Steile Abfahrten im Butterfirn, aussichtsreiche Grate, einsame Täler und uriges Hüttenleben. Das Gebiet um die Jenatschhütte in den Bündner Alpen ist perfekt für die letzten Skitouren im Frühjahr.
Wir haben lange nach einer passenden Hütte für das Saisonfinale gesucht und haben mit der Jenatschhütte den idealen Ausgangspunkt für unsere letzten Skitouren im Frühjahr gefunden. Sie hat bis Ende Ende April geöffnet, liegt hoch und zentral in den Bündner Alpen und ist umgeben von schönen Graubündner Dreitausendern wie dem Piz Jenatsch, dem Piz D’Err oder dem Piz Calderas.
Einsame Täler findet man rund um die Jenatschhütte genauso wie Firnabfahrten über steile Südflanken, aussichtsreiche Grate und schattige Nordhänge, über die man sogar im April noch Pulverschwünge ziehen kann.
Da die Hütte auf 2.650 Metern liegt, hat man auf die Gipfel nicht mehr weit, kann die Touren aber super zu langen Skirunden ausweiten, indem man so wie wir mehrere Gipfel miteinander kombiniert. Abfahrten und Anstiege in allen Expositionen stehen offen und der Zustieg über den Julierpass ist meist schneesicher und lange ins Frühjahr hinein möglich.
Die Jenatschhütte ist der ideale Ausgangspunkt für Skitouren im Frühjahr.Wir haben vier Tage auf der Jenatschhütte verbracht und geben dir hier einen Überblick zu den Skitouren, die wir unternehmen konnten.
Julierpass: Zustieg zur Jenatschhütte (2.652 m) via Piz Surgonda
Die Jenatschhütte ist die höchstgelegene SAC-Hütte in Graubünden. Abgeschieden liegt sie tief in den Bergen zwischen Julierpass und Albulapass. Der Julierpass ist den ganzen Winter über geöffnet und ermöglicht uns, den Zustieg zur Hütte auf 2.200 Metern zu beginnen.
Am späten Vormittag schnallen wir drei Firnausflügler unterhalb des Hospiz La Veduta am Julierpass unsere Skier an. Die Rucksäcke sind prall gefüllt mit allerlei Ausrüstung, die wir in den kommenden vier Tagen für unsere Skitouren rund um die Jenatschütte brauchen werden.
Der heutige Tag startet gemütlich, aber brütend heiß. Unsere Jacken stopfen wir bald zu oberst in die Rucksäcke. Flach und der Sonne ausgesetzt folgen wir dem Sommerweg tief ins Val d´Agnel hinein. Makelloser Firn überzieht die Bergflanken. Nur die Grate und Gipfel sind teilweise schneefrei. Für Ende April sind die Verhältnisse noch immer gut.
Das Tal verengt und weitet sich wieder. Vor uns taucht die Fuorcla d’Agnel und rechts davon der Piz Surgodona auf. Wer die Hütte auf direktem Weg erreichen will, folgt dem Sommerweg weiter zur Fuorcla d’Agnel. Von dort aus führt ein mit riesigen Holzstangen markierter Weg zur Hütte hinab.
Wir wollen gleich am ersten Tag einen Gipfel schnappen und uns einen Überblick über die Gegend verschaffen. Dafür eignet sich im Zustieg zur Jenatschhütte der Piz Surgonda – ein perfekter Aussichtsberg auf die Skitouren in der Umgebung. Ihn erreichen wir über seine Südflanke, indem wir ein gutes Stück vor der Fuorcla d’Agnel einen Schwenk nach rechts machen.
Perfekte Übersicht am Piz Surgonda
Nach und nach wird das Gelände steiler, bis wir 200 Höhenmeter unterhalb des Gipfels ordentlich anschieben müssen. Die knapp 35° steile Gipfelflanke mündet in einen aperen Grat. Ski abschnallen und die letzten Meter zum Gipfel stapfen. Durchschnaufen und die kühle Brise genießen, während im Hintergrund die Bernina Gruppe auftaucht. Der Biancograt, der Piz Palü und der Piz Roseg stehen uns direkt gegenüber, während wir uns über den ersten 3.000 rund um die Jenatschütte freuen.
Am Piz Surgonda verschaffen wir uns einen Überblick über die umliegenden Tourenziele. Westlich erkennen wir die Tschima da Flix und den Piz Picuogl, dessen Südflanke ebenfalls auf unserer Wunschliste steht.
Dahinter ragen der Piz Calderas und der Piz D’Err hervor – zwei weitere Skitourenziele, die man bei einem Aufenthalt auf der Jenatschhütte keinesfalls auslassen sollte. Weiter nördlich stehen der Piz Jenatsch und der Piz Laviner, die man auf einer kürzeren Runde miteinander kombinieren kann.
Mit dem Gefühl, dass es für uns hier die nächsten Tage viel zu tun gibt, folgen wir dem Gratverlauf des Piz Surgonda nach Westen und klettern auf der Nordseite ein Stück ab. Wir können uns jetzt entscheiden, ob wir westlich oder östlich des Piz Traunter Ovas zur Jenatschhütte abfahren. Wir entscheiden uns für die Ostseite, weil wir hier besseren Firn erwarten und werden nach einem ruckeligen Start auf der schattigen Nordseite bald belohnt.
Skitouren in Graubünden: Ankommen auf der Jenatschhütte
Erst während der Abfahrt erkennen wir, dass wir auch vom Piz Traunter Ovas östlich hätten abfahren können. Sind die Verhältnisse nordseitig gut, kann man den Piz Traunter Ovas auch nördlich anstechen und direkt zur Jenatschhütte abfahren.
Unser kleiner Umweg zieht sich mit den ungewohnt schweren Rucksäcken am Ende doch etwas. Denn nach der kurzen Firnabfahrt ist ein weiterer Gegenanstieg von 200 Höhenmetern zu bewältigen. Dass man die Hütte schon vor der Nase hat, beschleunigt den letzten Anstieg nicht.
Endlich erreichen wir die Jenatschhütte, die umringt von ihren Hausbergen auf einem kleinen Plateau steht. Skiraum im Keller, Sonnenterasse darüber, die gemütliche Stube drinnen – hier werden wir uns wohlführen in den nächsten Tagen.
Toureninfos: Zustieg zur Jenatschhütte via Piz Surgonda
- Anstieg: 1.300 Höhenmeter
- Abstieg: 800 Höhenmeter
- Länge: 11 Kilometer
- Schwierigkeit: mittel
- Ausgangspunkt: Parkplatz unterhalb des Hospiz La Veduta am Julierpass (2.200 m)
- Route: Julierpass – Val d‘Agnel – in einem weiten Rechtsbogen südseitig auf den Piz Surgonda – Überschreitung des Piz Surgonda von Ost nach West (einfache Gratpassage) – Abfahrt zur Jenatschütte je nach Sonneneinstrahlung und Schneequalität entweder ost- oder westseitig um den Piz Traunter Ovas herum. Wer ostseitig abfährt, hat zur Hütte einen weiteren Gegenanstieg von 200 Höhenmetern zu bewältigen.
- Variante: willst du am ersten Tag noch Kräfte sparen, kannst du den Piz Surgonda auslassen. Über die Fuorcla d’Agnel westlich des Piz Surgonda gelangst du auf direktem Weg zur Hütte. Der Aufstieg erfolgt südseitig, die Abfahrt nordseitig.
Große Hüttenrunde und Firntraum: Piz Calderas, Tschima da Flix, Piz Picuogl & Piz D’Agnel
Eines hätte uns unsere Erfahrung aus den letzten Jahren Bergsport leeren müssen: es ist nicht schlau, gleich am ersten Tag die längste Tour des Aufenthalts zu machen. Dennoch starten wir am nächsten Morgen unakklimatisiert, noch müde von der Nacht aber höchst motiviert auf eine ausgedehnte Skitouren-Runde über die Hausberge der Jenatschhütte.
Wir wollen die besten Südabfahrten und die bekanntesten Gipfel um die Jenatschhütte in einer Skitour vereinen. Den Verlauf der Route haben wir während des Zustiegs zur Hütte ausgespäht und sind uns einig: viel effektiver kann man die Zeit hier nicht nutzen.
Die Skitour führt uns von der Jenatschhütte hinauf auf den Piz Calderas und die Tschima da Flix. Von dort klettern wir entlang des Grates auf den Piz Picuogl, um von dort die markante Südflanke Richtung Piz D’Agnel abzufahren. Nach einer weiteren Südabfahrt vom Piz D’Agnel gelangen wir über die Fuorcla d’Agnel zurück zur Jenatschhütte.
Hört sich weit, spannend und genussvoll an. Ist es auch!
Klassiker zuerst: Von der Jenatschhütte auf den Piz Calderas (3.397 m)
Der Piz Calderas ist die höchste Erhebung rund um die Jenatschhütte. 750 Höhenmeter steigen wir zunächst flach und später über zwei kurze Steilstufen zum Vadret Calderas auf.
Wir ziehen ein großes S in die Landschaft, bis wir unterhalb des südostseitig ausgerichteten Gipfelaufschwungs angelangen. Kurz streifen wir den Wandfuß des Piz Picuogl. Hoch über uns zieht der Grat von der Tschima da Flix zum Piz Picuogl hinüber – der nächste Abschnitt unserer Skitour.
Zuvor überqueren wir das weite Gletscherbecken und steigen über den nach oben hin steiler werdenden Südosthang zum Piz Calderas auf.
Die Skier lassen wir knapp unterhalb des Gipfels zurück und stapfen die letzten Meter zu Fuß. Ein großes Holzkreuz schmückt den Piz Calderas, von dem wir eine grandiose Aussicht haben. Nicht nur auf den Weiterweg, sondern auch auf die Südabfahrt vom Piz D’Err, die wir am letzten Tag geplant haben.
Grat & Südfirn: Tschima da Flix (3.301 m) & Piz Picuogl
Wir fahren vom Piz Calderas in das Gletscherbecken unterhalb der Tschima da Flix ab, fellen auf und steigen zur Scharte zwischen Tschima da Flix West- und Hauptgipfel auf.
Nach einem kurzen Abstecher zum Westgipfel fixieren wir die Steigeisen an den Schuhen und die Skier an den Rucksäcken. Der Grat ist an einzelnen Stellen ausgesetzt, auch leichte Kletterstellen (II) müssen wir bergauf und bergab bewältigen.
Das Panorama ist atemberaubend. Wir sind ganz allein am Grat. Nichts schränkt unsere Sicht ein. Ab und zu streift uns eine Windböe. Nur ganz sanft, sodass wir unsere Blicke voll in der Landschaft versinken lassen können.
Nach einer halben Stunde am Grat erreichen wir den Piz Picuogl. Wir können einen Blick hinab zur Jenatschhütte werfen. Die Firnprobe der Südflanke (ca. 45°) zeigt: noch nicht genussfertig. Wir setzen uns auf einen der großen Steine am Gipfel und sehen der noch knusprigen Schneedecke beim Schmelzen zu.
Als die Schneedecke golden schimmert, schnallen wir die Skier an und lassen den Belag über den Südfirn gleiten. Oben noch etwas ruckelig, unten butterweich ziehen wir lange Schwünge bis zum Vadret d’Agnel hinab.
Dort fellen wir erneut auf und starten in den dritten Anstieg unserer Rundtour.
Es wird noch besser: Piz D’Agnel (3.205 m) und die nächste Südabfahrt
Nur 250 Höhenmeter trennen uns vom vierten Gipfel des Tages. Wir halten uns entlang des Sommerwegs, steigen zur Fuorcla da Flix und von dort aus über einen breiten Grat zum Piz D’Agnel auf.
Mit Erreichen des Gipfels wird der Blick ins Val d’Agnel frei, durch das wir gestern zur Jenatschhütte zugestiegen sind. Wir sind ja fast wieder beim Auto, bemerkt Chris. Tatsächlich haben wir knapp 2.000 Höhenmeter in den Beinen und sind wieder weit nach Süden abgeschweift.
Und es sollte noch ein wenig weiter werden. Denn vom Piz D’Agnel fällt eine steile Flanke nach Süden ab, die 400 Höhenmeter tiefer in ein weites, einsames Tal ausläuft. Keine einzige Spur ist darin zu erkennen. Perfekter Firn kleidet jede Mulde, jeden Hügel und jeden Hang aus.
Vor unseren Augen offenbart sich das, wofür wir diesen Firnausflug angetreten haben. Wir carven über den Butterfirn. Der Wind rauscht uns um die Ohren, ab und zu ist ein freudiger Juchitzer zu hören. Die heilige Firnung ist eingetreten!
Nichts stört die Abfahrt. Die Schneedecke versiegelt den Untergrund perfekt. Wir verlieren uns komplett in der Landschaft und im grandiosen Gefühl der Fliehkräfte, die bei jedem Schwung wirken. Ich wünschte, diese Abfahrt würde nie enden. Und dann bremsen wir doch. Denn wir müssen zurück zur Hütte. Und jeder Meter bergab muss auch wieder hochgelaufen werden.
Über die Fuorcla d’Agnel zurück zur Jenatschhütte
Auch wenn uns Auffellen noch nie so schwer gefallen ist, kleben wir die Felle auf den Belag und treten den Rückweg zur Hütte an. Nördlich des Piz Campagnun entdecken wir eine schmale Scharte, über die wir ins Val d’Agnel hinüberschlüpfen können.
Nach einer weiteren kurzen Abfahrt, die, um möglichst wenige Höhenmeter zu verlieren, eher eine Querfahrt ist, gelangen wir auf den Hüttenzustieg des Vortages. Ein fünftes und letztes Mal fellen wir auf und steigen zur Fuorcla d’Agnel an. Diese 350 Höhenmeter ziehen sich nun wirklich und die bevorstehende, nordseitige Abfahrt zur Jenatschhütte motiviert uns nicht besonders.
Niemals wird sie toppen können, was wir zuvor unter den Kanten hatten. Ganz so übel ist’s dann doch nicht. Mit der Rückfahrt von der Fuorcla d’Agnel endet unsere Skitouren-Runde über die Hausberge der Jenatschhütte. Super gsi!
Toureninfos: Große Skitouren-Runde um die Jenatschhütte mit Piz Calderas, Tschima da Flix, Piz Picuogl & Piz D’Agnel
- Anstieg: 2.400 Höhenmeter
- Abstieg: 2.400 Höhenmeter
- Länge: 20 Kilometer
- Schwierigkeit: schwer
- Ausgangspunkt: Jenatschhütte
- Route: Jenatschhütte – Piz Calderas – Tschima da Flix – Grat zum Piz Picuogl – Piz Picuogl – Piz Picuogl Südflanke (ca. 45°) – Piz d’Agnel – Abfahrt nach Süden – über den Piz Campagnun und die Fuorcla d’Agnel zurück zur Jenatschhütte
- Variante: Wer die Tour früher abbrechen will, kann auch nur den Piz Calderas und die Tschima da Flix miteinander kombinieren und von dort aus zur Hütte zurückfahren. Oder man beendet die Tour nach der Abfahrt über die Südflanke des Piz Picuogl. Die Tour eignet sich auch als Abschluss mit anschließender Rückfahrt vom Piz d’Agnel zum Julierpass.
Zwei Grate und ein Südcouloir: Piz Laviner und Überschreitung des Piz Jenatsch
Tag drei unseres Firnausflugs rund um die Jenatschhütte. Nach der gestrigen großen Runde wollen wir es gemütlich angehen. Wir schlafen lang, frühstücken intensiv und machen uns nach allen anderen auf. Heute wollen wir das Skitouren-Gebiet nördlich der Jenatschhütte erkunden.
Der Piz Laviner und der Piz Jenatsch stehen noch auf unserer Wunschliste. Die Sonne steht bereits hoch am Himmel, als wir uns nach Osten wenden und auf einer breiten Terrasse in das Kar zwischen den beiden Gipfel hineinqueren.
Die Spur legt man hier am besten möglichst tief an, um das Kar zentral zu erreichen. Sonst musst du wie wir die Skier möglicherweise abschnallen oder wieder ein Stück ins Kar abfahren, weil du zu hoch aufgestiegen bist.
Ein Hauch von Dolomiten am Piz Laviner
Im Kar zwischen Piz Jenatsch und Piz Laviner fühlt man sich in die Dolomiten versetzt. Praktisch, denn dort waren wir noch nie zum Skitourengehen. Braune Felstürme und steile Gipfelaufbauten ragen aus den Firnflanken. Das breite Kar haben wir ganz für uns allein.
Zuerst steuern wir den Piz Laviner an. Wir steigen so weit wie möglich zu den Gipfelfelsen auf und klettern dann leicht über den Westgrat zum höchsten Punkt. Ein verwittertes Holzkreuz steckt in einem großen Steinhaufen. Darin verborgen entdecken wir eine alte Blechbüchse, die das Gipfelbuch enthält.
Wir tragen uns auf der ersten leeren Seite ein. Nur wenige Namen stehen vor den unseren. Bei Windstille warten wir wieder darauf, dass der Firn seine schmierige Konsistenz annimmt.
Wir könnten auf Höhe des Grates direkt zum Piz Jenatsch hinüberqueren. Aber wir wollen die einsamen Firnhänge nutzen und fahren ein gutes Stück zurück ins Kar ab.
Piz Jenatsch: steiler Anstieg, rassige Abfahrt
Der Piz Jenatsch ist ein zu allen Seiten steil abfallender Gipfel. Kein wirklich einfacher Weg führt dort hinauf. Sind die Verhältnisse gut, kann man ihn aber sogar vom Gipfel mit den Skiern befahren: entweder über die Ostflanke oder das Südcouloir.
Vom Piz Laviner kommend queren wir hoch in die Ostflanke hinein, steigen in einigen Spitzkehren höher und dann auf den Nordgrat hinaus. Mit den Skiern am Rucksack klettern wir die letzten 150 Höhenmeter durch kombiniertes Gelände zum Gipfel.
Geh- und leichte Kletterpassagen wechseln einander ab. Hin und wieder müssen die Hände zupacken, meist reicht aber achtsames Steigen.
Im letzten Aufschwung zum Gipfel spüren wir deutlich die fehlende Regeneration nach der gestrigen Rundtour. Und dennoch: Der Abstecher hierher hat sich gelohnt. Der Piz Jenatsch ist der sechste Gipfel unseres Firnausflugs, auf dem wir ganz einsam stehen dürfen.
Es ist erst kurz nach Mittag und wir freuen uns auf einen Nachmittag in der Sonne. Rösti und Bier auf der Terrasse der Jenatschhütte – so müssen Skitouren in Graubünden enden.
Wir lassen die Skier noch auf den Rucksäcken, denn wir müssen über den Westgrat ein Stück abklettern, um ins Südcouloir einfahren zu können. Eine kurze, aber ausgesetzte Gratpassage kostet noch etwas Überwindung und Konzentration.
Wenig später stechen wir ins etwa 40° steile Südcouloir hinein. Abschwingen. Anstoßen. Sonne tanken.
Toureninfos: Skitour auf den Piz Laviner & Piz Jenatsch
- Anstieg: 1.200 Höhenmeter
- Abstieg: 1.200 Höhenmeter
- Länge: 12 Kilometer
- Schwierigkeit: mittel bis schwer
- Ausgangspunkt: Jenatschhütte
- Route: Jenatschhütte – Piz Laviner – durch die Ostflanke und über den Nordgrat auf den Piz Jenatsch – Abfahrt via Piz Jenatsch Südflanke (ca. 40°) – durch das Val d‘Err zurück zur Jenatschhütte
- Variante: Den Piz Laviner könnte man auch gut mit dem Piz D’Err verbinden, indem man zunächst auf den Piz D’Err steigt, über dessen Nordseite abfährt und über die Fuorcla Laviner (Abstecher zum Piz Laviner) zurück zur Hütte fährt.
Finale am Kreuzworträtselberg: Piz D’Err mit Abfahrt über die Südflanke nach Sur
Nach drei genialen Skitouren verabschieden wir uns von der Jenatschhütte. Einen besonderen Anstieg und eine spezielle Abfahrt haben wir uns für den letzten Tag aufgespart: den Piz D’Err und seine steile Südflanke, über die wir bis Sur am Fuße des Julierpasses abfahren wollen.
Hinter uns wird die Jenatschhütte kleiner, als wir flach ins Val d’Err hineingleiten. Über eine Steilstufe erreichen wir den Vadret d’Err (Achtung auf Spalten speziell in schneearmen Wintern). Wir überqueren den Gletscher und gelangen über eine Felsrippe in ein nebengelegenes Gletscherbecken.
Erst jetzt können wir den letzten Teil des Anstiegs einsehen: die Ostflanke des Piz D’Err. Sie ist unten breit und verengt sich nach oben hin zu einer schmalen Rinne. In einer Scharte endet unser Aufstieg mit Skiern.
An der exponierten Engstelle rammen wir die Skienden in den weichen Schnee und klettern linkshaltend den Gipfelaufbau über die schon aperen Felsen hinauf. Wir überwinden Steinblock um Steinblock und das Panorama wird mit jedem Schritt gewaltiger.
Die Täler von der Bernina-Gruppe bis hinter den Malojapass sind heute mit dickem Nebel gefüllt. Der Piz Badile stellt uns seine dunkle Nordwand entgegen. Weiter östlich strahlen die Kamelbuckel des Piz Palü. Von Süden ziehen Schleierwolken herein und trüben die Sicht auf die Westalpen.
Dafür ist der Ausblick über die Urner Alpen bis zur Silvretta klar und weit. Wir genießen den Gipfelmoment lang und intensiv. Wohl wissend, dass mit der Abfahrt nach Sur unser Firnausflug enden wird.
1.800 Höhenmeter Abfahrt nach Sur
Im besten Fall können wir über die Südseite des Piz D’Err 1.800 Höhenmeter am Stück bis nach Sur abfahren. Wir sind natürlich Realisten und gehen davon aus, dass wir Ende April das letzte Stück tragen müssen. Per Autostopp wollen wir anschließend zurück zu unserem Auto am Julierpass trampen.
Um in die Südflanke einfahren zu können, müssen wir zunächst ein Stück entlang des Aufstiegs zurückgehen. Wir klettern bis in die Scharte ab, fahren die Ostflanke ab und queren, bevor sie abflacht weit nach rechts hinüber.
Hier gewährt eine Scharte Durchlass zum Julierpass im Süden. Da der Piz Calderas auch zu Mittag noch seinen Schatten über den Hang unterhalb der Scharte wirft, firnt der Schnee hier sehr spät aus. Man hat aber eine gute Ausweichmöglichkeit. Indem man ein Stück entlang der Gratrippe wieder hinauf Richtung Piz D’Err steigt nämlich.
Von dort aus können wir direkter und höher in die Südflanke einfahren. An der Einfahrt ist die Flanke etwa 45° steil. Auch im Mittelteil fällt das Gelände nochmals kurz stark ab, bevor der Hang flach und weit in die Alp Flix ausläuft.
Wir steuern das Örtchen Cuorts an, das einsam und im Winter verlassen am Fuße des Piz D’Err liegt. Um uns herum dehnt sich das Almgebiet der Alp Flix aus. Auch im Sommer muss es hier wunderschön sein.
Wir fahren links an der Ortschaft vorbei in den Wald hinein, können noch ein paar Kehren des Fahrweges abkürzen, bevor wir die Skier endgültig abschnallen müssen.
Per Autostopp zurück zum Julierpass
Zu Fuß spazieren wir entlang der Straße hinab nach Sur. Das Dorf liegt direkt an der Passstraße. Ein Bus zur Passhöhe hinauf fährt allerdings nur einmal am Tag und zwar um 10 Uhr. Zu früh für uns.
An der Kreuzung machen wir es uns an der Hausmauer einer Gastwirtschaft gemütlich. Essen das Tagesmenü und stoßen auf die einwondfreien letzten Tage an.
Die Männer trinken daraufhin noch gemütlich ein zweites Bierli, während ich mich an den Straßenrand stelle und auf eine nette Mitfahrgelegenheit warte, um unser Auto am Pass abzuholen. Die ist nach knapp fünf Minuten gefunden.
Ein freundlicher Schweizer in einem schnellen Audi erbarmt sich und nimmt die durchgeschwitzte und ungewaschene Susi mit. Danke vielmal und ade mitenand!
Toureninfos: Skitour auf den Piz D’Err mit Abfahrt nach Sur
- Anstieg: 800 Höhenmeter
- Abstieg: 1.900 Höhenmeter
- Länge: 12,5 Kilometer
- Schwierigkeit: mittel bis schwer
- Ausgangspunkt: Jenatschhütte
- Route: Jenatschhütte – durch die Ostflanke und über den Gipfelgrat auf den Piz D’Err – retour zum Skidepot – Querung zur Scharte nach Süden – Abfahrt via Südflanke (ca. bis 45°) nach Sur
Fragen zu den Touren stellst du am besten direkt unten in die Kommentare, damit andere Interessenten auch gleich mitlesen können!