Filmkritik: Star Trek Into Darkness (ab 9. Mai 2013 im Kino)


Es gibt wohl kaum jemanden, der die Star Trek-Fangemeinde derart polarisiert, wie J.J. Abrams. Die einen vergöttern ihn geradezu, weil er mit seinem Film Star Trek im Jahre 2009 das Franchise aus seiner zwischenzeitlichen Erstarrung befreite und wirtschaftlich in die Erfolgsspur zurückführte, wiederum andere werfen ihm Verrat am Erbe von Gene Roddenberry vor, weil der Filmemacher für sein Reboot eine Reihe althergebrachter Konventionen über Bord warf. Nun startet am 9. Mai 2013 mit Star Trek Into Darkness der zweite Streich von J.J. Abrams offiziell in den deutschen Kinos und es ist kein Film geworden, der dazu geeignet ist, die unterschiedlichen Lager im Fandom wieder miteinander zu versöhnen.
Filmkritik: Star Trek Into Darkness (ab 9. Mai 2013 im Kino)Für die Produktion von Star Trek Into Darkness setzt Paramount vor und hinter der Kamera auf personelle Kontinuität: J.J. Abrams ist wieder der Regisseur, das Drehbuch stammt erneut von Roberto Orci, Alex Kurtzman und Damon Lindelof, den Soundtrack komponierte Michael Giacchino und alle Hauptdarsteller aus dem Vorgänger nehmen ihre Rollen wieder auf. Der Film ist also eine Art Familientreffen und Familie ist auch das große Thema dieser Space Opera, das die Macher aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten und dabei der Frage nachgehen, was dieser Begriff für die jeweiligen Charaktere bedeutet. Je mehr sich der Film seinem Showdown nähert, desto dringender müssen die Akteure für sich entscheiden, was sie bereit sind für jene zu tun, die sie als ihre Familie ansehen. Die Antworten fallen ganz unterschiedlich aus, doch eines stellt der Film klar: Familie ist ein Wert, für den es sich lohnt zu kämpfen und Opfer zu bringen. Abrams, Orci, Kurtzman und Lindelof halten jedoch keine 130-Minütige Philosophie-vorlesung ab, sondern verpacken ihre Betrachtungen in ein von Action geprägtes temporeiches Weltraumabenteuer, dessen dramatischer Auftakt sogleich den Ton für den weiteren Verlauf des Films vorgibt.
Nachdem der Renegat John Harrison als Drahtzieher hinter einem verheerenden Bombenanschlag in London identifiziert wurde, setzt ihn Captain Kirk aus persönlichen Gründen ganz oben auf seine Abschussliste und mit die Verfolgung des Attentäters auf. Schnell muss er aber erkennen, dass er im Übereifer falsche Entscheidungen getroffen hat und im Bezug auf Harrison die Dinge gar nicht so eindeutig sind, wie die Sternenflotte es dem Captain weismachen wollte. Es entbrennt ein dramatisches Katz-und-Maus-Spiel mit hohen Einsätzen, an dessen Ende Kirk seinen Platz gefunden hat, denn er hat erkannt, wem er wirklich vertrauen kann und wer seine Familie ist. Wenn man sich anschaut, wie Chris Pine, Zachary Quinto, Karl Urban, Zoe Saldana und Co. auf der Brücke der Enterprise agieren, mag man kaum glauben, dass bereits vier Jahre seit Star Trek vergangen sind, denn alle Schauspieler machen nahtlos dort weiter, wo sie seinerzeit aufgehört hatten. Die Chemie zwischen Pine, Quinto und Urban stimmt und in jenen Szenen, in denen die Beziehung zwischen Spock und Uhura weiter vertieft wird, machen Quinto und Saldana eine gute Figur. Während auch Simon Pegg als Scottie wieder richtig was zu tun bekommt, bietet der Film John Cho (Sulu) und Anton Yelchin (Chekov) vergleichsweise wenig Raum zur Betätigung. Immerhin darf Sulu seine Ambitionen in puncto eigenes Kommando schon einmal andeuten. Es macht großen Spaß, den Akteuren auf der Leinwand zuzusehen, denn der Maincast geht inzwischen absolut in seinen Rollen auf.
In dem Bewusstsein, dass nur großartige Schurken wahre Helden hervorbringen, bieten die Macher mit John Harrison einen Antagonisten auf, der Kirk nicht nur physisch überlegen ist, sondern mit seiner Skrupellosigkeit dem jungen Captain der Enterprise gegenüber einen weiteren deutlichen Vorteil besitzt. Benedict Cumberbatch kann man mit Fug und Recht als Idealbesetzung für diese Rolle bezeichnen, denn der Brite macht durch seine Mimik und Körpersprache von Beginn an klar, dass Harrison ungemein bedrohlich, unberechenbar, verschlagen und zu jeder Zeit zu allem bereit ist, um seine Agenda umzusetzen. In einer tragenden Nebenrolle ist zudem Alice Eve nicht nur eine ansehnliche Carol Marcus, sondern die Figur besitzt sogar einen eigenen Story-Arc innerhalb des Films, in dem die Beziehung zu ihrem Vater Admiral Marcus (gespielt von Peter Weller) auf die Probe gestellt wird. Bruce Greenwood rundet als Admiral Pike den überzeugenden Cast ab.
Was das Bühnenbild und die Effekte angeht, wird in Star Trek Into Darkness ordentlich geklotzt. Zwar gehört es sich auch so für eine Space Opera, doch die Macher erliegen nicht der Versuchung, die CGIs zu Hauptattraktion zu machen, sondern stellen sie in den Dienst der Geschichte. Jedoch sind nicht nur die Weltraumszenen optisch eindrucksvoll, sondern es wurde auch sehr viel Aufwand bei der Gestaltung von San Francisco und London getrieben. Durch zahlreiche kleine Details erweckt die Optik der Metropolen beim Betrachter den Eindruck, die beiden Städte könnten in ein paar hundert Jahren vielleicht tatsächlich so aussehen. Solche Rückbezüge auf unsere Gegenwart und auch das Kostümdesign erden den Film und machen ihn damit erst richtig zu einer Vision über die Zukunft der Menschheit. Erstmals kommt ein Star Trek-Film in 3D in die Lichtspielhäuser und man kann durchaus geteilter Meinung darüber sein, ob es dieses Formates wirklich bedurfte. Natürlich gibt durchaus mehrere Szenen, in denen der Streifen von der zusätzlichen Dimension profitiert, doch eine Veröffentlichung ausschließlich in 2D (in ausgewählten Kinos wird der Film in 3D und 2D angeboten) hätte es unterm Strich möglicherweise auch getan.
Dass Star Trek Into Darkness die Lager der Befürworter und der Kritiker von Abrams nicht miteinander versöhnen kann, liegt daran, dass der Filmemacher seiner Vision auch im Sequel konsequent treu bleibt. Einfach gesagt: Wer Star Trek mochte, wird auch die Fortsetzung lieben. Wer sich hingegen für das Reboot nicht erwärmen konnte, wird auch mit diesem Film Schwierigkeiten haben. Mit seiner unnachgiebigen Haltung stellt sich Abrams übrigens in eine Traditionslinie mit Star Trek-Erfinder Gene Roddenberry, der sinngemäß einmal betonte, Star Trek wäre fürchterlich geworden, hätte er auf all jene gehört, die ihm Ratschläge geben wollten, wie er die Serie zu gestalten habe. Wie sein Vorgänger, so ist auch Star Trek Into Darkness ein Film für eine neue Generation von ST-Fans und solche altgedienten Anhänger, die in einem neuen Ansatz nicht eine Gefahr sehen, sondern primär eine Chance für eine erfolgreiche Zukunft des Franchises.
Mit Star Trek Into Darkness zeigt sich die Saga bei bester Gesundheit und bereit für zahlreiche weitere Abenteuer der Crew der U.S.S. Enterprise. Abrams und Co haben eine Formel gefunden, die sich als tragfähig erwiesen hat, indem sie Charakterdrama, Action und Humor in ein ausgewogenes Verhältnis bringt. Star Trek Into Darkness ist zeitgemäßes SF-Kino für ein modernes Publikum.
Star Trek Into Darkness läuft offiziell ab dem 9. Mai 2013 in den deutschen Kinos.

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