Essai 187: Über passiv-aggressives Gruppenverhalten

Weicht man ein klitzekleines bisschen von der Norm ab und gerät in eine Gruppe von Menschen, die das nicht tun, dauert es meist nicht lange, und man erlebt folgendes Phänomen:

Diejenigen, die der Norm entsprechen, also dem Durchschnitt, der Mehrheit, rotten sich zusammen. Und dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis man als Nicht-Normaler irgendetwas macht, was dem Durchschnittsgrüppchen sauer aufstößt. Man fällt in Ungnade. Und dann geht es los, das passiv-aggressive Gruppenverhalten.

Von einem besonders typischen Fall erzählte mir kürzlich eine Freundin, die mit einer Elternclique an der Schule ihres Sohnes in eine solche Situation geraten ist. Meistens gibt es dann in solchen Gruppen einen Anführer oder eine Anführerin, die die anderen Normalen gegen die Von-der-Norm-Abweichenden aufstachelt.

Dann darf plötzlich keiner mehr mit den in Ungnade Gefallenen reden. Es werden böse Blicke zugeworfen. Die Kinder werden nicht mehr eingeladen und das erfährt man dann von hinten rum durchs Knie ins Auge – und wenn man fragt, ob irgendetwas ist, wird das mit einem eisigen Lächeln und einem „Nee, wieso?“ quittiert. Das sind übrigens alles erwachsene Leute, nur mal so am Rande.

Ich erlebe das auch oft in Facebook-Kommentarspalten, dass man sich nicht gerade mit Beliebtheit bekleckert, wenn man es wagt, einen von der Mehrheit (in der Kommentarspalte) abweichenden Standpunkt einzunehmen. Da stürzen sich die Mehrheitsvertreter wie die Geier auf den Abweichler, um diesen unverschämten Knilch zu zerfleischen. Was fällt dem auch ein, sich seine eigenen Gedanken zu machen? Frechheit!

Sicher, man muss aufpassen, dass man der Mehrheit nicht einfach so um des Widersprechens willen widerspricht. Manchmal hat es ja auch einen triftigen Grund, warum etwas Mehrheitsstandpunkt ist – nämlich weil es einfach stimmt. Aber das meine ich nicht, sondern solche Situationen, wo es einfach nur um Meinungen, Sichtweisen und Geschmäcker geht. Oder wenn irgendein Vertreter der Mehrheit oder ein Mensch mit Macht Scheiße gelabert oder sich übelst in die Nesseln gesetzt hat, und man wagt, das zu kritisieren. Dann muss man nur bis drei zählen und die Geier kommen angeflogen.

Dann ist es vollkommen wumpe, wer Recht hat, wer Unrecht, wie gut man argumentiert oder wie eloquent man sich ausdrückt. Man wird einfach mit Bockmist überrollt, bis man genervt aufgibt. Wobei … in den Kommentarspalten verlassen die Leute relativ schnell die Gefilde des Passiv-Aggressiven und werden einfach nur aggressiv. Pöbeln, beleidigen, verspotten, verhöhnen, für blöd erklären, mit offenkundiger, humorfreier Ironie herunterputzen … da ist kein Mittel zu weit unten in der Schublade, um es nicht dem unverschämten Abweichler um die Ohren zu hauen.

Es ist aber insofern doch wieder passiv-aggressiv, weil ich mir ziemlich sicher bin, dass die Pöbler, die in den Sozialen Medien so großkotzig ihr Schandmaul aufreißen, um andere kleinzumachen, die sich dem Gruppendruck nicht beugen wollten, im wahren Leben, von Angesicht zu Angesicht, eher das Verhalten der Elternclique an den Tag legen würden. Also böse Blicke, hinterm Rücken des Betroffenen lästern, Gerüchte streuen, die Leute und ihre Angehörigen schneiden und ausschließen, bei direktem Kontakt aber aalglatt lächeln und so tun, als wäre alles fein etc.

Ehrlich gesagt, ich verstehe nicht, was das soll. Erstens lassen sich die meisten Konflikte im Keim ersticken, bevor sie entstehen, wenn man einfach mal sagt, was man will oder nicht will. Zweitens haben die Abweichler den „Normalen“ in der Regel überhaupt nichts getan. Drittens ist man doch, wenn man zur Mehrheit gehört, ohnehin in einer Vorteilslage und sowieso in einer Machtposition. Wozu dann noch Leute dissen, die von der Norm abweichen? Was soll denn das bringen?


Und, was sind eure Erlebnisse mit passiv-aggressivem Gruppenverhalten? Schreibt es mir in die Kommentare, ich bin gespannt. 🙂

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