Fasten in der Klosterküche – Kürbisgratin nach Hildegard von Bingen

Fasten – sich auf das Wesentliche zurückbesinnen

Das Fasten, das heißt der bewusste Verzicht auf Nahrung, wird in allen großen Weltreligionen praktiziert, wenn auch mit unterschiedlichem kulturellen und soziologischen Anspruch.

Moses verbrachte 40 Tage ohne Essen und Trinken auf dem Berg Sinai, Jesus Christus harrte den gleichen Zeitraum fastend und betend in der Wüste aus. Ab dem dritten Jahrhundert wurde von Gläubigen das sogenannte „Osterfasten“ praktiziert, bei dem sie sich zuerst für zwei, dann für sechs Tage in Abstinenz übten. Im vierten Jahrhundert wurde das Fasten auf insgesamt vierzig Tage verlängert und wird heute, im modernen Christentum, von Aschermittwoch bis Ostern praktiziert.

Kloster Eberbach

Kloster Eberbach

Zusätzlich zur als Bußzeit verstandenen Fastenzeit vor dem Osterfest wird in den katholischen Ordensgemeinschaften noch am Mittwoch (der Tag, an dem Jesus Christus gefangengenommen wurde) und am Freitag (der Tag der Kreuzigung) gefastet. In manchen Klöstern kommt noch der Montag oder Samstag hinzu. Das in den Orden praktizierte vierzigtägige Fasten ist allerdings nicht als strenges Heilfasten im medizinischen Sinne zu verstehen. Beim klösterlichen Fasten wird nicht auf alle feste Nahrung, sondern vor allem auf Fleisch von vierfüßigen Tieren und Wein verzichtet. Außerdem wird die Menge an Nahrung, die aufgenommen wird, reduziert. Jedes Ordensmitglied darf zudem für sich persönlich entscheiden, bei welchen Genussmitteln oder welchen anderen persönlichen Vorlieben in der Zeit der Askese Enthaltung geübt wird.

Die Fastenzeit gilt als Zeit der Neuorientierung, der Rückbesinnung auf die wahren Werte, die direkte Annäherung an Gott. Außerdem soll der Unterschied zwischen Feiern und Fasten, zwischen Verzicht und Genuss erlebt werden, damit nach der Fastenzeit die Nahrung an sich, „unser tägliches Brot“ wieder als etwas Wertvolles und nicht als etwas Selbstverständliches erlebt wird.

Traditionelle Fastenspeisen der Klosterküche

Im Laufe der Jahrhunderte haben sich sogenannte Fastenspeisen entwickelt, die traditionell in der fleischlosen Zeit serviert werden. Dazu gehören:

  1. Suppen und Eintöpfe, vor allem aus Gemüse und Hülsenfrüchten, die mit einer Kartoffel- oder Getreideeinlage versehen sind.
  2. Getreidegerichte aus Hirse, Dinkel, Weizen, Roggen, Hafer, Gerste, Mais. Neben Brot auch sättigende herzhafte wie auch süße Breie und Grützen.
  3. Kartoffelgerichte
  4. Gerichte mit Knödeln und Nudeln
  5. Gemüsegerichte
  6. Süßspeisen wie Schmarren oder Puddings, jedoch in Maßen.

Aus der Ernährungslehre der Hildegard von Bingen

Ein Gemüsegericht, das gern zur Fastenzeit oder an den Fastentagen serviert wird, ist ein leichter Kürbisgratin. Da ich gestern bei meiner Gemüsefrau entdeckt habe, dass es noch Hokkaidokürbis gibt, möchte ich Ihnen ein Rezept nach der Ernährungslehre Hildegard von Bingens vorstellen. Darin werden natürlich das “Urkorn”, der Dinkel, sowie die typischen Gewürze nach Hildegard von Bingen wie Bertramwurzel, Galgant und Quendel verwendet.

Die Spezialgewürze der Hildegard von Bingen kann man z. B. in Klosterläden, in Naturkostläden, in gut sortierten Reformhäusern sowie, wenn man Glück hat, auf einigen Märkten kaufen.

Kürbisgratin aus der traditionellen Klosterküche - Fastenspeisen

Kürbisgratin nach Hildegard von Bingen

1 Hokkaidokürbis (gut 1 kg)
1 Zwiebel
1 – 2 Knoblauchzehen
2 – 3 EL Butter oder Sonnenblumenöl
1 TL gemahlene Bertramwurzel
5 MSP gemahlener Galgant
2 – 3 MSP gemahlene Muskatnuss
1 ½ EL Dinkelmehl (Type 630)
5 EL saure Sahne
2 EL fein gehackte krause Petersilie
1 EL fein gehackter Quendel oder Thymian
Meersalz
frisch gemahlener weißer Pfeffer
Butter oder Öl für die Auflaufform
80 g geriebener Emmentaler
60 g geriebener (Ziegen-) Butterkäse
 
Den (ungeschälten) Kürbis entkernen und das Kürbisfleisch mittelfein würfeln.
Die Zwiebel und den Knoblauch fein hacken und in der heißen Butter anschwitzen.
Das Kürbisfleisch hinzufügen und ebenfalls kurz anschwitzen.
Bertramwurzel, Galgant und Muskatnuss unterrühren.
Den Kürbis 12 – 15 Minuten schmoren, bis er bissfest gegart ist.
Das Mehl, die saure Sahne, Petersilie und Quendel unterrühren und alles nochmals 2 – 3 Minuten schmoren.
Das Kürbisgemüse mit Salz und Pfeffer abschmecken und in eine gut gefettete Auflaufform geben.
Mit dem Käse überstreuen und im Backofen bei 200 °C in etwa 20 Minuten fertig backen.
 

Viel Spaß beim Nachkochen und guten Appetit wünscht Ihnen

Ihre Heike Kügler-Anger

 

P.S.: Mehr Rezepte aus der vegetarischen Klosterküche finden Sie hier:

 

 


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