Seit 1984 arbeiten Ethan und Joel Coen gemeinsam als Regisseure. Mit "Blood Simple – Eine mörderische Nacht" absolvierten sie damals ihr Debut in Hollywood. Mehr als ein Dutzend weitere Filme folgten, bei denen die Coen-Brüder immer wieder zusammen hinter der Kamera agierten. Sie machten mit "The Big Lebowski" den White Russian zum Kultgetränk und holten sich mit "No Country For Old Men" mehrere Academy Awards nach Hause. 2009 erschien mit "A Serious Man" ihr neuestes Werk auf der großen Leinwand. Jetzt ist der aus der New Yorker Theaterszene bekannte Michael Stuhlbarg – der hier die Hauptrolle spielt – auch auf den heimischen Bildschirmen zu sehen.
In "A Serious Man" ist Stuhlbarg der jüdische Physikprofessor Larry Gopnik. Dieser führt ein beschauliches Leben in einer kleinen jüdischen Gemeinde im Mittleren Westen der USA des Jahres 1967. Er ist ein liebender Ehemann, fürsorglicher Vater und erfolgreicher Professor. Aber irgendwie läuft plötzlich nichts mehr so wie gewohnt. Larrys Gattin verlangt die Scheidung, um mit ihrem selbstgefälligen neuen Liebhaber zusammenleben zu können. Sein Sohn schwänzt die Schule und die Tochter bestiehlt ihn, um sich eine Nasenkorrektur finanzieren zu können. Hinzu kommt sein psychisch labiler Bruder, der ständig auf seiner Couch hockt. Und als ob die Familie nicht schon genügend Probleme bereiten würde, gerät auch noch Larrys Karriere ins Trudeln. Hilfe erhofft er sich bei einem Rabbi. Doch auch das ist leichter gesagt als getan.
„Nimm in Einfachheit alles hin, was dir widerfährt“ heißt es zu Beginn von "A Serious Man". Ein Zitat des jüdischen Mystikers Raschi. Und ihm widerfährt einiges, dem von Michael Stuhlbarg dargestellten Larry Gopnik. Seine Frau geht fremd, will die Scheidung. Seine Kinder hat er nicht mehr unter Kontrolle. Sein Nachbar geht ihm auf die Nerven, seine ersehnte Festanstellung an der Universität wird durch einen Studenten bedroht, der sich eine bessere Note erkaufen will. Als Zuschauer möchte man aus der Haut fahren, man möchte Amok laufen wie es Michael Douglas 1993 in "Falling Down" getan hat. Aber der Film bleibt ruhig, wie auch Larry ruhig bleibt und nur in wenigen Momenten ausbricht aus seiner Verzweiflung und seinem Schmerz, seiner Wut freien Lauf lässt. Aber selbst in diesen Momenten möchte man selbst noch viel lauter schreien, um sich schlagen, man verflucht die Umwelt von Gopnik. Aber der Film schafft es, dem anfänglich gezeigten Satz treu zu bleiben. Die Ruhe wird nie gebrochen und erst am Ende, als sich ein Tornado auf die kleine namenlose Stadt zubewegt, droht eine Katastrophe die Bewohner heimzusuchen. Das heranziehende Naturereignis als baldiger Bruch der Stille.
Aber natürlich brodelt es im Inneren von Larry Gopnik. Aber statt auszubrechen, sucht er Hilfe bei mehreren Rabbis. Der erste erweist sich als Junior Rabbi, der trotz seiner Jugend versucht dem älteren Gopnik Ratschläge für dessen Leben zu erteilen. Der zweite Rabbi kann zwar viel reden, leider aber nur Worte und Ratschläge die sich Larry nur wenig erschließen, die nichts zur Lösung seiner Probleme beitragen. Ein dritter Rabbi bringt auch nicht die erhoffte Erlösung für sein aus den Fugen geratenes Leben. Statt guter Ratschläge findet er nur verschrobene Charaktere. Aber diese dürfen ja auch in keinem Coen-Film fehlen.
Mit "A Serious Man" haben die Coen-Brüder sich ganz weit von ihrem Vorgängerfilm "Burn After Reading" entfernt und damit gut getan. War ihr letzter Film noch überbevölkert von bekannten Gesichtern wie John Malkovich, Brad Pitt oder George Clooney, besinnt man sich bei diesem Film mit Michael Stuhlbarg auf einen Theaterschauspieler. Auch die Nebenrollen sind durch eher unbekannte Gesichter der Filmbranche besetzt. Für die Identifikation mit der Hauptfigur und dem Zorn, der in ihr entsteht, ist das eine gute Sache. Der Zuschauer erlebt intensiver die Gefühlswelt des Larry Gopnik, als sie es mit einem George Clooney – mit dem die Coen-Brüder immerhin schon dreimal zusammengearbeitet haben – könnten. Ist "Burn After Reading" noch eine Inszenierung ohne Atempause, verrückt, durchgeknallt, offensichtlich ein Spaß für die Schauspieler, nicht aber für das Publikum, so ist "A Serious Man" erholsam anzuschauen, ein Spaß für die Zuschauer, Humor der zu überzeugen weiß.
Neben dem Humor und dem Film, überzeugen dann auch diverse Extras, die man auf der DVD vorfindet. In einem knapp über zehn Minuten langen Making-Of wird die Figur des Larry Gopnik erklärt, es wird über sein Umfeld gesprochen, über seine Probleme. Dabei kommt Michael Stuhlbarg selbst, als auch die Coen-Brüder und einige Nebendarsteller zu Wort. Hier äußern sich die beiden Regisseure auch über ihre Entscheidung, den Film mit unbekannten Gesichtern zu besetzten. Dem Hauptdarsteller widmet man dann auch noch einmal eine Viertelstunde mit einem separaten Interview. Hier spricht er u.a. darüber, wie er an die Rolle des Larry Gopnik herangekommen ist, wie es für ihn war mit den Coen-Brüdern zu arbeiten und vieles mehr.
In fünf weiteren Featurettes wird der Film noch einmal so richtig erklärt. Die Bedeutung der jüdischen Begrifflichkeiten die im Film verwendet werden (vielleicht vor dem Film anschauen, zur besseren Verständnis), wie das Jahr 1967 für den Film hergerichtet wurde und noch weitere interessante Thematiken, die es gemeinsam mit unterschiedlichen Trailern zu "A Serious Man" und anderen Filmen auf eine Laufzeit von circa 90 Minuten bringen.
Die DVD zu "A Serious Man" ist seit dem 13. August im Handel erhältlich.
"A Serious Man"
Originaltitel: A Serious Man
Label: Universum Film
Veröffentlichung: 13.08.2010
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Genre: Komödie
Produktionsland, Jahr: USA Vereinigte Staaten / 2008
Länge: ca. 101 Minuten
Sprachen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch für Hörgeschädigte
Specials: Featurettes, Trailer & TV-Spots (dt.&engl.), Interviews, B-Roll, Making of
Regie: Ethan Coen, Joel Coen
Schauspieler: Michael Stuhlbarg, Richard Kind, Adam Arkin, Sari Wagne Lennick