Filmkritik zu ‘Moneyball – Die Kunst zu gewinnen’

Filmkritik zu ‘Moneyball – Die Kunst zu gewinnen’

Es steckt ein starkes Team hinter ‚Moneyball‘ – und damit sind nicht etwa die Oakland Athletics gemeint, von deren Aufstieg die wahre Geschichte handelt, die dem Film von Regisseur Bennett Miller zu Grunde liegt. Vielmehr ist es der Regisseur selbst, der bereits 2005 mit ‚Capote‘ einen Home Run schaffte, der mit fünf Oscar-Nominierungen belohnt wurde. Den Spieler, der es bis zur Homebase schaffte – Philip Seymour Hoffman, ausgezeichnet als bester männlicher Darsteller – hat er auch dieses Mal wieder in sein Team geholt, welches durch Drehbuchautor Aaron Sorkin (Oscar für ‚The Social Network‘), Brad Pitt, Jonah Hill und Robin Wright vervollständigt wurde.

„Es ist unglaublich wie wenig du über das Spiel weißt, welches du dein ganzes Leben lang gespielt hast“ heißt es zu Beginn in einem Zitat des 1995 verstorbenen Baseball Spielers Mickey Mantle, einem New York Yankee, der ausgerechnet gegen die Athletics einen seiner berühmtesten Home Runs schlug. In ‚Moneyball – Die Kunst zu gewinnen‘ wird aber nicht seine Geschichte erzählt, sondern die von Billy Beane. Trotzdem wird im Verlauf des Filmes klar, was der einstige Yankee mit seinem Satz zu sagen versuchte. Als Beispiel wird hier die Geschichte von Billy Beane genutzt, der einst als künftiger Baseball-Superstar gehandelt wurde, dann aber den hohen Erwartungen am Ende nicht gerecht werden konnte. Nachdem er auf dem Spielfeld versagt hat, wird er der Manager einer Mannschaft und überträgt all seinen Ehrgeiz und Kampfgeist in diesen neuen Job. Zu Beginn der Spielsaison 2002 befindet sich Billy in einer schwierigen Situation. Sein Team, die Oakland A’s, kämpft mit finanziellen Schwierigkeiten und hat seine Star-Spieler an reichere und bessere Clubs verloren, die ihnen viel höhere Gehälter zahlen können. Fest entschlossen, dennoch zu gewinnen, fängt Billy damit an, das bisherige System des Spiels auf den Kopf zu stellen. Er sieht sich außerhalb des Baseball-Sports um, greift die Theorien von Bill James auf, die bisher keiner ernst genommen hat und heuert den jungen Yale-Absolventen Peter Brand an, einen intelligenten, mit Zahlen jonglierenden Wirtschaftswissenschaftler. Gemeinsam beginnen sie, Computer-Statistiken zu nutzen, die ihnen sagen, dass sie sich Spieler holen müssen, die vom Rest der Liga entweder übersehen oder kalt gestellt worden sind. Spieler, die eigentümlich, zu alt oder zu verletzt sind – aber über bestimmte Schlüsseltalente verfügen, die bislang immer unterschätzt worden sind.

Jonah Hill

Nun wird man als Laie sicherlich erst einmal Angst davor haben, sich in die verwirrende Welt des Baseballs zu begeben. Gerade im deutschen Bereich ist doch immer noch Fußball die vorherrschende Lieblingssportart – American Football und Baseball bleibt eine Sensationserscheinung in den Vereinigten Staaten. Aber Regisseur Bennett Miller hat ein allgemeingültiges Spiegelbild der Sportswelt geschaffen, welches auch ohne große Kenntnisse über den eigentlichen Sport verstanden werden dürfte. Am Anfang stehen zwei Zahlen: 114,457,768 US $ (New York Yankees) und 39,722,689 US $ (Oakland Athletics) – womit sich jede Sportliga der Welt identifizieren dürfte. Es ist die Zweiklassengesellschaft, in der wohlhabende Teams die guten Spieler aufkaufen und den Ärmeren damit jede Chance verbauen, in der Liga aufzusteigen. Da bleibt jede Fairness auf der Strecke, wie auch Brad Pitts Billy Beane es bemerkt. Aber er dreht das Spielprinzip zu seinen Gunsten um, macht Peter Brand, gespielt von Jonah Hill, zu seinem Most Valuable Player, den schnell dieselbe Leidenschaft packt, wie seinem Mentor.

Die zwei Männer benötigen einander, wagen sie sich doch immer wieder in die Höhle der Löwen, in Form von alteingesessenen Baseball-Profis, die für den Team-Manager als Berater fungieren sollen. Sie schwelgen in nostalgischen Erinnerungen und Werten, mit denen sie in der heutigen Zeit nicht mehr voran kommen. Aber lieber würden sie untergehen als sich dies einzugestehen. Mit diesen Männern im Raum findet keine Diskussion um einen möglichen Sieg statt, sondern darüber, dass geringste Übel zu wählen. Auch der frische College-Absolvent Peter Brand wirkt wie ein rohes Stück Fleisch inmitten dieser alten Garde, wird aber von Beane in Schutz genommen. Er hat das Sagen in diesem Team, also heißt es „Adapt or Die“ – Fressen oder gefressen werden. Und auch wenn sich mit Coach Art Howe (Philip Seymour Hoffman) eine starke Persönlichkeit gegen die mathematischen Taktiken stellt, muss auch dieser sich bald eingestehen, dass diese neue Herangehensweise dem Team den nötigen Erfolg beschert.

Bei allen Dialogen, hauptsächlich zwischen Billy Beane und Art Howe, sowie Peter Brand, merkt man das Handwerk von Drehbuchautor Aaron Sorkin, der schon in ‚The Social Network‘ mit intelligenten Zeilen ein erfolgreiches Drehbuch beisteuern konnte um eine realistische Geschichte zu erzeugen. Im Haupthandlungsstrang sehen die Zuschauer Brad Pitt und Jonah Hill, wie sie die Spiele planen und vor dem Radio oder Fernseher verfolgen. Sehr lange lässt die Kamera das Geschehen im Stadion unbeobachtet, erst in der letzten halben Stunde wird der Zuschauer mit in das Spiel genommen, vorher muss er sich mit Nachrichtenausschnitten und Radioübertragungen zufrieden geben – vielleicht ein Manko für jeden Sportfan, aber diese Herangehensweise erleichtert es dem Film, seinen Fokus auf den beiden Hauptakteuren und ihrer neuen Taktik zu belassen und ‚Moneyball‘ nicht zu irgendeinem weiteren Sportfilm zu machen. Im zweiten Handlungsstrang wird in Rückblenden erzählt, wie Billy Beane entdeckt und aufgebaut wurde. Diese Szenen nehmen den weitaus kleineren Teil der Geschichte ein, zeigen aber später eine bedeutende Wirkung, wenn Brad Pitts Beane zeigt, dass er aus vergangenen Fehlern gelernt hat.

Filmkritik zu ‘Moneyball – Die Kunst zu gewinnen’

Philip Seymour Hoffman

Wo sich die Oakland Athletics dank Computerberechnungen jedes Spiel zu verändern scheinen, bleiben die beiden Hauptdarsteller eine konstante Stärke des Filmes. Brad Pitt überzeugt mit dem leidenschaftlichen Blick, der Verzweiflung um seine geldlichen Mittel und seiner Hartnäckigkeit. Er portraitiert glaubhaft einen Mann, dem dieser Sport – dieses Team – einfach alles bedeutet. Aber eine solche Leistung sind die Zuschauer von dem Darsteller gewohnt: ‚The Tree of Life‘, ‚12 Monkeys‘, ‚Babel‘, ‚Fight Club‘ – die Liste der Filme, in denen Pitt überzeugende Leistungen ablieferte scheint endlos. Viel überraschender kommt sein Schauspielkollege Jonah Hill daher, der bis ‚Moneyball‘ eher durch Filme im Teenie-Klamauk-Genre definiert wurde. Aber hier spielt er mit Erfolg gegen dieses Rollenmuster an. Er vollzieht mit seiner Figur den langsamen Wechsel vom eingeschüchterten Yale-Studenten, der sich in seinem ersten Job zurechtfinden muss, zum überzeugten Partner einer Baseball-Größe. Überraschend ruhig kommt seine Darstellung daher, die in dieser Form eine ernstzunehmende Konkurrenz für Brad Pitt darstellt. Gut, dass die beiden im selben Team spielen.

‚Moneyball – Die Kunst zu gewinnen‘ ist mehr ein Baselball-Manager Film, als der übliche Blick auf die Sportswelt, in der ein Team zum finalen Sieg geführt werden soll. Hier agieren gute Schauspieler, die sich an einem ebenso guten Drehbuch orientieren konnten, welches dem Durchschnittszuschauer diese Welt leicht verständlich aufbereitet und es schafft, die Emotionalität gegenüber dem Baseball-Spiel zu vermitteln. Dementsprechend darf ‚Moneyball‘ als klarer Home Run in die Punktewertung aufgenommen werden.

Denis Sasse

Filmkritik zu ‘Moneyball – Die Kunst zu gewinnen’

’Moneyball – Die Kunst zu gewinnen’

Originaltitel: Moneyball
Altersfreigabe: ohne Altersbeschränkung
Produktionsland, Jahr: USA, 2011
Länge: ca. 128 Minuten
Regie: Bennett Miller
Darsteller: Brad Pitt, Jonah Hill, Philip Seymour Hoffman, Robin Wright, Chris Pratt, Stephen Bishop, Brent Jennings, Tammy Blanchard


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