Europas Kulturhauptstadt 2015: Pilsen – der Weg vom „Urquell“ zum „Kulturquell“

Die Projektvorbereitungen haben begonnen: Das westböhmische Pilsen, kaum eine halbe Autostunde hinter der deutsch-tschechischen Grenze gelegen, will als Europas Kulturhauptstadt 2015 in den nächsten Jahren die Aufmerksamkeit Europas auf sich ziehen. Ideen für das Jahrhundertereignis sollen auch in Bayern gesammelt werden.
Pilsen (ce-press - internet-zeitung) – Ihren Sieg bei der Bewerbung um Europas Kulturhauptstadt 2015 haben die Pilsner gefeiert, wie es sich für eine Biermetropole gehört: mit tausenden Litern Freibier aus Pilsens berühmtester Brauerei, dem „Pilsner Urquell”. Die Euphorie ist bei den Einwohnern der 150.000-Einwohner-Stadt – etwa auf halbem Weg zwischen dem bayerischen Regensburg und der tschechischen Hauptstadt Prag – bis heute erhalten geblieben, versichert Pilsens neuer Oberbürgermeister Martin Baxa. Sechs Monate nachdem die Stadt aus Brüssel den offiziellen Zuschlag erhalten hat, haben die Detail- und Projekt-Vorbereitungen begonnen für das Jahr 2015, in dem Pilsen nach so klangvollen Titelträgern wie Paris, Amsterdam oder Brüssel in die Champions League der europäischen Kulturmetropolen aufsteigen will. Bis zur offiziellen Ernennung Pilsens zu Europas Kulturhauptstadt 2015 durch die Europäische Kommission im Mai dieses Jahres wollen die Verantwortlichen bereits viele Projekte auf den Weg gebracht haben.
Überzeugt hat die viertgrößte Stadt in der Tschechischen Republik den Ministerrat der Europäischen Union nicht nur mit einer Reihe ambitionierter und einzigartiger Kulturprojekte, sondern auch mit der umfassenden Philosophie, die hinter dem Konzept steht: Unter dem Motto „Pilsen, öffne Dich“ wollen die Stadtväter möglichst viele Bewohner der Stadt aktiv einbinden und ihnen Lust auf Kultur, auf Europa und Internationalität machen.
Pilsen hat viel vor: Glänzen will die Biermetropole in vier Jahren unter anderem mit einem neuen Theater, einem integrativen multikulturellen Viertel für Design und Hobby-Künstler sowie einem spektakulären Neubau für die Westböhmische Galerie. „Überhaupt sollen die Themen Architektur, Design und Urbanismus eine zentrale Rolle in der Präsentation Pilsens spielen“, sagt Yvonna Kreuzmannová, die künstlerische Direktorin der öffentlichen Projektgesellschaft Pilsen 2015. Zusätzlich verwandelt sich unter anderem Pilsens bestehende Sportanlage bis 2015 in ein weitläufiges Sport- und Erholungszentrum. Ein neuer großräumiger Freizeitpark schafft mit einem eigenen Skatepark, Hochseilgarten und Kletterwand eine Freizeit- und Kulturoase vor den Toren der Stadt.
„Pilsen 2015 ist ein Projekt ohne Gleichen in der Tschechischen Republik. Wir wollen diese einmalige Chance nutzen, unsere Stadt unser gesamtes Land in Europa und auf der ganzen Welt optimal zu präsentieren“, sagt Kreuzmannová. Auf seinem Weg zur europäischen Kulturhauptstadt setzt Pilsen auf seine lange und reiche Geschichte als Kreuzungspunkt der Kulturen und Tschechiens „Tor nach Westeuropa“. Heute ist Pilsen als Sitz des Koordinierungszentrums für den Deutsch-Tschechischen Jugendaustausch, als Partnerstadt des bayerischen Regensburgs und tschechische Dominante im Rahmen der geplanten deutsch-böhmisch-österreichischen Drei-Länder-Region „Donau-Moldau“ ein wichtiger Anker für die Beziehungen zwischen Deutschland und Tschechien. Das Besondere: Unter der Überschrift „Impuls 2015“ werden auch in Ostbayern Ideen für Pilsens großen Auftritt gesammelt. Auch grenzüberschreitende Aktionen sind geplant.
Pilsens reiches architektorische Erbe lockt jährlich mehrere hunderttausend Besucher in die Stadt: Neben dem höchsten Kirchturm Böhmens bietet die westböhmische Stadt ihren Besuchern zahlreiche inzwischen aufwändig sanierte Jugendstilbauten, einen historischen Stadtkern und die drittgrößte Synagoge der Welt. Kulturell punktet Pilsen schon heute unter anderem mit mehreren Theatern, einer eigenen Philharmonie und zahlreichen Clubs und Festivals für alle Generationen und viele Musikstile.
Die Heimatstadt des Skoda-Konzerns und des weltberühmten Pilsner Bieres hinter dem „Eisernen Vorhang“ hat ihr Gesicht in den vergangenen zwei Jahrzehnten seit der Grenzöffnung gewandelt – hin zu einer modernen, jungen und pulsierenden Universitäts- und Industriemetropole im Herzen Europas. „Pilsen soll nicht nur für Bier und Industrie, sondern auch für Kultur und Weltoffenheit stehen“, sagt auch Milan Svoboda, der das Projekt „Kulturhauptstadt“ leitet. Mehrere Arbeitsgruppen haben ihre Arbeit aufgenommen.
Bereits in diesem Jahr wollen die Pilsner damit beginnen, mit drei großen Einzelprojekten, ihren großen Auftritt 2015 vorzubereiten: Am 9. Mai, dem Europatag, werden bei einem großen Forum mit integriertem Workshop erfahrene Kulturhauptstadt-Experten die Fragen der Pilsner beantworten. Den Juni wollen die Pilsener der 1994 verstorbenen griechischen Filmschauspielerin und Kulturministerin Melina Mercouri widmen, die vor 26 Jahren das Projekt der Europäischen Kulturstädte ins Leben rief. Am 8. September 2011 – ein Jahr nach der offiziellen Kür der westböhmischen Stadt – soll ein „Forum für ein kreatives Pilsen“ die vorhandenen Ideen weiter präzisieren.
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