagonisten Deines Buches? Sind Deine Figuren immer rein fiktiv oder haben sie auch ab und an mit realen Personen in Deinem Leben zu tun?
Sie sind natürlich fiktiv, weil es sie so nie gegeben hat. Aber es fließt auch viel von dem ein, was ich erlebt habe, auch von mir oder von Personen, die ich kenne.
Was bereitet dir mehr Schwierigkeiten? Der Anfang oder das Ende Deines Buches?
Der Anfang fast nie. Das Ende auch nicht. Die Mitte ist fast immer das Problem. Du findest die Geschichte plötzlich blöd, die Figuren, alles. Und es liegt noch so ein langer Weg vor dir und ach und weh ...
Wie hat es sich angefühlt, dein eigenes Buch das erste Mal in den Händen zu halten?
*Aaaaaaarghjiiiipiiiiehsupergeilichbineinautorjuchuuuuuh!*
Welches gelesene Buch hat einen nachhaltigen Eindruck bei Dir hinterlassen und ist aus Deinem Bücherregal nicht mehr wegzudenken?
Mein Lebensbuch ist „Buddenbrooks“ von Thomas Mann, ich habe es 17 mal gelesen und werde es noch öfter tun.
Wenn Du in Dein eigenes Bücherregal schaust – welches Genre ist hier am meisten vertreten?
Das ist total gemischt, weil ich mich für alles offen halte und vieles ausprobiere. Es gibt natürlich überdurchschnittlich viele Kinder- und Jugendbücher, weil das mein Hauptarbeitsfeld ist.
Beim Kino ist es übrigens genauso, ich gehe fast in jedes Genre. Ich bin ein guter „Mitgeher“, weil es kaum mal eine Richtung gibt, wo ich ganz und gar keine Lust zu habe.
An welchem neuen Buchprojekt arbeitest du gerade? Auf was dürfen wir und als nächstes freuen? Kannst Du den Lesern schon etwas vorab verraten?
Das Buch heißt „Schwesternlüge“, erscheint im März bei Rowohlt und es geht – wieder um eine Familiengeschichte. Mira, die Hauptperson, wird eines Tages nach Berlin gerufen. Ihre Schwester Jana, die vor fast einem Jahr von zu Hause abgehauen ist, liegt im Koma, wurde zusammengeschlagen und Mira entdeckt, dass etwas in der Geschichte ihrer Familie nicht stimmte und Jana dem auf der Spur war.
Recherchierst Du vor Ort oder fließt sehr viel Phantasie in Deine Bücher mit ein?
Beides. Wobei man sagen muss, dass das Internet eine gewaltige Rechercheerleichterung ist und seid Google Streetview sogar Örtlichkeiten (zumindest für weniger wichtige Szenen) komplett über diesen Weg Eingang in den Text finden. Für die entscheidenden Elemente brauche ich aber alles: Stimmung, Geruch, Feinheiten. Dieses Mal habe ich es aber so gemacht, dass ich die Berlin-Szenen im neuen Buch komplett erst nach Fertigstellung der Rohfassung vor Ort nachrecherchiere. Sehr praktisch und sehr effizient!