Wenn die Farbe fehlt, muss es nicht automatisch alt sein. Regisseur Noah Baumbach (Greenberg, Mistress America) hat sich in 2012 dazu entschieden, seinen Großstadt-Film Frances Ha durch die Schwarz/Weiß-Limitierung klein zu halten. Mit Greta Gerwig in der Hauptrolle, unterstützt durch Adam Driver (Star Wars: Das Erwachen der Macht, Paterson) und Grace Gummer (American Horror Story, Good Girls Revolt), setzt er so den Fokus auf seine Hauptdarstellerin, die durch New York irrt, ohne dass wir als Zuschauer durch die farbenfrohen Wirrungen der Stadt abgelenkt werden würden.
Frances (Gerwig) jagd ihren Träumen nach, was sich allerdings als schwer und deprimierend herausstellt. Sie verliert ihren Job und muss aufgrund chronischen Geldmangels ständig ihre Apartments wechseln. Von der hübschen Wohnung mit der besten Freundin (Mickey Sumner) zur Hipster-WG bis zur Absteige hinab. Frances ist ständig auf der Suche nach ihrem Leben: nach einem Ort wo sie wohnen kann, nach sich selbst, nach ihrem Platz in der Welt, im Großstadtdschungel, in dem sie sich nicht davon abbringen lassen möchte, zu träumen.
Greta Gerwig in „Frances Ha“
Es ist vor allem das Lebensgefühl, das hier großartig eingefangen wird. Die junge Mid-30er Dame, die nicht so recht weiß wo ihr Weg hinführen soll, die aber auch konsequent an ihren Träumen und Lebensvorstellungen festhält. Sie ist fern einer Welt, in der eine Generation nach dem Schulabschluss in die Arbeitswelt gerutscht und dort verblieben ist. Frances ist diese Herumtreiberin, die sich verwirklichen möchte, die ihre Bestimmung sucht ohne sie vermutlich jemals wirklich zu finden.
Frances kommt in der Großstadt solange klar, wie sie ihre beste Freundin an ihrer Seite weiß. Vielleicht blenden sie die Realität auch einfach gemeinsam aus. Freundschaft, bei der das Leben so genommen wird, wie es eben kommt, bei der man in den Tag hinein lebt und keine großen Pläne entwickelt. Dann macht die Freundin aber einen Schritt in Richtung Erwachsen-werden und lässt Frances damit haltlos zurück. Sie klammert sich an das unbeschwerte Lebensgefühl und beginnt in der realen Welt zu schwanken. Das wird von Greta Gerwig so nachvollziehbar gespielt, dass sie ihre Frances unfassbar modern-realitätsnah erscheinen lässt, als hätten wir es mit einer wirklichen Person zu tun.
Frances im Großstadt-Getümmel
Natürlich spielt hier auch Baumbachs Entscheidung eine Rolle, Frances Ha farblos erscheinen zu lassen. Er nimmt der Großstadt ihren Glanz, wodurch Frances selbst viel mehr ihren Charme entfalten kann. Amüsant wird es, wenn sie einen kurzen Aufenthalt in Paris absolviert. Diese alte, europäische Welt erscheint in schwarzweiß auf einmal viel romantischer, als es bei New York der Fall wäre. Als sei die Stadt der Liebe für den Farbentzug geschaffen. New York wiederum bekommt durch dieses Stilmittel einen down-to-earth Charakter verliehen. Fast schon möchte man poetisch werden und die Stadt mit Frances auf eine Ebene stellen, als handele es sich bei den beiden um ein Liebespaar, das einfach nicht miteinander klar kommt, aber doch einander festhält.
Greta Gerwig hat sich vor allem mit ihrer Rolle in Frances Ha als Verkörperung eines modernen, weiblichen Woody Allens etabliert, die aber als Großstadt-Neurotikerin mehr mit sich selbst und dem Leben beschäftigt ist, als mit dem anderen Geschlecht. Ob sie dies nun in To Rome With Love (ja, von Woody Allen), in Lola gegen den Rest der Welt, Maggies Plan oder Mistress America, ihre Rollen mögen immer sehr nahe beieinander liegen,aber in einer Welt voller Hollywood-Stereotype ist sie eine der realsten Figuren, die wir derzeit in den Filmwelten erleben dürfen.