Fluchtcollage 1

Pari sitzt alleine auf einem Stuhl in der Küche. Er lässt den Kopf hängen und starrt auf seine Hände, die wie seine Füße viel zu groß für seinen kindlichen Körper erscheinen. Als ich ihn kennenlernte, das war vor ein paar Wochen, passte ihm seine Kleidung noch. Er wächst schnell, man sagt er ist jetzt 13.

Die deutsche Bundesregierung hat sich informiert. Die afghanische Regierung bemühe sich seit Wochen um eine Kommunikationskampagne, in der sich gezielt für einen Verbleib der Menschen in Afghanistan bemüht wird.

Pari weint. Sein Bruder hat ihn vor 1,5 Jahren mit in den Iran genommen, damit sie nicht ermordet werden, denn der Bruder arbeitet für das afghanische Militär.

Es wird darüber nachgedacht, Teile von Afghanistan als sicheres Herkunftsland zu erklären.

„Abla, als junge Männer haben wir die Wahl: Für die afghanische Regierung oder für die Taliban zu arbeiten. In jedem Fall wird die eigene Familie von der jeweils anderen Partei bedroht, egal wie man sich entscheidet.“

Pari vermisst seine Mama, er hat seit 1,5 Jahren nicht mit ihr gesprochen. Sein Bruder gibt ihm nicht die Telefonnummer, die Mama soll nicht wissen, dass er Pari alleine weiter nach Deutschland geschickt hat. Wo er für ihn eine Zukunft sieht.

Die Afghanen sind auf den Flüchtlingsstrom quasi als Trittbrettfahrer aufgesprungen, sie müssen eigentlich gar nicht flüchten. Die USA haben doch schon Krieg gegen die Taliban geführt.

„Adel, kannst du mir kurz helfen die Dose zu öffnen?“ Nein, das geht ja nicht. Er kann seine linke Hand nicht bewegen, sie ist gelähmt. Eines Tages öffnete er zu Hause in Afghanistan die Tür, er wurde von Taliban niedergestochen. Sein Rücken ist übersähr von Narben sagt der Arzt, seine Arme auch. Warum das passiert ist, hat er noch nicht erzählt. Ist uns auch egal. Adel ist ein Sonnenschein, wenn er nicht gerade einen Wutanfall hat. Ihm ist jetzt alles egal, er versteht die Welt nicht mehr. Aber er würde gerne Deutsch lernen und zur Schule gehen.

Afghanische Flüchtlinge sind gar keine Flüchtlinge, denn in Afghanistan ist ja kein Krieg mehr. Bis sie 18 werden können sie hier bleiben, denn leider kann man Kinder ja nicht abschieben. Dann müssen sie aber der Wahrheit ins Auge blicken, dass wir sie hier nicht behalten können. Die wollen ja eh nur hier arbeiten und Geld nach Hause schicken.

Gholam ist auch 13. Er weint nicht, aber seine Augen sehen aus wie die eines alten Mannes. Manchmal ist er frech, was mich ab und zu ärgert. Warum ist er so aufmüpfig? Wenigstens muss man sich um ihn keine großen Sorgen machen, der überlebt überall. Der Dolmetscher hat Tränen in den Augen. Wo ist der coole Dolmetscher, der es interkulturell so drauf hat und uns hilft die Jungs zu verstehen? Da steht er, erzählt mir von seiner eigenen Flucht vor 13 Jahren. Aber sie erscheint ihm harmlos: Durch Pakistan Richtung Norden. Ein Jahr in Moskau in einer Wohnung mit 20 Menschen in einem Zimmer. Zwei Jahre in Kiev. Er hätte so gerne einen Fußball gehabt. Aber er durfte nicht mal die Wohnung verlassen. „Abla, ich war wie einer deiner schlimmsten Jungs hier, Analphabet, total durcheinander und ohne Kindheit.“ Aber er war nicht wie Gholam Tage lang in einem Kofferraum eingesperrt auf der Flucht. Er ist jetzt dankbar, zudem er auch zusammen mit seiner Familie flüchten konnte.

Auf die Frage des Jugendamtes, wo sich seine Familie befindet, schnappt Hussain nach Luft. Die hat er doch verloren. Im Iran an der Grenze zur Türkei wurden sie plötzlich von iranischer Polizei beschossen. Seine Unterlippe wurde verletzt und er blutete im ganzen Gesicht. Deshalb habe der Schlepper ihn mitgenommen und in die Türkei gebracht. Seine Eltern nicht, auch nicht seine drei Schwestern. Er weiß nicht wo sie sind. Sein Handy wurde ihm auf der Flucht geklaut. Mögliche Nummern seiner Familie sind für immer verloren.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière: Die hohe Zahl von Asylbewerbern aus Afghanistan ist „inakzeptabel“. Man sei sich darüber mit der afghanischen Regierung „einig“. „Gemeinsam mit der afghanischen Regierung“ wolle Deutschland auch für die verstärkte Rückführung von Afghanen sorgen.


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