Filmkritik zu "Der letzte Tempelritter"

Filmkritik zu ‘Der letzte Tempelritter’

Das Mittelalter war bekanntlich auch die Zeit der Hexen. In filmischer Perspektive haben sich diese Fantasiegestalten – zumindest in der Form, wie sie in Filmen dargestellt werden – über Jahrzehnte als Antagonisten für Horrorfilme bewährt. 1972 inszenierte der als Altmeister dieses Genres betitelte Regisseur George A. Romero den Film ‚Season of the Witch‘, knapp zehn Jahre später erschien mit ‚Halloween 3: Season of the Witch‘ der einzige Teil der Michael Myers Serie, der ohne seinen Titelhelden, dafür aber mit einer Hexenthematik daherkam. Jetzt, im Jahr 2011, ist wieder die Zeit der Hexen ausgebrochen. Regisseur Dominic Sena schickt Nicolas Cage, mit dem er bereits in ‚Nur noch 60 Sekunden‘ zusammen arbeitete, gemeinsam mit Ron Perlman als Tempelritter in eine Zeit, in der die Kirche einen Krieg im Namen Gottes führte, in eine Zeit der Tempelritter, der Pest und der Hexen.

Die deutsche Übersetzung des Filmtitels möchte sich aber von der Hexenthematik entfernen, auch wenn diese eigentlich im Mittelpunkt der Geschichte stehen sollte. Mit ‚Der letzte Tempelritter‘ nimmt der Filmmarkt hierzulande eher Bezug auf vergangene Abenteuer von Nicolas Cage in Filmen wie ‚Das Vermächtnis der Tempelritter‘. Mit ‚Der letzte Tempelritter‘ scheint der Schauspieler seine Trilogie der langen, fettigen Haare abschließen zu wollen. Bereits in ‚Duell der Magier‘ und ‚Drive Angry 3D‘ war er mit zotteliger, ungepflegter Haarpracht zu sehen. Wo sind nur Nic Cage-Actionklassiker wie ‚The Rock‘ oder ‚Im Körper des Feindes‘ geblieben? Wo sind die Oscar-Auftritte à la ‚Leaving Las Vegas‘ oder selbstironische Rollen wie in ‚Kick-Ass‘?

 

Filmkritik zu ‘Der letzte Tempelritter’

Ron Perlman

Sie sind der Rolle des Tempelritters Behmen im Europa des 14. Jahrhunderts gewichen. Einer Zeit in der die Pest wütete und die gnadenlose Jagd auf Hexen begonnen hat. Nach jahrelangen Kreuzzügen kehren Behmen und sein Freund Felson (Ron Perlman) entkräftet, desillusioniert und des Kämpfens müde zurück in ihre Heimat. Nur widerwillig übernehmen sie einen letzten Auftrag des todkranken Kardinal D’Ambroise (Christopher Lee). Sie sollen ein Mädchen (Claire Foy), das als Hexe für die Ausbreitung der tödlichen Seuche verantwortlich gemacht wird, in ein entlegenes Kloster überführen. Dort wartet ein geheimnisvolles Ritual auf sie, das ihre Macht brechen und somit der vernichtenden Pest Einhalt gebieten soll.

Bei dieser Aufgabe schließen sich den beiden Tempelrittern eine Reihe von Charakteren an, die man getrost ihrer Rollennamen entledigen kann. Stereotyp kann die Gruppierung als Held, Freund des Helden, Mönch, Schwindler, Knappe und Hexe bezeichnet werden. Es dürfte von vornherein klar sein, dass nicht alle Figuren den Film überleben werden. Aber so sehr ein Nicolas Cage auch seine leidende Gesichtsmimik zur Unterstreichung der Sterbeszenen auspackt, als Zuschauer wird man nicht einmal mit der Wimper zucken, wenn eine der Figuren das zeitliche segnet. Und auch wenn sich am Ende des Filmes der deutsche Filmtitel bewahrheitet, wenn es nur noch den letzten Tempelritter gibt, wirkt das wenig traurig, eher wie eine Erlösung aus einem gnadenlosen, 90-minütigen Mix aus Fantasie, Buddy- und Roadmovie.

Dabei wirkt der Beginn des Filmes gar nicht so verkehrt. Der Zuschauer wird gekonnt in die Welt eingeführt, die ihn in den kommenden Minuten begleiten wird. In einer anfänglichen Hexen-Hängung wird gezeigt, dass es in dieser Welt wahre Hexen gibt. Das ist vor allem für den weiteren Filmverlauf wichtig, denn das nette, eingesperrte Mädchen, das von Behmen und Felson eskortiert wird, wird lange Zeit weder als normales Mädchen, noch als Hexe vorgeführt. Vielmehr wird hier mit der Glaubenshaltung der Zuschauer gespielt, die selbst entscheiden sollen, für was sie das Mädchen halten. Umso merkwürdiger wirkt dann allerdings das arg konstruierte Ende, das nach einer sehr linearen Geschichte erreicht wird. Es werden unterschiedliche Stationen mit verschiedensten Problemstellungen geradezu im Videospiel-Stil abgearbeitet. Da sind der finstere Friedhof, die wackelige Brücke und der unheimliche Wald, bevor man zur finalen Schlacht gegen den Endgegner antreten darf. Um zurück zum Anfang zu kommen: Gefolgt von der kurzen Einführung in die Hexenwelt, sehen wir die beiden Hauptfiguren Behmen und Felson, wie sie freundschaftlich durch die Kriege ziehen. Immer Seite an Seite dienen sie als Tempelrittern der Kirche und überleben Schlachten in der trockensten Wüste und in verschneiten Gebirgen. Auch hier geling ein guter Einstieg mit einer Montage-Szene dieser Ereignisse, die tatsächlich eine gewisse Epik vortäuschen kann. Dieser einminütige Zusammenschnitt wirkt jedenfalls weitaus besser, als die spätere Reise der Gefährten, die eine Zeitspanne von sechs Tagen innerhalb von 30 Minuten erzählt, dabei aber wenig atmosphärisch daherkommt.

 

Filmkritik zu ‘Der letzte Tempelritter’

Claire Foy

Mal abgesehen von dieser ganzen Reihe von Negativpunkten, lassen sich, ausgestattet mit einer Fantasy-Film Checkliste, aber auch einige positive Aspekte finden. Die Landschaftsbilder, gedreht wurde in den österreichischen Alpen, in Wien und Ungarn, kommen imposant daher und der isländische Komponist Atli Örvarsson rettet mit seinen mittelalterlichen Klängen ein großes Stück der Atmosphäre. Er trifft immer den richtigen Ton, sei es eine brutale Schlacht, Mitleidsklänge für die vermeintliche Hexe oder eine mysteriöse Untermalung für spannende Sequenzen. Wie der Isländer ein musikalischer Lichtblick in diesem Film ist, so ist es Schauspielerin Claire Foy auf schauspielerischer Ebene. Ein Höhepunkt ihrer bisherigen Engagements dürfte ihr Mitwirken in dem Fernsehfilm zu Terry Pratchetts ‚Going Postal‘ gewesen sein. In ‚Der letzte Tempelritter‘ beweist sie sich als undurchsichtiges Mädchen, dass die Rolle der Hexe angenommen zu haben scheint. Geschickt spielt sie mit den Figuren und wird somit nicht nur zur zentralen Figur des Filmes – worauf der Originaltitel ‚Season of the Witch‘ ja auch hindeuten möchte – sondern auch zum wichtigsten, schauspielerischen Aspekt dieses Filmes.

‚Der letzte Tempelritter‘ funktioniert als sehr flacher Buddy-Movie, als äußerst vorhersehbarer Road-Movie und als typischer Fantasie-Film mit hübschen Bildern und guter Musik. Nicolas Cage verkauft sich einmal mehr weit unter Wert. Vielleicht kommen die besseren Rollen nur mit einer besseren Frisur. Er sollte es dringend mal wieder ausprobieren.

Denis Sasse


Filmkritik zu ‘Der letzte Tempelritter’

’Der letzte Tempelritter’

 

Originaltitel: Season of the Witch
Altersfreigabe: ab 16 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA, 2010
Länge: ca. 95 Minuten
Regie: Dominic Sena
Darsteller: Nicolas Cage, Ron Perlman, Claire Foy, Christopher Lee, Stephen Campbell Moore, Stephen Graham, Robert Sheehan

‘Der letzte Tempelritter‘ läuft ab dem 24. März 2011 in den deutschen Kinos.


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