Filmkritik zu ‘Hotel Lux’

Filmkritik zu ‘Hotel Lux’

‚Hotel Lux‘ endet mit einer Widmung für den verstorbenen Ezard Haußmann, Vater des Regisseurs Leander Haußmann, der sich sicherlich nicht im Grabe umdrehen muss, seinen Namen in Bezug mit diesem Film auf die Leinwand gebannt bekommen zu haben. Ein Film der sich dem heutigen Hotel Zentralnaja widmet, zu Zeiten der frühen Sowjetunion aber noch als Lux Hotel bekannt war. Geschichtlich wurden hier politische Flüchtlinge einquartiert – in einem von 300 Zimmern, in denen insgesamt etwa 600 Personen untergebracht werden konnten. Eine von diesen Personen ist jetzt Michael Herbig, der zwar den Komödianten Hans Zeisig spielt, aber entgegen bisherigen Schauspielauftritten weitaus ernster daherkommt und seinen slapstickhaften „Bully-Humor“ abgelegt hat.

Trotzdem war es dann wohl ein Hitler-Gag zu viel, den Komiker und Parodist Hans Zeisig im berühmten Varieté Valetti zum Besten gegeben hat. Er muss 1938 mit falschen Papieren aus Nazi-Berlin fliehen. Eigentlich träumt Zeisig von einer Karriere in Hollywood, landet dann aber in Moskau, wo er in das Exilantenhotel „Lux“ hinein gerät. Es ist der Zufluchtsort kommunistischer Funktionäre aus aller Welt und insbesondere aus Deutschland. Der sowjetische Geheimdienst verwechselt Zeisig mit dem abtrünnigen Leibastrologen Adolf Hitlers, womit der unpolitische Entertainer zwischen die Fronten blutiger Intrigen in Josef Stalins Machtapparat gerät. Zu seiner Überraschung trifft Zeisig im Lux auch seinen früheren Bühnenpartner, den jüdischen Hitler-Parodisten Siggi Meyer (Jürgen Vogel) und die niederländische Untergrundkämpferin Frida van Oorten (Thekla Reuten) wieder, die beide fest an das Gute im Kommunismus glauben.

Filmkritik zu ‘Hotel Lux’

Michael Herbig

Trotz stark besetzter Nebenrollen, welche mit Jürgen Vogel und Thekla Reuten ausgefüllt wurden, bleibt ‚Hotel Lux‘ größtenteils eine One-Man-Show von Michael Herbig, der hier entgegen aller vorherigen Rollenmuster eine überzeugende Schauspielleistung zwischen Komiker und politischen Flüchtling abliefert. Wenn man zurückdenkt an die Zeiten, in denen ein langhaariger „Bully“ in der ProSieben Comedy „Bullyparade“ seine Blödeleien präsentierte, muss man sich unweigerlich eingestehen, dass der Entwicklungsprozess durch Filme wie ‚Der Schuh des Manitu‘ bis hin zu ‚Wickie und die starken Männer‘ hier auf seinem bisherigen Höhepunkt angekommen ist. Eine der markantesten Szenen dürfte Herbigs Auftritt als Adolf Hitler sein, den er vor versammelter Zuschauerschaft von nationalsozialistischen Offizieren tätigt um seinem Ärger über die Besatzer Ausdruck zu verleihen. Was auf den ersten Blick eine komische Situation darstellt, entwickelt sich zu einem ernsten, stillschweigenden Protest, der keine Lacher hervorruft, sondern Besorgnis um die Zukunft und das Wohlergehen von Zeisig, der sich mit diesem Auftritt ein ganzes Land zum Feind gemacht hat. Es wäre Herbig zuzutrauen – oder zu wünschen – dass er nun bald einmal einen gänzlichen Stilbruch begeht und eine durchweg dramatische Rolle übernehmen wird um auch den letzten „Bully“-Skeptiker von seinem schauspielerischen Schaffen zu überzeugen.

In ‚Hotel Lux‘ hat er bereits eine der wohl schwierigsten Aufgaben, die auf einen Schauspieler zukommen kann, bewältigt. Er spielt einen Komiker, der ein Staatsoberhaupt parodiert, welcher dann auch noch persönlich im Film – natürlich von einem anderen Schauspieler dargestellt – auftritt. So gehören die ersten Minuten des Filmes ganz dem Varieté Valetti und seiner schillernd bunten Welt der Unterhaltungsbranche, in der Herbig gemeinsam mit Jürgen Vogel einen separaten Extrafilm abzuspielen scheint, mit dem man noch einmal 90 Minuten hätte füllen können, ohne dass dabei Langeweile aufgekommen wäre. Aber die fröhlichen Zeiten, die hier gezeigt werden, funktionieren nur als Aufbau für die kommenden Ereignisse, bei denen Vogels Siggi Meyer zu einem Untergrundkämpfer wird und Herbigs Hans Zeisig mit russischem Pass aus Nazi-Deutschland flüchten muss.

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Thekla Reuten

Hier beginnt der Film mit Identitäten zu spielen. Es heißt nicht mehr „Kleider machen Leute“, sondern „Bärte machen Leute“. Bereits in ihrer gemeinsamen Bühnenshow lobpreisen Meyer und Zeisig die Bärte der politischen Führungskräfte Hitler und Stalin. Durch glaubwürdige Bart-Kopien können sie so mit Leichtigkeit in ihre parodierenden Rollen schlüpfen und ihr Publikum unterhalten. Später ist es ein künstlicher Vollbart, der Hans Zeisig zur Flucht verhilft, aber im Lux Hotel auch in Schwierigkeiten bringt, wenn entdeckt wird, dass sich hinter dem Bart nicht die Person versteckt, die sie vorgibt zu sein. Die Verwechslungsspiele werden dann auf die Spitze getrieben, wenn Zeisig, der Stalin parodiert hat und als Russe aus Deutschland fliehen musste, für Hitlers Astrologen gehalten wird und hierdurch wiederum Stalin höchstpersönlich kennenlernen darf. Und am Ende trifft es Stalin selbst, der mit abrasierten Haar und Bart von seinen eigenen Leuten nicht mehr erkannt wird.

‚Hotel Lux‘ braucht sich nicht vor Filmen aus Hollywood, dem großen Ziel des Komikers Hans Zeisig, zu verstecken. Mit Bildern wie dem anfänglichem Kameraschwenk über die russische Hauptstadt Moskau, mit seiner actionreichen Verfolgungsjagd über das Dach des Lux, mit seinen dramatischen, aber auch komischen Bezügen zu den finsteren Zeiten unter der Herrschaft von Hitler und Stalin – und nicht zuletzt dank Michael Herbig, der das „Bully“ irgendwann einmal gänzlich aus seinem Namen streichen sollte – wird der Film zu einem würdigen Denkmal für das Hotel Lux.

Denis Sasse

Filmkritik zu ‘Hotel Lux’

‘Hotel Lux‘

Originaltitel: Hotel Lux
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Produktionsland, Jahr: D, 2011
Länge: ca. 102 Minuten
Regie: Leander Haußmann
Darsteller: Michael Herbig, Jürgen Vogel, Thekla Reuten, Alexander Senderovich, Valery Grishko


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