Filmkritik zu ‘John Carpenters The Ward’

Die Liste der Filme, mit denen Regisseur John Carpenter auftrumpfen kann, ist lang: ‘The Fog – Nebel des Grauens’, ‘Die Klapperschlange’, ‘Das Ding aus einer anderen Welt’ oder ‘Big Trouble in Little China’ brachten dem New Yorker einigen Respekt ein. Nach seiner Schlappe ‚Ghosts of Mars’ 2001 ward nicht mehr viel von Carpenter zu sehen. Lediglich bei zwei Folgen der Fernsehserie ‚Masters of Horror’ führte er Regie, ansonsten hielt er sich bedeckt im Hintergrund. Neun Jahre nach seinem Mars-Horror schickt Carpenter Schauspielerin Amber Heard in eine psychiatrische Anstalt und lässt sie dort ihren ganz persönlichen Albtraum erleben.

Sie spielt Kristen, eine verwirrte junge Frau, die sich angeschlagen und gegen ihren Willen auf der Station einer psychiatrischen Anstalt wieder findet. Sie ist komplett desorientiert und weiß weder wieso sie überhaupt hier ist, noch was in ihrem Leben vor dem Aufenthalt in der Anstalt vor sich ging. Auch die vier weiteren Insassinnen bieten ihr keine Erklärungen. Als ob das allein noch nicht unheimlich genug für Kristen wäre, beginnt sie Stimmen und merkwürdige Geräusche zu hören. Die Frauen sind nicht allein in der Anstalt. Nach und nach verschwinden ihre Freundinnen und Kristen muss einen Weg aus den höllischen Gängen und Fluren ihres Gefängnisses finden.

Filmkritik zu ‘John Carpenters The Ward’

Mamie Gummer, Laura-Leigh, Amber Heard

Den Begriff „Altmeister des Horror“ darf man sicher nicht zu leichtfertig über die Lippen bringen. Da streiten sich zu viele Filmemacher, wer denn nun diesen Titel verdient hat. George A. Romero mit seinen Zombie-Angriffen, Sam Raimi mit seiner ‚Tanz der Teufel’-Trilogie oder gar die Geschichten des amerikanischen Schriftstellers H.P. Lovecraft, die als intelligenter Horror betitelt werden. Man möchte sich nicht in unnötigen Floskeln wie dieser verlieren, muss sich aber eingestehen, dass Carpenter sein Handwerk versteht. So wirft er uns direkt zu Beginn in klassische Horrorszenarien, die immer wieder funktionieren: leere Gänge und Flure einer Irrenanstalt, unheilvolle Geräusche im Hintergrund, das zeitweise Aufblitzen eines Gewitters in den Fenstern. Damit versetzt uns der inzwischen 63-jährige Regisseur in die richtige Stimmung, baut eine geeignete Atmosphäre auf, um nach ‚Ghosts of Mars’ oder ‚Vampires’ endlich wieder richtig zu schocken.

Die psychiatrische Klinik als Handlungsort – sie hat Angelina Jolie 1999 einen Oscar als beste Nebendarstellerin in ‚Durchgeknallt’ eingebracht, aber wurde von Regisseur Zack Snyder auch für seinen hübsch bebilderten Halbnackt-Fantasy-Streifen ‚Sucker Punch’ missbraucht. Letztgenannten Film scheint Carpenter auch gesehen zu haben. Denn seine Figurenkonstellation gestaltet sich ähnlich: Fünf Frauen, hübsch anzusehen – niemand wird sich wundern wieso solche Damen in einer Anstalt sitzen, schminken scheint auch nicht verboten – fristen ihr Dasein größtenteils im gemeinsamen Aufenthaltsraum. Hin und wieder werden ihre Unterhaltungen durch das Auftauchen des behandelnden Arztes, der Krankenschwester oder des Pflegers gestört. Das ist der alltägliche Horror, aber schon bald wird mehr daraus. „Ich mag die Dunkelheit nicht. Es passieren schreckliche Dinge, wenn es dunkel ist.“ Es ist das oft nicht Sichtbare, was John Carpenter beschäftigt. In ‚Die Mächte des Wahnsinns’ spielt er mit dem menschlichen Verstand, in ‚Jagd auf einen Unsichtbaren’ bleibt der Protagonist im Verborgenen, in ‚The Fog – Nebel des Grauens’ hüllt er die Handlung in Nebelschwaden. Hier ist es die Dunkelheit, in der sich das Gespenst versteckt. Carpenter tut gut daran, einen oberflächlichen Horrorfilm zu inszenieren, er lässt auch die Zuschauer bis zur letzten Minute im Dunkeln tappen, was für eine Geschichte er dort eigentlich erzählt.

Filmkritik zu ‘John Carpenters The Ward’

Danielle Panabaker

Aber der Film schürt nicht nur durch die Horrorelemente die Spannung, sondern etabliert auch Misstrauen unter den Mädchen, sowie natürlich gegenüber dem Anstaltspersonal. Jared Harris, bald als Professor Moriarty in der ‚Sherlock Holmes’-Fortsetzung von Guy Ritchie zu sehen, mimt den zweifelhaften Anstaltsarzt, dessen Behandlungsmethoden weit über die Einnahme von Medikamenten hinausgeht.

Der Nachteil an der ganzen Geschichte: Man muss sich durch einen herkömmlichen Horrorfilm mit klassischen Elementen erst einmal hindurch manövrieren, stößt auf eine ganze Menge Ungereimtheiten, bis sich das Ganze am Ende aufklärt. Dann erst entwickelt sich die Raffinesse hinter ‚The Ward’. Ähnlich wie der 2009er Film ‚Der Fluch der zwei Schwestern’, ein Remake des sechs Jahre zuvor veröffentlichten südkoreanischen Horrorfilms ‚Janghwa, Hongryeon’, arbeitet der Film mit einem starken Ende, versucht hierdurch dem ganzen Film einen hochwertigen Stempel aufzudrücken. Ein gewagtes Spiel, was nicht immer funktioniert. John Carpenter ist sicher keine Rückkehr zu alter Stärke gelungen, aber den einen oder anderen Schockmoment hat er trotzdem noch auf Lager.

Denis Sasse

Filmkritik zu ‘John Carpenters The Ward’

‘The Ward – Die Station’

Originaltitel: John Carpenter’s The Ward
Altersfreigabe: ab 18 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA, 2010
Länge: ca. 85 Minuten
Regie: John Carpenter
Darsteller: Amber Heard, Jared Harris, Mamie Gummer, Danielle Panabaker, Laura-Leigh, Lyndsy Fonseca, D. R. Anderson, Susanna Burney, Jillian Kramer

Deutschlandstart: 29. September 2011
Offizielle Homepage: theward.de/


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