Fatemeh Karroubi: „Sie lassen uns von bezahlten Schlägern terrorisieren“

01.09.2010Artikel zu Iran Politik & Gesellschaft erstellt von Fereshte Ghazi, rooz online, Übersetzung Julia

In einem Interview mit Rooz Online bekräftigte Fatemeh Karroubi, dass ihr Ehemann Mehdi Karroubi sich auch durch Belagerungen seines Hauses und Beschimpfungen sich nicht davon abhalten lassen werde, sich für die Rechte der iranischen Bevölkerung einzusetzen. Fereshte Ghazi von Rooz Online nahm erstmals gegen 23 Uhr Ortszeit mit Frau Karroubi Kontakt auf; zu dieser Zeit war das Haus der Karroubis noch von Basijis und Agenten in Zivil umstellt.

Fatemeh Karroubi: „Sie lassen uns von bezahlten Schlägern terrorisieren“

Haus der Karoubis von zivil gekleideten Agenten beschmiert

Frau Karroubi zufolge war die organisierte Menge vor ihrem Haus mit Tränengas, Schlagstöcken und Waffen ausgerüstet. Die Polizei war zwar anwesend, verfolgten die Vorkommnisse jedoch lediglich als Zuschauer. Während des Interviews hörte Fereshteh Ghazi im Hintergrund Parolen wie „Karroubi ist Analphabet und eine Marionette des Mossad“ und „Selbst die Armee der ganzen Welt kann uns nicht standhalten“.

Während des Tumults hielt sich Karroubi seiner Frau zufolge in seinem Zimmer auf, meditierte und las im Koran. Als Fereshteh Ghazi eine Stunde später nochmals Kontakt aufnahm, hatte sich die Menge zerstreut, allerdings nicht ohne anzukündigen, dass sie am Freitag Morgen wiederkommen werde.

Fatemeh Karroubi: „Wir haben uns in Gottes Hände begeben. Wir sitzen hier mit einem reinen Gewissen, meditieren, lesen im Koran. Auch Herr Karroubi ist in seinem Zimmer und meditiert und liest im Koran. Trotzdem sind wir wirklich erschüttert darüber, dass das Regime sich darauf beschränkt hat, auf so eine Weise zu regieren, und dass sie beschlossen haben, den Familien und Nachbarn in unserer Gegend in diesen Nächten des Ramadan so viel Stress und Angst zuzumuten. Sie kamen mit Tränengas, Schlagstöcken und Waffen. Natürlich haben unsere Nachbarn Angst und machen sich Sorgen, dass es zu einem Angriff kommen könnte.“

„Wir machen uns Sorgen um die Grundfesten, auf denen dieses Regime errichtet wurde, und um die Rechte der Menschen. Wir sind besorgt darüber, dass sich das Regime auf diese Ebene herabbegeben hat und Leute mit einer Blankovollmacht für Verwüstungen und Willkür in bestimmten Stadtteilen herumlaufen lässt, während die Polizei nur zuschaut. Sie fahren mit Autos und Motorrädern vor, machen, was sie wollen, und werden von den Sicherheitskräften geschützt.“

Mehdi Karroubi wird an der Demonstration zum Quds-Tag teilnehmen

Auf die Frage, ob diese jüngsten Vorkommnisse mit der Ankündigung Karroubis zusammenhängen, er werde an der Quds-Demonstration teilnehmen, antwortete Frau Karroubi: „Sie verbreiten lächerliche Lügen. Sie sagen zum Beispiel, dass Karroubi die Gebete zum Eid Fitr (Feiertag am Ende des Ramadan) leiten wird, oder dass er die Quds-Gebete leiten will. Dabei hat Herr Karroubi klar gesagt, dass er an der Quds-Demonstration teilnehmen wird. Der Quds-Tag findet im Angedenken an Imam Khomeini statt, und Herr Karroubi wird teilnehmen. Jagt ihnen diese Entscheidung so viel Angst und Schrecken ein, dass sie uns mit einem derart großen Aufgebot beleidigen und bedrohen müssen? Mir war nicht klar, dass sie so pietätlos sind. Wie auch immer – solche Taktiken haben keinerlei Einfluss auf Karroubis Entscheidung.“

Es war nicht das erste Mal, dass das Haus Mehdi Karroubis von Zivilagenten angegriffen wurde. Mehrfach war es vor seinem Haus zu solchen Vorkommnissen gekommen, und einmal war sein Haus mit roter Farbe beschmiert und mit Graffiti und Beleidigungen verunstaltet worden.

Möge Gott ihren Untergebenen Weisheit geben

Frau Karroubi vermutet, dass diese Zwischenfälle organisiert sind. „Ich hoffe, dass Gott ihnen und ihren Untergebenen, die diese Leute in unser Viertel schicken, Weisheit gibt. So löst man keine Probleme. Wenn sie Herrn Karroubi etwas zu sagen haben, sollen sie es auf legalem Weg tun, logisch und rational. Da sie aber nichts zu sagen haben, führen sie sich stattdessen so auf, kommen zu unserem Haus, um uns zu verleumden und zu bedrohen. Mit Obszönitäten, Beleidigungen und Verunglimpfungen kommen sie zur Pilgerreise von Ashura. Das ist der Gipfel unreligiösen Verhaltens. Kann man der Religion mehr Schaden zufügen als mit Unflätigkeiten und Beleidigungen nach Ashura?“

Frau Karroubi, die ehemalige Parlamentsabgeordnete, fährt fort: „Herrn Karroubis Verbrechen besteht darin, dass er die Kühnheit besaß zu sagen, dass es in den Gefängnissen Vergewaltigungen und Folter gibt und die Regierung dies umgehend stoppen müsse. Gott sei Dank haben sie verstanden, dass sie diesem inakzeptablen und unmenschlichen Verhalten Einhalt gebieten müssen, und darum haben sie endlich die Gräuel von Kahrizak eingestanden. Das ist alles, was Herr Karroubi verbrochen hat. Wir stehen zu ihm, und all diese Manöver beeinflussen uns nicht. Sie haben ohne jeden Beweis zu den übelsten und hässlichsten Anschuldigungen gegriffen. Selbst der Informationsminister sprach davon, dass aus dem Ausland und von den USA Millionen [an die Führer der Grünen Bewegung, d. Übers.] geflossen sind. Alles, was wir darauf erwidern, ist, dass diese Worte nichts bedeuten, solange sie nicht mit Beweisen untermauert werden. Legen Sie dem iranischen Volk Ihre Beweise vor, wenn sie nachweisen können, dass irgendjemand irgendetwas bekommen hat.“

Abschließend sagte Frau Karroubi: „Sie haben vergessen, dass wir seit 51 Jahren in Shemran leben und das zwei meiner Kinder hier geboren wurden. Wir leben jetzt in einer kleinen, aber gemütlichen Wohnung in demselben Viertel. Sie beleidigen und verleumden uns weiter, ohne jede Logik, während des Ramadan, während der Ahya-Nächte und der Nächte der Trauer. Diese Manöver, Drohungen und Beleidigungen haben keine Auswirkungen auf Herrn Karroubis Entschluss, sich auch weiterhin für die Rechte der Menschen einzusetzen. Meine Kinder und ich stehen weiter zu ihm. Wir sind auf alles vorbereitet.“

Übersetzung aus dem Englischen.
Quelle: Green Translations am 31. August 2010
Auf Persisch erschienen bei Rooz Online am 31. August 2010
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