Präambel: Am Freitag-Abend brachte mich Air Berlin direkt von Stuttgart überpünktlich in 1:20 h nach Olbia. Nachdem ich alles Gepäck gerade so in den nagelneuen Fiat Panda (4 km auf der Uhr!) verladen hatte und auf dem Weg im gerade schließenden Supermercato die grundlegenden Dinge einkaufen konnte, ging es direttissima in mein Hotel Gli Ontani. Das passte alles. Auspacken, schlafen.
Am Samstag nach dem Frühstück gleich mal an den Strand um die Lage zu checken. Nachdem ich das Wechselzonen-Areal geprüft hatte ging es gleich mal auf Recon-Tour mit dem Bike. Als ich gerade zurück bin, treffe ich Noble Braun und Carsten Eggeling. Er überredet mich dazu, noch eine weitere Runde auf dem 15 km-Kurs mit ihm zu fahren, was zwar für die Beine suboptimal (insbesondere nach dem Ligarennen vom Donnerstag), aber für die Streckenkenntnis prima war.
Danach gehen wir gleich mal mit dem Neo ins Meer, bevor uns ein heftiges Wetter vertreibt. Der Regen ist so heftig, dass die Straßen völlig überspült werden und wir uns direkt in den Hotels verkriechen. Als der Regen nachlässt, hole ich meine Rennsachen im Rennhotel und präpariere mein Rad und die restliche Wettkampf-Ausrüstung. Später geht’s dann noch einmal ins Torre Morelo zum Rennbriefing. Alles wird super-korrekt gehandhabt aufgrund des EM-Status. Bemerkenswert ist, dass alle anderen Nationalitäten das englische Briefing verstehen, aber für die Italiener ein Extra-Briefing in Landessprache abgehalten werden muss.
Renntag: What a day that turned out to be! Simply amazing!
Nachdem das Wetter über die Woche wohl etwas durchwachsen war, grüßte uns der Renntag mit perfekten Triathlon-Bedingungen: Sonne satt bei ca. 25°C und leichtem Nordwind. Der Tag begann mit der üblichen pre-race Routine: Ein leichtes Frühstück , dann die am Vortag präparierten Siebensachen ins Auto laden und runter zum Strand. Da ich vor meinem Wecker aufgewacht war und vom Stau am Check-in gehört hatte, war ich ungewöhnlich früh dran und konnte so auch sofort einchecken. Direkt dem der Wechselzone war ein super-netter, italienisch-lockerer Radmechaniker, der mir zwei CO2-Patronen zum sensationellen Preis von 1,50€ verkaufte. Der Wechselplatz war rasch hergerichtet und pünktlich um 08:45 Uhr wurde das Transition Area geschlossen (muss das 1,5 h vor dem Start sein?). Aber das Wetter war ja ein Traum und so machte ich es mir auf einem nahem Bänkchen im Schatten der Pinien gemütlich.
Schließlich war die Zeit gekommen, mich in den Neo zu zwängen und hinunter zum Strand zu gehen. Die Szene war unbeschreiblich schön: Dieser absolut makellose, feinsandige, weiße Traumstrand (Cala Ginepro), hunderte von blaugekappten Triathleten in ihren Wetsuits, weitere hunderte Zuschauer, die Sonne, deren Licht sich in den feinen Wellen des Meeres brach und über uns eine Drohne, die schon weit vor dem Start die ersten Sequenzen für das Rennvideo drehte. Die Elite-Starter wurde einzeln vorgestellt. In den Neos wurde es dann doch schon sehr warm, weshalb ich es nicht beim kurzen Einschwimmen beließ, sondern immer wieder Richtung Meer strebte und die Pelle mit frischem, kühlem (ca. 18°C) Meerwasser flutete.
Irgendwann wurden wir dann von einem ETU Official herausgepfiffen und gruppierten uns am Strand hinter dem Startband. Ich nahm sehr weit links Aufstellung, was zwar den längeren Weg zur ersten Wendeboje bedeutete, aber eben auch weniger Enge. Außerdem sagte mir Lars (Erik Fricke), dass die Strömung wohl ohnehin von links über den Strand spülte. So stellte sich das als gute Wahl heraus. Nachdem die Elite-Starter um Punkt 10:00 Uhr starteten, durften wir uns drei Minuten später in die kühlen Meeresfluten stürzen. Nach vielen Metern des Laufens folgten weitere Meter des Delfinierens, denn der Strand ist sowas von flach, dass die ersten ungefähr 50 Meter nicht an Schwimmen zu denken ist. Die 300 m zur ersten Boje waren – wie bei einer internationalen Meisterschaft zu erwarten – eine ziemliche Keilerei, aber schon nach dem ersten Turn wurde es recht angenehm zu schwimmen. An den Bojen warteten unter uns Taucher, die darüber wachten, dass nichts passierte und bestimmt ein paar sensationelle Fotos in diesem traumhaft blauen Meer schossen. Während die ersten Strecke voll gegen die Sonne und die Wellen verlief und die Boje oft nur schwer zu erkennen war, nervten einen die Wellen auf dem Weg zur zweiten Boje von rechts beim Atmen. Der dritte Arm zurück zum Strand war dann einfach nur fun, fun, fun!
Das gleiche Prozedere: Erst definieren wie ein Weltmeister, dann Kniehebelauf, dann „Australian Exil“ und 50 Meter über den tiefen Sandstrand. Dann das ganze Spiel noch einmal (2 x 750 m). Leider erwischte ich die gesamte zweite Runde keine guten Füße, denn das Feld war schon etwas ausgedünnt. Und als ich mich gerade freute und quasi „aus dem Nichts“ ein paar neopren-bewehrte Beine auftauchten, entpuppte sich das als die schwächste Schwimmerin der Elite-Frauen, die ja drei Minuten vor uns gestartet waren. Keine echte Hilfe.
Zurück am Strand dann durch das Spalier der Zuschauer in die Wechselzone sprinten, Neo ausziehen. Direkt am Wechselplatz passte im Grunde alles ganz gut. Aber nach Nachfrage bei Lars hatte ich mich für Radhandschuhe entschieden und die Radschuhe doch in die Pedale geklickt. Beim Verlassen der T1 haben sich dann dummerweise die Klettverschlüsse des rechten Schuhs gelöst und ich brauchte fasst den ganzen ersten Kilometer bis zur Ponton-Brücke (die extra nur für das Rennen gebaut wird!), bis ich sie wieder eingefädelt und geschlossen hatte. Derweil überholten mich gefühlte hundert Athleten. Arggghhh! Irgendwann war aber dann auch Onkel Jörgs fertig angezogen und dann waren wir auch schon am ersten, langen Berg. Dank Carsten’s Tipp hatte ich den Luftdruck in den Reifen für diese sehr sandige Strecke auf 1,8 bar runtergelassen. Das entpuppte sich gleich mehrfach als eine gute Idee, barg aber die Gefahr eines Durchschlages. Deshalb musste ich extrem vorausschauend fahren. Dummerweise hatte ich einen ziemlich großen Absatz nicht mehr auf dem Schirm und ich spürte und hörte dann doch so etwas wie einen Durchschlag. Glücklicherweise entwich aber (wahrscheinlich dank der Snakeskin-Variante der Rocket Ron) nicht die gesamte Luft. Ich eierte dann ein paar Meter mit dem extrem platten Reifen über den Trail, bevor ich mich dazu entschloss, kein weiteres Risiko einzugehen und einen „Boxenstopp“ hinzulegen. Mit der CO2-Patrone funktionierte das recht gut und schnell, kostete aber sicher doch ca. 1,5 Minuten. Nachdem ich wieder auf meinem Canyon saß und gerade wieder in den Tritt kam, überholte mich weniger Meter weiter Freund (und M45-Konkurrent) Carsten Eggeling in gewohnt brutalem Speed. Ich versuchte die verbleibenden ca. 5 km nicht zu viel Boden auf ihn zu verlieren und blieb tatsächlich (zumindest auf den Geraden) in Sichtweite. Als ich in die T2 stürmte, war er gerade am Wechseln und ich brauchte exakt einen Kilometer, bis ich ihn wieder überholen konnte. Derweil war es ohne Support Crew leider nicht auszumachen, wo ich mich im Feld befand. Nachdem ich meinen üblichen ersten Kilometer brauchte, um in den gewohnten Tritt zu kommen, lief es von da an sehr flüssig. Besonders gegen den Wind nach Norden war es sogar recht angenehm zu laufen. Mit dem Wind nach Süden – dazu noch im teils tiefen Sand am Strand entlang war es mir dagegen schon wieder deutlich zu heiß. Aber auch auf der Laufstrecke hatten die Veranstalter nicht mit Verpflegungsstellen gespart: Alle 2,5 km war selbst für mich ausreichend. Geholfen hat darüber hinaus, dass sie abgefüllte 330 ml-Flaschen ausgaben, womit man sich sehr dosiert abkühlen und trinken konnte. Ich war in der Lage, massig Leute zu überholen, aber am Ende war die Laufstrecke dann doch diesen Tick zu kurz (oder zu flach, oder, oder, oder…). Im Ziel erreichte ich jedenfalls den direkt vor mir liegenden Italiener nicht mehr und der sollte ausgerechnet in meiner Altersklasse die letzte Medaille wegschnappen. Viel dummer kann es im Grunde kaum laufen. Mein absoluter Albtraum!
Aber zum Glück war der Tag und das Rennen perfekt und ich – bis auf die beiden verguckten Wechsel – sehr zufrieden mit meiner Leistung. Der (Fast-) Platten war natürlich Pech. Aber so etwas passiert nunmal in einem Cross-Rennen (v.a. bei so einem holprigen Kurs mit vielen scharfen Granitfelsen.
Im Ziel dann wunderbare Verpflegung direkt auf dem Strand. Nach und nach kamen auch alle anderen mir bekannten Athleten ins Ziel. Kathrin Müller gewinnt die Elite-Kategorie bei den Mädels vor Renata Bucher aus der Schweiz und Helena Erbenova aus Tschechien. Bei den Jungs setzen sich eher überraschend zwei Belgier getrennt von einem Franzosen durch. Jan Pott wird Sechster, aber da der direkt vor ihm platzierte Kollege U23 ist, offiziell Fünfter. Die deutschen Elite-Buben platzieren sich beide weit hinten. Lars gewinnt die M30 erwartungsgemäß und auch die Gesamt-Amateurwertung. Der einzige andere Goldmedaillengewinner ist Steffen in der M70.
Zuhause dann erstmal duschen, das Material putzen und der nicht funktionierende Versuch eines Mittagsschläfchens. Schließlich geht’s hinunter zum Rennhotel zum post-race Dinner (lecker, lecker & all-you-can-eat), um gleich danach diesen wunderschönen Tag mit einer der Siegerehrung abzuschließen. Leider zeigt sich nun beim Checken der Ergebnisliste, dass ich die EM-Medaille um sage und schreibe 3 Sekunden (in Worten: DREI) verpasst habe. Die Siegerehrung ist aber liebevoll gestaltet und die Jungs haben schon einen sensationell schönen Film fertig geschnitten und ich hoffe, dass der demnächst auf YouTube zu sehen ist.
Nun bleiben mir noch fünf weitere Urlaubstage auf dieser schönen Insel, bevor ich am Freitag wieder mit Air Berlin zurückfliege.
Race Stats:
- Wetter: sonnig, leichter Nordwind bei 25°C
- Strecken: 1,5k Swim im Meer – 30k Bike – 10k Run
- Zeiten: 24:54 für viel zu lange und wellige 1,5k Swim (29.) – 1:10 T1 (42.) – 1:31:43 Bike (37.) – 1:05 T2 (91.) – 40:22 Run (7.) = 2:39:12 (25.)
- Platzierung: 25. Platz overall (4. M45) und zweitbester Deutscher Amateur hinter Lars
- Ergebnislisten gibt’s hier!