Feist: Was sie will

Feist: Was sie willFeist
Circus Krone, München, 2. August 2017
Manche Dinge erledigen sich ganz von selbst. Als der so allmächtige wie unheimliche Konzern Apple vor zehn Jahren seinen niegelnagelneuen iPod Nano in einem TV-Spot anpries, spendierte Leslie Feist dafür den Song „1 2 3 4“ – gerade war ihr bislang kommerziellstes Album „Reminder“ erschienen, auch sie wollte also etwas verkaufen. Was die Künstlerin etwas Angstschweiß und ein paar schlaflose Nächste kostete, fand nicht jeder ihrer Anhänger uneingeschränkt super. Gerade hat nun Apple nach nur einer Dekade die kleinen, bunten Dinger schon wieder vom Markt genommen, braucht offenbar in Zeiten, da mit einem Griff in die Datenwolke alles für alle verfügbar ist, kein Mensch mehr. Den Hörern gereicht es zum Trost: The Song remains the same. Gesungen hat sie das Stück ganz am Ende ihres fabelhaften Konzerts natürlich trotzdem, auch wenn es in der halbakustischen Fassung mit dem Original nur noch erstaunlich wenig zu tun hatte.
Die Hersteller blankpolierter Unterhaltungsgeräte täten sich heute weitaus schwerer, im Oevre der Künstlerin ein Stück zu finden, mit dem sich der Verkauf hübsch gestylter Produkte ankurbeln ließe. Was wiederum manchen Fan vorab zur bangen Frage brachte, welche Feist denn wohl im ausverkauften Zirkusrund zu hören sein würde. Eher die mit den düsteren Folksongs der frühen Tage, oder vielleicht doch mehrheitlich die poppigen Mitwipp-Nummern, über die nicht wenige erst den Zugang zur Musik der Kanadierin fanden? Oder würde sich der Vortrag vielmehr auf die beiden letzten Alben beschränken, die in ihrer Vielgestaltigkeit und Experimentierfreude eben auch manchmal etwas unzugänglicher, weil weniger glatt erschienen? Nun, Leslie Feist eilt in Sachen Liveauftritte ein erstklassiger Ruf voraus und weil die Künstlerin auch sonst keine Scheu hat, ihren Stiefel durchzuziehen (schließlich arbeitete sie schon mit so verschiedenen Acts wie Peaches, den Kings Of Convenience, Mastodon und natürlich Broken Social Scene), war auch an diesem Abend mit Eigenwilligem zu rechnen.
Und das bestand eben darin, vor den Best-Of-Part eine Komplettaufführung ihrer neuen Platte „Pleasure“ zu setzen. Gerade weil diese weit mehr Ecken und Kanten aufweist als besagtes „Reminder“ – von zart bis verzerrt, von Folk über Blues bis Rock ist so ziemlich alles dabei – bietet der Vortrag an solch einem Abend, wo man dem Werk ganz ohne Ablenkung „ausgeliefert“ ist, einen speziellen Reiz. Was auf der Platte manchmal noch etwas ungelenk oder gewöhnungsbedürftig daherkommt, macht bei dieser Performance Sinn, die Band läßt das Album, begleitet von einer sparsamen, aber sehr wirkungsvollen Lightshow, wortwörtlich in neuem Licht erscheinen. Der analoge, organische Sound versieht sowohl die leisen („Lost Dreams“, „Baby Be Simple“) wie auch die lauteren Arrangements („Pleasure“, „Century“) mit der nötigen Tiefe und Energie. Und Leslie Feist, die das sanfte Wispern ebenso beherrscht wie die stimmgewaltige Geste, ist spürbar bei der Sache.
Den größten Applaus erntet sie jedoch erwartungsgemäß im letzten Drittel, wenn der Wiedererkennungseffekt mit Hits wie „My Moon, My Man“, der wunderbaren Nina-Simone-Hommage „Sea Lion Woman“ oder „Mushaboom“ deutlich steigt. Das ist dann auch der Teil des Abends, der das begeisterte Publikum endlich von den Stühlen reißt, auf die es zuvor vom Veranstalter genötigt worden war. Eine Besonderheit, die auch Feist offenbar nicht so recht nachzuvollziehen vermochte – froh, nunmehr eine entspannt tanzende Kundschaft vor sich zu haben, dirigierte sie diese mit spontanen Textvariationen und launigen Ansagen durch den Rest des Programms. Und natürlich fiel einem, eingedenk des erwähnten Werbejingles, auch das Herzstück von „Pleasure“ wieder ein: „A Man Is Not A Song“. Denn bei aller Distanz, die Feist hier jedem Künstler und jeder Künstlerin, also auch sich selbst, zu seiner/ihrer Arbeit gern einräumen möchte – am Ende ist sie doch den meisten Menschen durch eben diese Stücke am nächsten. Schön, wenn es wie bei ihr so viele verschiedene sind.

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