das ist mir auch noch nicht passiert, dass ich vor einer ganzen horde jura-studenten auftreten darf.
falsch: das ist mir sogar schon mal passiert, vor ca.25 jahren, an der kieler uni, da gab es ein treffen derer, die vor gefühlten hundert jahren da mal jura studiert hatten. ich erinnere mich an einen butterberg in form des laboer ehrenmals und einen kleinen alten herrn, der mir, während ich mich improvisierenderweise an einer charlie-parker-nummer versuchte, als wäre das nicht schwer genug gewesen, sehr ungentleman-like auf die schulter klopfte, und mir mit zittriger stimme die frage ins ohr raunte, wann denn wohl mal schluss sei mit dem lärm.
heute jedoch kann ich mich der svenjaschen ausdrucksweise bedienen: ich bin am frühen morgen in der strahlenden herbstsonne gen kieler amtsgericht, nur unweit meiner künstlerklause in der lutherstrasse gelegen, gestöckelt, falsche wimpern vortäuschende tusche aufgetragen, jeder dread perfekt ausgerichtet, an des abas arm, meinem treuen begleiter, und action- man durfte in der roten avantgarde-handtasche auch mit. action man, lumix, aba und ich....was konnte da noch gross passieren?
und dann mein herzallerliebster rechtsanwalt, ein lieber freund aus alten tagen auf dem land, auf dem gemeinsam bewohnten gutshof im dänischen wohld, dem seine angeborene aristokratie aus jedem knopfloch dampft, und der einen ganz, ganz schnellen prozessor im kopf hat. welch ein wiedersehen nach längerer zeit, war es tatsächlich die taufe seiner jüngsten tochter maria, auf der aba und ich zusammen duettierten?
mal im ernst: ist mir natürlich völlig klar, wie kurios es ist, ein ganzes gericht zu bemühen wegen einer streitsumme von 650 euro. aber wenn man liest, wie es dazu kommen konnte, sieht man es vielleicht anders.
der mann, der meine flöte reparieren sollte und wollte, hatte sich nicht nur als komplette pfeife erwiesen, sondern hatte noch nicht mal das nötige equipment in der hose, um leibhaftig vor gericht zu erscheinen. ja, wo gibt's denn sowas? ts.ich schmunzelte nach innen. die zweite -allerdings angenehme- überraschung war, dass richter und mein rechtanwalt brüder hätten sein können, es im geiste auf jeden fall waren. der richter, ein sehr helles naturell, war mir gegenüber ein einziges lächeln. der anwalt der nicht vorhandenen gegenpartei schien diese unterschwelligen strömungen zu spüren, und wählte die taktik des ganz, ganz bösen wolfes. oh, wie ich zitterte! tatsächlich spürte ich ein leises tremolo in meiner stimme, während ich meine "sehr phantasievoll vorgetragene geschichte" (so der böse wolf), vortrug, aber doch mehr wegen des ungeahnten publikums! was für eine performance war mir da vergönnt!
wir drei sonnenkinder auf der einen seite, der ungehobelte wolf-ganz schlechte optik, sehr nach hinten losgehende ausstrahlung, jegliche contenance vermissen lassend, ganz erbärmlich schlechte manieren einer allseits beliebten jazz-lady gegenüber, auf der anderen. der sunnyboy von richter fragte ihn gleich zu anfang, ob er denn nun unbedingt miese stimmung fabrizieren wolle, denn wir drei wollten das nicht. darauf hin wechselte der ungustiöse mann ganz schnell seine strategie und bezeichnete sich selbst als "alten stänkerer", machte dann aber so unsympathisch weiter wie zuvor mit seinen jeglicher grundlage entbehrenden anschuldigungen. auch name-dropping, mit dem er mich auf lächerliche art einschüchtern wollte-man muss sich das so vorstellen: er fragte mich, ob ich in der zeit, als ich die flöte von werkstatt a-ich berichtete-abgeholt hatte und sie noch nicht zur werksatt b gebracht hatte, auftritte mit volker linde, ulrich meletschus und anderen zentralen persönlichkeiten der norddeutschen musikszene, mit denen ich seinen recherchen nach regelmäßig zu tun habe, gehabt hätte. ich sagte nur "nein", in der annahme, er habe das problem nicht so ganz verstanden, denn die flöte spielte ja zu der zeit nicht (lächel).
oh, was für eine farce, was für ein fernsehreifer sketch, das ganze. wie schnell jeder seine position auf so einer bühne findet. wie blitzartig nonverbale kommunikation zwischen wildfremden sich dem zweck zuordnet.
das ganze endete nach zwanzig amüsanten minuten, in denen die beiden edlen junker richter und mein anwalt zum pläsier der jungen studenten auf gleichem niveau witzelten, mit einem glücklichen vergleich.
will sagen: ich habe das gleiche geld ausgegeben, als ob ich die generalüberholung zweimal bezahlt hätte.
okay-
aber: ich habe sie nicht zweimal bezahlt.
nicht einfach so auf die zahlungsforderung reagiert und für einen haufen schiet die von der gegenpartei absurderweise geforderte geldmenge abgeliefert. er, mein kontrahent, ist der verlierer, und zwar haushoch. ich begreife bis heute nicht, wie man sich selber so ins knie schiessen kann. ich, die ich seit jahren, seit jahrzehnten, flötenlehrerin in so einer kleinen stadt bin, die ich immer alles nett und auf local-dealer-basis haben möchte, die ich alle unterstützen möchte, und die ich ihm so ein grossherziges angebot gemacht habe, die schleift er vor gericht, ist dann sogar selber zu feige, zu kommen, und nun das.
es gab einen vergleich. ich habe nicht gewonnen, weil ich das gesetz insofern missachtet habe, als ich ihm nicht die gelegenheit gegeben habe, eine nachbesserung vorzunehmen. guter witz....aber so ist das gesetz.
aber er hat auch nicht gewonnen. das hätte er sich denken können, denn er hat de facto schrott abgeliefert. vorher spielte meine flöte, hinterher nicht mehr.
und nun? über die nächsten 10 jahre gepeilt, ist es für ihn ein umsatzverlust von vielen tausend euro und die einbuße eines ganzen kundenstamms.
und der ruf seines geschäfts?
der hat schon in den letzten monaten ganz gewaltig gelitten.
mich jedoch hat die ganze sache in den blickpunkt der ganzen mit mir fühlenden szene gerückt, ein publicity-boosting, das mir gerade recht kommt!
äußerst fröhlich gestimmt haben wir drei erstmal die goldene herbstsonne vor kult-treff feddersen genossen!