Es wird zuviel

Es wird zuviel Ich durfte mit Bianca nach 5 Tagen das Krankenhaus verlassen. Meine Eltern holten uns ab und fuhren uns nach Hause, wo Italo bereits ungeduldig auf uns wartete. Er hatte unsere kleine Wohnung liebevoll hergerichtet und ich spürte, wie glücklich er war, endlich seine eigene kleine Familie bei sich zu haben.
Es folgte eine wunderbare und glückliche, wenngleich auch sehr ermüdende und vor allem kurze Zeit. Bianca entwickelte sich prächtig. Ihr bei der Geburt so verschwollenes Gesichtchen wurde Tag für Tag hübscher, ihre Haare wurden heller, fielen aber nicht aus. Nach kurzer Zeit schlief sie bereits mehrere Stunden am Stück und ermöglichte mir dadurch auch Ruhepausen, die ich nötig brauchte. Ihr erstes Lächeln, ihre ersten gurrenden Laute, was waren das für Highlights! Staunend und glücklich verfolgten Italo und ich ihre Entwicklung und waren - für eine gewisse Zeit - zumindest in dieser Beziehung richtig glücklich.
Italo kam die ersten Wochen meist pünktlich von der Arbeit nach Hause. Er verzichtete auf seine Feierabendbierchen, seine Tochter war ihm wichtiger. Er ging rührend mit ihr um, zärtlich, sanft und einfühlsam. Er sang ihr Kinderlieder vor und wog sie in den Schlaf. Nur die Windeln wechseln, dagegen weigerte er sich vehement - da kam dann doch der italienische Macho in ihm durch.
Ich glaube, in dieser Zeit war eher ich die Unausstehlichere. Anfangs hatte ich mit leichten Wochenbettdepressionen zu kämpfen, später mit der Hormonumstellung, das Stillen wollte nicht so recht klappen und nach 3 Wochen musste ich aufs Fläschchen umstellen. Dazu kam meine Unzufriedenheit über meine Figur. Nun konnte ich meine dazu gewonnenen Fettpölsterchen - bei 30kg Gewichtszunahme eher ausgewachsene Fettpolster - nicht mehr erfolgreich ausblenden. Ich fühlte mich unwohl in meinem aus den Fugen geratenen Körper und fing an, eine Radikaldiät zu machen. Ich aß fast nichts mehr und dementsprechend reagierte mein Nervenkostüm mit Gereiztheit, Unausgeglichenheit und Zickereien.
Vielleicht war meine Verfassung der Grund, dass Italo langsam aber sicher wieder anfing, in sein altes Verhaltensmuster zurück zu fallen. Die Tage, an denen er wieder mit einer Bierfahne später von der Arbeit nach Hause kam, häuften sich. Dadurch war meine Laune am Nullpunkt und ich fing wieder an, rumzunörgeln....nun hatte er immer weniger Lust, nach Hause zu kommen, es wurde immer öfter immer später... und ich wurde immer unzufriedener... der alte Teufelskreis hatte uns wieder.
Bianca gab mir in dieser Zeit Halt und Hoffnung. Sie war mein Augapfel, mein Stolz, mein Lebensinhalt, auf sie konzentrierte sich meine ganze Liebe.
Obwohl bei uns das Geld sehr knapp war, weil Italo's Alkoholkonsum riesige Mengen an Geld verschlang, kaufte ich ihr immer die tollsten Babyklamotten. Bianca war wie ein Baby aus dem Baby-Modejournal gekleidet, sie war ein absoluter Hingucker. Als sie 11 Monate alt war, sprach mich im Einkaufszentrum ein Scout für Baby-Werbeaufnahmen an. Sie wollten einen Werbespot für Windeln mit ihr machen. Doch ich lehnte das ab, ich wollte mein Kind nicht vermarkten! Es sollte eine soweit als mögliche unbeschwerte Kindheit haben, mit den Auseinandersetzungen ihrer Eltern hatte sie schon genug zu ertragen.
Denn diese Auseinandersetzungen wurden immer heftiger und erreichten wieder ein gewalttätiges Niveau. Nicht selten hatte ich Striemen auf der Wange und es kam auch vor, dass ich meine Augen hinter einer großen Sonnenbrille verstecken musste. Ich sprach mit niemandem darüber, machte alles mit mir selbst aus. Immer wieder drohte ich italo, ihn zu verlassen. Doch ich tat es nicht und so war es nicht verwunderlich, dass er diese Drohung nicht mehr ernst nahm.
So lief das knapp 2 Jahre. Eines Abends brachte Italo zwei ebenso alkoholisierte "Freunde" mit nach Hause und die 3 Männer tranken hemmungslos in unserem Wohnzimmer weiter. Ich verzog mich ängstlich mit Bianca ins Schlafzimmer und traute mich nicht mehr raus, ich war in höchster Alarmbereitschaft. Zu Recht.
Der steigende Alkoholspiegel der Männer führte dazu, dass der Geräuschpegel ihrer "Unterhaltung" immer lauter und lauter wurde. Plötzlich fielen Schimpfworte und das Geschrei steigerte sich immer mehr. Kurz darauf hörte ich einen Schmerzensschrei und jemand fiel zu Boden. Ich wusste mir in diesem Moment nicht anders zu helfen, ich schloss die Schlafzimmertüre ab, nahm meine Tochter in den Arm, wiegte sie hin und her, hielt ihr die Ohren zu und sang ihr ganz laut vor. Zwischendurch sagte ich immer wieder mit monotoner Stimme:"Es ist alles ok! Das ist gleich vorbei!"
Ich bekam durch die verschlossene Türe mit, dass Italo die beiden Typen regelrecht aus der Wohnung warf. Dann drückte er auf die Türklinke des Schlafzimmers und verlangte laut Einlass als er merkte, dass die Türe zugeschlossen war. Ich reagierte nicht, saß angsterfüllt auf der Bettkante und hielt mein Kind im Arm. Auch Bianca regte sich nicht. Sie sah mich mit großen Augen an, aber es kam kein Laut über ihre Lippen.
Irgendwann - es kam mir wie eine Ewigkeit vor - gab er auf und ging vor sich her schimpfend zurück ins Wohnzimmer. Auf der Couch schlief er dann irgendwann ein. Auch Bianca und ich schliefen irgendwann erschöpft ein. Immer wieder schreckte ich aus dem Schlaf auf und horchte. Doch es blieb ruhig, Italo schlief seinen Rausch aus.
Wie er es am nächsten Morgen schaffte, pünktlich zur Arbeit zu kommen, das weiss ich bis heute nicht. Er muss einen furchtbaren Brummschädel gehabt haben. Denn die Unmengen an Bierflaschen, die ich am nächsten Morgen wegräumte,  zeugten von einem für mich unvorstellbar großen Alkoholkonsum.
Den ganzen Tag überlegte ich mir, was ich machen sollte. Ich muss weg mit Bianca, muss sie in Sicherheit bringen, dachte ich immer wieder. Ich hatte große Angst, Angst vor seiner Wut, wenn er merken würde, dass wir fort waren, Angst, die Verantwortung alleine für Bianca zu übernehmen, Angst, wie es weitergehen sollte.
Doch diesmal machte ich es wahr: ich war trotz der Angst so unendlich enttäuscht und wütend auf ihn, ich nahm meinen Ehering, warf ihn ins Klo und spülte ihn hinunter. Dann packte ich die nötigsten Sachen für Bianca und mich zusammen, rief ihn an und sagte ihm, dass ich zu meinen Eltern zurück gehen würde. Er weinte fast am Telefon, entschuldigte sich tausend Mal für seine Ausraster und für die schreckliche letzte Nacht, bekniete mich, ihn nicht zu verlassen. bittelte und bettelte, ... doch dieses Mal blieb ich hart. Ich verließ die Wohnung.
Meine Eltern nahmen mich sofort auf. Sie freuten sich regelrecht, dass ich ihn  verlassen hatte und boten mir alle erdenkliche Hilfe an.
Doch schon nach kurzer Zeit fing ich an, an meiner Entscheidung zu zweifeln. Was, wenn er nach dieser furchtbaren Nacht selbt bemerkt hätte, dass er Hilfe bräuchte und einen entsprechenden Weg einschlagen würde? Ich fragte mich allen Ernstes, ob ich zu früh das Handtuch geworfen hatte!!! Ich war jung, gerade mal 22 Jahre alt, ich war naiv, und ich dachte immer noch, dass ich ihn liebte!
Mir war nicht zu helfen! Offensichtlich hatte ich noch nicht genug gelitten, denn 3 Tage später kehrte ich zum Entsetzen meiner Eltern wieder zu Italo zurück.


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