Essai 162: Über dumme Sachen, die man sagt, wenn einem nichts Schlaues einfällt

Menschen sind seltsame Geschöpfe, sie scheinen es nur schwer auszuhalten, einfach mal still zu sein, wenn ihnen nichts Konstruktives einfällt, was sie in einer bestimmten Situation sagen könnten. Da bin ich keine Ausnahme, auch ich ertrage peinliches Schweigen so gut wie nie mit Fassung und versuche dann, irgendwas zu sagen, und das ist dann meistens noch viel peinlicher, als wenn ich einfach den Mund gehalten hätte.

Das Gute daran ist, dass es einen viel lustigeren Essai ergibt, wenn man über eigene Peinlichkeiten schreibt, als wenn ich jetzt hier herumtröten würde, wie unfassbar toll ich bin, dass ich nie Fehler mache und was Besseres bin als alle anderen Idioten und man sich mir als Vorbild für Anstand, gutes Benehmen und vortreffliche Manieren nehmen sollte. Ernsthaft, lasst das lieber, ich habe auch keine Ahnung von wasauchimmer.

Ich habe hier einfach mal in loser, willkürlicher Reihenfolge ein paar Allerweltsaussagen zusammengetragen, die man gern mal von sich gibt, um überhaupt etwas zu sagen, obwohl einem eigentlich gar nichts dazu einfällt. Weitere Sprüche und Geschichten dazu können gern in den Kommentaren verewigt werden😀

1. „Vorsicht“ (nachdem das, vor dem man sich in acht nehmen soll, bereits geschehen ist)

Mich nervt es ungemein, wenn ich irgendwo gegenlaufe, mir den Kopf stoße oder ich über etwas stolpere und dann sagt irgendein Schlaumeier „Vorsicht“ oder „Achtung“ oder sowas. Leider bin ich auch oft dieser nervtötende Blitzmerker, der Leute auf Gefahren aufmerksam macht, in die sie gerade schon selbst getappt sind. Das ist eigentlich total bescheuert und nicht ansatzweise hilfreich, aber offenbar braucht das Gehirn manchmal einen Moment, vor allem, wenn es sich erschrocken hat, bis es eine potenzielle Gefahrensituation als solche erkannt hat – und dieser Moment zieht sich anscheinend gelegentlich so lang, dass die Gefahr schon längst wieder vorbei ist, bevor man sie realisiert hat.

Um die Nerven desjenigen, der gerade gestolpert ist oder sich gestoßen hat, nicht zu stark zu strapazieren, könnte man jedoch vielleicht beim nächsten Mal statt „Vorsicht“ lieber sagen „Oh, hast du dir wehgetan?“

2. „Frag doch mal“

Wenn ich einkaufen gehe und etwas Bestimmtes suche, dann gucke ich gern ersteinmal in Ruhe selbst, ob ich das Gesuchte finde. Gelingt es mir nicht, das Objekt meiner Begierde alleine aufzutreiben, frage ich einen Verkäufer. Es kann jedoch auch sein, dass ich keine Lust habe, zu fragen und dass mir die Sache so wichtig nun auch wieder nicht ist, sodass ich den Laden wieder verlasse, ohne etwas gekauft zu haben.

Das ist überhaupt nicht schlimm und gar kein Problem, was ich allerdings nicht ausstehen kann, ist, wenn mich jemand beim Einkaufen begleitet und mich dazu ermuntern will, einen Verkäufer zu fragen, während ich selbst grad noch gucke oder wenn ich bereits entschieden habe, dass ich auch ohne das Ding leben kann und ich keinen Bock habe, mit fremden Leuten zu reden. „Frag doch mal“ ist in diesem Moment ein Satz, der mich zielsicher mit 180 Sachen auf die Palme bringt, weil er suggeriert, dass ich zu doof bin, selbst auf die Idee zu kommen, jemanden um Rat zu fragen, der es besser weiß als ich, wenn ich alleine keine Lösung finde. Grummel!

3. „Ich hab’s dir ja gesagt!“

Zugegeben, diesen Satz muss ich mir selbst soooo oft verkneifen – und manchmal rutscht er mir dann doch heraus. „Ich hab’s dir ja gesagt“ oder „Das hätte ich dir auch gleich sagen können“ helfen dem anderen kein Stück und reiben ihm außerdem noch unter die Nase, dass nur eine totale Vollnulpe wie er die Konsequenzen seiner von vorneherein zum Scheitern verurteilten Idiotenentscheidung nicht hätte vorhersehen können und dass er deswegen ständig einen Anstandswauwau an seiner Seite braucht, der aufpasst, dass er keinen Mist baut.

Manche Menschen machen es einem wirklich nicht leicht, auf dumme Klugscheißersprüche zu verzichten, weil sie wirklich dauernd komplett dämliche Entscheidungen treffen und keine Sekunde vorher mal nachdenken und sich hinterher über die Konsequenzen wundern, die andere dann immer wieder geradebiegen müssen. Da muss ich mir dann richtig auf die Zunge beißen, um nicht ein sarkastisches, überhebliches „Pff, war ja klar!“ vom Stapel zu lassen. Selbst, wenn Leute allumfassend unfähig sind, ist niemandem damit gedient, wenn man es ihnen ständig sagt. So ändert sich ja nie etwas, wenn man ihr Selbstwertgefühl mit Füßen tritt. Allerdings weiß ich auch nicht, was man stattdessen machen soll, wenn erwachsene Menschen durch ihr eigenes dummes Verhalten ständig in ihr Verderben rennen, man sieht das und warnt und der andere baut trotzdem Mist, weil er meint, alles besser zu wissen. Vielleicht schweigen und den anderen sein Chaos alleine aufräumen lassen? Und konkrete Tipps geben, falls der andere seinen Fehler doch einsieht, wie sich sowas künftig vermeiden ließe?

4. „Beeil dich!“

Gut, ich bin gelegentlich etwas verträumt und mit meinen kurzen Beinchen kann ich ohnehin nicht so schnell laufen. Da kann ich verstehen, wenn das andere nervt und sie ungeduldig werden. Trotzdem weiß ich ja, wenn Eile angesagt ist, und dann mache ich halt so schnell wie ich kann, ohne dass man mir ein genervtes „Beeil dich!“ vor den Latz knallt. Oder es ist keine Eile angesagt, dann sehe ich nicht ein, warum ich mich grundlos abhetzen und herumstressen sollte. So einfach ist das.

5. „Das bist nicht du“

Menschen ändern sich, entwickeln sich und nicht immer kommt das Bild, das wir uns von ihnen gemacht haben, schnell genug hinterher. Wenn sie sich dann für uns ungewohnt verhalten, kann uns das irritieren. Allerdings ist es dann überhaupt nicht sinnvoll „Das bist nicht du“ oder sonstwas Kategorisches zu sagen, das den anderen in eine Schublade steckt, ihm ein Etikett aufklebt und ihm unterstellt, dass man viel besser weiß als er selbst, wer er ist und wer nicht. Das finde ich fürchterlich arrogant, selbstherrlich, selbstgefällig und destruktiv. Warum steht man nicht dazu, dass man überrascht ist und schildert seine Verwirrung ganz ehrlich und fragt neugierig, wie es zu der Veränderung kam? Das ist doch spannend, wenn Menschen sich entwickeln.

6. „Nicht, dass du dich hinterher beschwerst!“

Dieser Satz fällt meistens dann, wenn jemand mir einen seiner Meinung nach unverzichtbar guten Rat ungefragt aufbrummt und ich diesen dankend ablehne beziehungsweise mit einer vagen Larifari-Antwort versuche, mir die Entscheidung, ob ich den Rat befolge oder nicht, für später vorzubehalten. „Nicht, dass du dich hinterher beschwerst“ nervt deswegen, weil er ähnlich wie „Frag doch mal“ mir unterstellt, dass ich zu blöd bin, eigene Entscheidungen zu treffen und mit den Konsequenzen zu leben. Außerdem wird damit angedeutet, dass ich mich andauernd über selbstverschuldete Unannehmlichkeiten beklage, obwohl man doch ständig großmütig versucht, mich vor mir selbst zu schützen.

Das bedeutet ja nicht, dass man anderen nicht ungefragt einen guten Rat geben darf (wobei ich es immer höflicher und respektvoller finde, vorher zu fragen). Aber die Entscheidung, ob der andere dem Rat folgt oder nicht, bleibt beim Betroffenen, nicht beim Ratgebenden. Wenn dieser wirklich dem anderen helfen und ihm etwas Gutes tun will, sollte er seinen Rat geben und gut ist. Ansonsten wirkt das respektlos und übergriffig und dient nur dem Zweck, sein eigenes Ego aufzuplustern.


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