Filmkritik: Maleficent – „Es war einmal…“ mal anders

Mehr als 50 Jahre nach der Veröffentlichung des Disney-Films „Dornröschen“ bekommt die darin vorkommende Antagonistin ihr eigenes Disney-Spin-off, das neben ihrer Vorgeschichte auch die Ereignisse, die sich im ursprünglichen Film zutragen, aus ihrer Perspektive beleuchtet.

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„Erzählen wir eine alte Geschichte doch einmal neu…“

Der Eröffnungssatz des Films fasst dessen Ambitionen treffend zusammen. „Maleficent – Die dunkle Fee“ nimmt auf eine angenehme Art und Weise Bezug auf das bereits existierende Werk „Dornröschen“ aus dem Jahre 1959, ohne dabei dessen Stil zu kopieren und wie ein Abklatsch zu wirken. Der Film hat alles, was man sich von einem Märchen wünscht – eine Umgebung, in der sich auch Charaktere aus der „Final Fantasy“-Reihe wohlfühlen würden und eine Vielfalt von Fabelwesen sowie epischen Kampfszenen wie man sie aus „Die Chroniken von Narnia“ kennt. Darüber hinaus gelingt der Balanceakt zwischen Fantasie und realistischen Elementen (so realistisch wie ein Märchen nun einmal sein kann), sodass die Visualisierung nicht buntblubberlutschig wie in „Die fantastische Welt von Oz“ daherkommt und die Handlung Tiefgang besitzt – auch wenn diese in Teilen leider dem Zeitraffer zum Opfer fällt.

Die Geschichte, die in „Maleficent – Die dunkle Fee“ von einer weiblichen Erzählerin, welche sich gegen Ende als Dornröschen selbst entpuppt, aus dem Off geschildert wird, beginnt lange vor den altbekannten Ereignissen des Disney-Films von 1959. Das Zuhause der Waisenfee Maleficent sind die idyllischen Moore, in denen es vor Feen und anderen Fabelwesen, die in Teilen an Ents, Minimois sowie den Crazy Frog erinnern, nur so wimmelt. Daran grenzt ein Königreich, das von Menschen bevölkert sowie regiert wird und sich im Zwist mit den Mooren befindet. Als der mittellose Waisenjunge Stefan sich unerlaubterweise in der fantastischen Gegend aufhält und dort versucht einen Edelstein zu entwenden, macht er Maleficents Bekanntschaft. Zwischen ihnen entwickelt sich eine Beziehung à la Romeo und Julia, doch Stefans Prioritäten ändern sich zusehends und er ist erpicht darauf, einen höheren Stand in der Gesellschaft des Menschenkönigreichs einzunehmen. Das führt nicht nur dazu, dass er Maleficent vernachlässigt, sondern sie auch hintergeht.

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Nachdem ein Angriff der Menschen auf die Moore von Maleficent und den Fabelwesen abgewendet werden kann, liegt der Menschenkönig aufgrund einer Verletzung im Sterben und verspricht demjenigen den Thron, der die Fee zur Strecke bringt. Stefan, der als Bediensteter des Königs tätig ist und davon Notiz nimmt, kehrt unter einem Vorwand in die Moore zurück, narkotisiert Maleficent und nimmt ihr – da er es nicht übers Herz bringt sie zu töten – ihre Flügel, die er dem König als vermeintliche Trophäe präsentiert. Während er somit zum neuen König wird, plant die Fee ihren Racheakt. Nachdem Stefans Tochter Aurora auf die Welt gekommen ist, erscheint Maleficent bei den diesbezüglichen Feierlichkeiten und belegt das Kind mit dem altbekannten Fluch: Aurora wird sich am Abend ihres sechzehnten Geburtstags mit einer Spinnradspindel in den Finger stechen und in einen komatösen Zustand verfallen – der einzige Ausweg ist für sie der Kuss der wahren Liebe, an die Maleficent nicht glaubt. Trotz ihres Grolls hat sie ein Auge auf die heranwachsende Prinzessin, die zum Schutz vor dem Fluch in Unwissenheit über ihre Abstammung mit drei Feen in Menschengestalt in einem abgelegenen Haus aufwächst. Mit der Zeit lernt Maleficent Aurora besser kennen und bereut zunehmend den Fluch, den sie einst ausgesprochen und unumkehrbar gemacht hat.

Kurz vor Auroras sechzehntem Geburtstag versucht sie ihn letztendlich von der Prinzessin zu nehmen, was ihr allerdings misslingt. Aurora macht kurz darauf, unter der Beobachtung von Maleficent, Bekanntschaft mit Prinz Phillip, dem Märchenprinzen auf dem obligatorischen weißen Pferd. Da der Fluch unumkehrbar ist, die drei Feen Aurora an ihrem Geburtstag von ihrer eigentlichen Abstammung erzählen und Maleficent sich der Prinzessin gegenüber schließlich als die Fluchbringerin zu erkennen gibt, eilt Aurora zum Schloss, das sie aus Sicherheitsgründen erst nach ihrem sechzehnten Geburtstag betreten sollte. Es kommt, wie es kommen muss und Aurora fällt in einen komatösen Zustand. Maleficent vermutet, dass Prinz Phillip die wahre Liebe der Prinzessin ist und bringt ihn zum Schloss, um den Fluch zu brechen. Allerdings vermag sein Kuss nicht, Aurora zu wecken. Als Maleficent sich in dieser scheinbar ausweglosen Situation bei der Prinzessin entschuldigt und ihr einen Kuss auf die Stirn drückt, erwacht diese und wird am Ende des Films von Maleficent zur Königin der Moore sowie des Menschenkönigreichs ernannt.

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Es gibt kein Schwarz, es gibt kein Weiß.

„Maleficent – Die dunkle Fee“ zeigt trotz seines märchenhaften Charakters nicht nur, dass es keine klare Trennung zwischen Gut und Böse gibt, sondern auch wie mit Klischees gebrochen werden kann. Denn der für ein Märchen verbindliche Prinz, der in „Dornröschen“ als Retter in der Not auftritt, spielt in dem Spin-off nur eine sehr marginale Rolle. Sein Kuss kann den Fluch nicht aufheben, dies bewirkt lediglich der Kuss der Fluchbringerin selbst. Die Charaktere, die im Fokus der Erzählung stehen, sind vielschichtig – nicht eindimensional, wie es uns konventionelle Märchen oft glauben machen wollen. In „Dornröschen“ wird König Stefan als liebender Vater dargestellt, in „Maleficent – Die dunkle Fee“ ist er hingegen ein intriganter und gebrochener Charakter, der von seinen Rachegelüsten besessen ist. Die Rollen werden also gewaltig umverteilt, denn während Maleficent für Aurora eine Beschützerin ist, schert sich ihr leiblicher Vater nicht um seine Familie, sondern geht vollkommen in seiner Obsession auf. Auch wenn am Ende des Films, ganz nach Märchenart, Harmonie herrscht, so zeigt „Maleficent – Die dunkle Fee“ dennoch visuell eindrucksvoll und auf eine moderne Art und Weise, dass die Unterscheidung zwischen Gut und Böse nicht immer ganz so einfach ist wie sie in Märchen dargestellt wird.

Fazit:

Wer keine Musicals mag und auch nicht auf den kitschig-nostalgischen Stil der älteren Disney-Filme steht, wird an diesem Film Gefallen finden. „Maleficent – Die dunkle Fee“ ist ein modernes und visuell ansprechendes Märchen, das seinen Charakteren eine Tiefe erlaubt, für die in konventionellen Märchen kein Platz ist.


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