Filme ohne Farbe: „Ist das Leben nicht schön?“ (1946) mit James Stewart

Geben ist seeliger denn nehmen! Wie oft schon versucht wurde uns das beizubringen. Kein Film macht es besser als Frank Capras 1946er Ist das Leben nicht schön? mit James Stewart (Das Fenster zum Hof, Vertigo) und Donna Reed (Mutter ist die Allerbeste, Dallas). Basierend auf der Kurzgeschichte “The Greatest Gift” (1943) von Philip von Doren hat sich Capras Film zum All-Time-Klassiker der Weihnachtszeit entwickelt, der uns Tränen der Trauer, am Ende aber versöhnliche Freudentränen die Wangen herunter kullern lässt. Jedesmal!

Es beginnt mit kleinen, leuchtenden Engeln am Himmel. Clarence hat noch keine Flügel, will sich diese aber verdienen. Und da gerade sonst niemand zur Verfügung steht, bekommt er die Aufgabe, sich um George Bailey zu kümmern, der kurz davor steht, sich von einer Brücke zu stürzen. Um sich mit der Situation vertraut zu machen, blickt Clarence auf das Leben des inzwischen frustrierten Geschäftsmannes zurück. Es ist ein Leben voller Opfer, verpasster Chancen und schlechtem Timing. Als Clarence endlich einschreiten kann, zeigt der Engel ihm, wie ein Leben ohne George Bailey ausgesehen hätte um ihn davon zu überzeugen, dass sein Dasein durchaus einen Sinn gemacht hat und weiterhin machen wird.

Es gibt reichlich Filme, wo irgendjemand von der Brücke oder von einem Hochhaus springen möchte. Diese Filme versuchen uns immer zu erklären, wie es soweit kommen konnte, in den seltensten Fällen ist es wirklich nachvollziehbar. Eine verlorene Liebe. Ja, okay, aber kein Weltuntergang. Ein vermasseltes Geschäft, das jemanden in den Bankrott treibt. Nunja, sicherlich nicht schön, aber auch kein Grund gleich alles hinzuschmeißen. Nun mag das vereinfacht und wenig sentimental gegenüber den gebeutelten Protagonisten solcher Filme klingen, aber wer einmal auf das filmische Leben des George Bailey geschaut hat, der weiß, wie ein Leben wirklich strapaziös sein kann.

Ist das Leben nicht schön?

Noch ist George Bailey (James Stewart) gut aufgelegt.

Ist das Leben nicht schön? nimmt sich ausreichend Zeit um uns so richtig mitleiden zu lassen. Wir lernen Bailey als kleinen Bub kennen und nehmen so auch gleich noch Anteil an seinen Kindertagen. An irgendeinem Punkt im Film, sind wir voll und ganz an ihn gebunden, da wir ihn schon ein ganzes Leben zu kennen glauben. Hinzu kommt das Schauspiel von James Stewart, der vom sympathischen Träumer zum depressiven Aufgeber wird. Man möchte ihn nehmen und wieder glücklich pflegen.

George Bailey muss einen Traum nach dem anderen aufgeben, obwohl er durchaus in der Lage wäre, jeden seiner Träume zu realisieren. Sie werden ihm ganz dicht vor die Nase gehalten, nur um sie dann wieder wegzunehmen. Immer lässt er anderen Menschen den Vortritt, kümmert sich um seine Mitmenschen, stellt sein eigenes Leben zurück, um durch seine immense Gutmütigkeit den persönlichen Niedergang zu befeuern.

Es ist zermürbend, Bailey am Ende weinend und gebrochen am Weihnachtsabend zu sehen. Dann denken wir zurück an dem aufgeweckten kleinen Jungen mit all seinen Träumen, die er ja hätte verwirklichen können. Aber hier ist er nun, so viele Jahre später. Er blickt zurück auf all die falschen Abzweigungen, die er genommen hat. Diese Entscheidungen, die er getroffen hat, die wir alle miterlebt haben. Ebenso wie Engel Clarence haben wir sein Leben beobachtet. Clarence ist natürlich unser Auge auf die Figur. Die Frage, die der Engel am Ende stellt, bringt allerdings den gesamten Film in eine neue Perspektive: Waren denn all diese Entscheidungen so falsch?

Ist das Leben nicht schön?

George Bailey (James Stewart) am Ende.

Das macht Ist das Leben nicht schön? so wunderbar. Am Ende erlebt man den Film noch einmal mit ganz anderen Augen. Schaut man ihn sich gar ein zweites Mal an (und Liebhaber werden ihn schon öfters gesehen haben), kann man ihn von Beginn an mit dieser anderen Sichtweise genießen. Beim ersten Mal mag ein “Fröhliches Weihnachten” während des Films noch überaus unpassend und zynisch klingen, denn George Bailey läuft geradewegs auf ein überaus unfröhliches Weihnachten hinzu. Das Ende lässt aber all die Sorgen von ihm und auch uns abfallen, gewährt gar die ultimative “Fröhliche Weihnachten”-Story, die uns Freudentränen weinen lässt, vor lauter gemeinschaftlicher Nächstenliebe. Und ja, George Bailey hat dieses Ende gänzlich verdient.

Ist das Leben nicht schön? erinnert ansatzweise an die Weihnachtsgeschichte nach Charles Dickens. Wo diese dem griesgrämigen Ebenezer Scrooge drei Geister schickt, um ihn seine Weihnacht’ der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu zeigen und damit einen Sinneswandel hervorruft, ist es in Frank Capras Film eben ein Leben ohne den Protagonisten. Jedesmal steht aber der Umgang und Einfluss auf andere Menschen im Mittelpunkt. George Bailey verhält sich Gutmütig, wodurch er den Menschen fehlen würde, wäre er nicht mehr da. Ebenezer Scrooge erfährt, wie entbehrlich er doch wäre, wodurch er sein Handeln noch einmal überdenkt.

Ist das Leben nicht schön? und die Weihnachtsgeschichte (persönlicher Favorit: Bill Murray in Die Geister die ich rief, klassischer allerdings der 1951er Film mit Alastair Sim) geben ein wunderbares Double Feature ab.


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