Exklusion


Exklusion – Arm und obdachlos in den USA

Obdachlos in den USA – Exklusion hunderttausender Menschen der Unter- und Mittelschicht

Exklusion, das bedeutet Ausschluss - aber auch Ausgrenzung. Von der amerikanischen Gesellschaft werden immer mehr Menschen “exkludiert”. Für sie ist kein Geld übrig, keine Arbeit, keine Wohnung.

Im Januar dieses Jahres seien 633.782 Menschen Obdachlos gewesen, teilte das  US-Ministerium für Bauwesen und Stadtentwicklung Anfang Dezember mit. Die Dunkelziffer darf man aufgrund nicht erfasster Personen und Illegaler getrost erheblich höher ansetzen. Gegenüber dem Vorjahr ist nur ein geringer Rückgang der offiziellen Zahlen um etwa 0,4% zu verzeichnen und das trotz eines deutlichen Wirtschaftswachstums. (1) In New York ist die Situation besonders gravierend. 14 Prozent der amerikanischen Obdachlosen leben in der US-Metropole. Obwohl die Stadt verpflichtet ist, jedem Bürger, der das wünscht eine Unterkunft bereitzustellen, ist bei weitem nicht genug Platz in den Quartieren. 46.000 versuchen täglich dort einen Schlafplatz zu erhalten. Pattrick Markee vom Bündnis für Obdachlose sagt: “Es ist schlimmer als zur Zeit der großen Depression in den 30ger Jahren”. Schuld an dem Problem sei unter anderem die Streichung eines Unterstützungsprogrammes für Bedürftige. So können sich viele trotz eines Jobs die horrenden Mieten nicht leisten.
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Obdachlos mit Jura-Studium

Unter Obamas erster Amtszeit sei alles gekürzt worden: Sozialleistungen, Obdachlosenprojekte, Minijob-Programme, Kindergelder und nicht zuletzt spezielle Angebote für Frauen: „Er hat die staatlich subventionierte Pille abgeschafft, so dass wir noch mehr obdachlose Babys gebären.“, sagt die 30-jährige Afroamerikanerin Porsha Kirs gegenüber der FR-Online. (2)

Obdachlos trotz Vollzeit-Stelle

Wie kann jemand, der einer Arbeit nachgeht nicht genügend Geld für eine Wohnung haben? In den USA ist man leicht in dieser Falle. Wer von Arbeitslosigkeit betroffen ist, für den wird es bald eng. Es gibt zwar so etwas wie eine Arbeitslosenversicherung, doch die muss man sich völlig anders vorstellen als in Deutschland: Die “Unemployment Insurance” wurde 1935 durch Präsident Roosevelt eingeführt. (Social Security Act) Praktisch wird diese hauptsächlich durch die Arbeitgeber finanziert. Es gibt in den US-Bundesstaaten recht unterschiedliche Regelungen dieser Bundes-Rahmenbestimmungen mit unterschiedlichen Leistungen. Teilzeitkräfte erhalten oft überhaupt keine Unterstützung. Arbeitslose mit ehemals regulärem Vollzeitjob erhalten nur dann Zahlungen, wenn der Jobverlust “unverschuldet” eintrat z.B. durch Entlassungen aus wirtschaftlichen Gründen und der Arbeitslose Arbeitswilligkeit und Arbeitssuche nachweist. (Die Bundesstaaten legen jeweils fest, was als “unverschuldet” gilt) “Die meisten Bundesstaaten zahlen Leistungen bis zu 26 Wochen. In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit gibt es die Möglichkeit über die 26 Wochen hinaus, Leistungen zu beziehen (im Schnitt bis zu 13 zusätzliche Wochen).” (3)

Kredit-Karten und Schuldenfalle

So leben viele Familien, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, nach Ablauf der kurzen Zeit der Unterstützung auf Pump, nutzen die Spielräume ihrer Kreditkarten aus und versetzen alles, was zu Geld zu machen ist. Irgendwann ist dann Schluss. Selbst wenn nach einiger Zeit wieder ein Job aufgenommen werden kann, macht das Abstottern der angehäuften Schulden eine Rückkehr ins vorherige geregelte Leben mit Haus und Auto schwer bis unmöglich. Familien zerbrechen in diesen Zeiten, tausende Jugendliche leben ohne ihre Eltern auf der Straße. Die Flucht in Suchtmittel und Verwahrlosung sind nicht selten die Folgeerscheinungen.

Es sind mehr als 15 Prozent der Menschen in den USA, die heute offiziell als arm gelten. Und fast die Hälfte dieser “Armen” hat einen Job. “Die Tendenz ist steigend, ebenso wie die Zahl der Obdachlosen.” (4)

Zelt-Städte – etwas Linderung

Die Zelt-Stadt “Pinellas Hope” ist ein Projekt, das im Jahr 2007 gestartet wurde. “Eine Wegstation der Hoffnung” für die Obdachlosen will die katholische Wohltätigkeits-Initiative sein. Sie lebt von Spenden und öffentlichen Mitteln in Höhe von 1 Mio. Dollar pro Jahr. (5) Die Aufnahme-Kapazität liegt bei 300 Menschen und ca. 800 durchlaufen die Zeltstadt pro Jahr. Es gibt klare Regeln, Sozialarbeiter, medizinische Versorgung, Telefon und striktes Alkohohol- und Drogenverbot. Manche leben auch länger dort und nutzen die Zeltstadt als “Sprungbrett”, andere verschwinden eines Tages und sind wieder auf der Straße.
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Vertreibung durch Kriminalisierung

Zeltstädte entstehen auch anderswo, nicht immer von Wohltätigkeitsorganistationen organisiert, sondern aus der Not geboren im ganzen Land verteilt. Klamme Kommunen in den USA haben ihre Probleme damit, wollen sich der Problematik entledigen und greifen in die Trickkiste:
Nämlich durch eine Verschärfung der Gesetze, die das Leben im öffentlichen Raum regeln. Viele städtische Einwohner bekommen davon noch nicht einmal etwas mit, dass Rauchen in der Öffentlichkeit und in Parkanlagen oder das Abstellen von Fahrrädern an Bäumen nun Strafzahlungen nach sich ziehen.” (6)
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Exklusion – Arm und obdachlos in den USA

APEC – NO ALOHA auf Hawai. “Arbeitsvermittlung und Rehabilitation bringen eine bessere Rendite für die Gemeinschaft” als die Kriminalisierung von Hauslosen.

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Die mangels finanzieller Mittel nicht bezahlen Strafbefehle wachsen auf dem Papierweg durch Anwalts- und Gerichtskosten bald zu so horrenden Summen an, dass den davon betroffenen Obdachlosen nur noch die Flucht bleibt. So entsteht ein erzwungenes Nomadentum, mit aus dem Wohlstand und Konsumleben gekippten, kriminalisierten Menschen. Dies findet quer durch alle Bundesstaaten bis nach Hawai, Honolulu statt. Die Occupy-Bewegung kritisiert diskriminierende Gesetze: Manche städtische Verordnungen, die den “Hauslosen” die Benutzung öffentlichen Raums wie Bürgersteige untersagen (Bill 39 und Bill54) seien verfassungswidrig und man klagt dagegen: “Die Priorisierung von Programmen wie Arbeitsvermittlung, Rehabilitation und Wohnungsvermittlung werden insbesondere eine bessere Rendite in ihrem Wert sowohl für die Gemeinschaft alsauch für die Tausenden von “Hauslosen” auf der Insel bringen”, sagt Kläger Christopher Nova Smith und wünscht sich Alternativen zur Restriktion und Verdrängung des Problems. (7)

Die Signale der APEC-Konferenz und des TPP-Vertrags

Die APEC-Konferenz (Asiatisch-pazifische wirtschaftliche Zusammenarbeit) auf Hawai schien im Anbetracht der drängenden eigenen Probleme mit Armut und Obdachlosigkeit mehr als unpassend. Ein geplantes Abkommen (TPP-Vertrag) sieht den weiteren Abbau von Handelsbarrieren vor und sowie eine Öffnung für Dienstleistungen und Investitionen. Die teilnehmenden Staaten verpflichten sich zu weniger Regulierung. (8)
Ein früheres nordamerikanisches Freihandels-Abkommen namens “NAFTA” zwischen den USA, Kanada und Mexiko hatte seinerzeit eine ganze Region und mit ihr die Ureinwohner und Maya- Nachfahren Süd-Mexikos ihrer Existenzgrundlage, dem Kaffee-Anbau beraubt. Der mexikanische Markt wurde bei Inkrafttreten mit billig produziertem Kaffe überschwemmt. Es kam zu den “Zapatistischen Aufständen” und darauffolgend zu einem niederschwelligen Krieg, der bis heute andauert. (Lesen Sie dazu auch: Vom Aufbegehren der indigenen Völker im Süden Mexikos)
So sind weitere Deregulierungs-Signale der amerikanischen Regierung in Form von Freihandelszonen kein positives Signal für viele Kritiker der Marktliberalisierung. Sie sehen darin eine weitere Entmündigung der Menschen, eine weitere Verschärfung von Armut und Obdachlosigkeit, da vielerorts die natürlichen Erwerbsmöglichkeiten mangels Rentabilität verschwinden werden, zugunsten von Großunternehmen und Konzernen und damit der Konzentration von wirtschaftlicher und politischer Macht in privaten Händen.

Beschämend: 67.500 ehemalige US-Sodaten obdachlos

Die Obdachlosigkeit unter den heimkehrenden, aus dem Armeedienst ausscheidenden Soldaten ist besonders dramatisch. Auch wenn die Zahl durch staatliche Bemühungen etwas rückläufig ist, so ist die Zahl der aufgrund von körperlichen Handycaps arbeitsunfähigen, oder mit posttraumatischen Belastungsstörungen Zurückgekommenen sehr hoch.
Viele gingen bereits deswegen zum Militär, weil es ansonsten kaum alternative Arbeitsmöglichkeiten gab. Die Wiedereingliederung in das zivile Arbeitsleben gelingt häufig nicht. Kein Geld, keine Arbeit, kein Dach über dem Kopf. “Veteranen sind im Vergleich zu Zivilisten doppelt so stark gefährdet, in die Langzeitarbeitslosigkeit zu rutschen. Etwa 150.000 Veteranen haben im vergangenen Jahr mindestens eine Nacht in Notunterkünften verbracht.” sagt Eric Shinseki, zuständig für die Angelegenheiten der Veteranen. (9) Er will die Obdachlosigkeit bis 2015 komplett beenden. Mit welchen Maßnahmen, sagte er nicht.

Die “US-Fiskal-Klippe”: 800.000 Stühle im Militärapparat wackeln

Sollten sich Demokraten und Republikaner am heutigen Silvestertag nicht über ihren Haushalt einigen, wird eine automatische drastische Ausgabenreduzierung in Kraft treten. Das wird alle Staats- und Sozialausgaben hart treffen und die USA möglicherweise in eine wirtschaftliche Rezession stürzen. Die Hälfte der Kürzungen würde den Militär-Apparat betreffen. Dort würden alleine 55Mrd. eingespart werden müssen. Nach Angaben der SZ würden dann weitere 800.000 Beschäftigte im Militärbereich, im Bereich des Pentagons,  der Rüstungsindustrie und Zulieferfirmen freigesetzt. (10)

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Lesen Sie auch:

Spanien: Zwangsräumungen
Griechenland: Zwangsversteigert! Obdachlos!

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Quellen – weiterführende Links

Foto1 – “Ein Obdachloser in New York” by C. G. P. Grey, Frei verwendbar unter den Bedingungen der Creative Commons Attribution licence, Quelle
Foto2 – “No Aloha”, www.occupyWallSt.org
Video: “14 Prozent aller US-Obdachlosen leben in New York”, youtube.com – uploader dapdvideo
Video: “Pinellas Hope”, youtube.com – uploader Rick Carlson

(1) Mehr als 600.000 Obdachlose in den USA, Evangelisch.de
(2) Mein Leben ist in dieser Tonne: FR-Online
(3) aus USA-Rundbrief
(4) Stern.de “Arbeitslos trotz Fulltime-Job”
(5) tempabay.com – Pinella´s hope – Tent City
(6) wirtschaftsfacts.de “Obdachlose kriminalisieren”
(7) occupyWallSt.org – “Longest running…”
(8) Taz.de zum Apec-Gipfel
(9) Deutsche Welle, dw.de Die vergessenen US-Veteranen
(10) Süddeutsche Zeitung: Fiskalklippe, was Amerika droht


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