Es riecht deutsch!

Was für ein Flug! Unsere Sitze waren mit Abstand die besten: Ziemlich weit hinten im Flugzeug, die ersten Zweiersitze hinter den Dreiersitzen. Dadurch waren wir alleine, am Fenster und hatten mehr Platz als die anderen. Die erste Zweierreihe ist nämlich etwas schräg zu den anderen gestellt, so dass sich besonders für denjenigen, der am Fenster sitzt, eine enorme Beinfreiheit ergibt. Wir guckten ein paar Filme, schliefen ein wenig und knabberten an dem Essen (wir fühlten uns noch nicht ganz fit).

Bald schon war es nach Mitternacht und wir landeten in Dubai. Hier eilten wir ein wenig durch die Gänge und suchten nach zwei freien Liegesitzen nebeneinander, denn die nächsten acht Stunden mussten ja irgendwie überbrückt werden. Zuerst war alles voll und wir sahen uns schon in den unbequemen Sitzen schlummern, aber auf der anderen Seite unseres Gates ganz hinten in der Halle fanden wir einzelne freie Liegesitze. Die düsteren Gestalten umgingen wir und ich setzte mich zwischen zwei Mädels. Jere fand einen Platz ein paar Meter entfernt. Da das Mädchen rechts neben mir die Letzte in unserer Reihe war, also anscheinend allein reiste, fragt ich sie, ob sie mit Jere tauschen könnte. Wir hatten Glück, sie musste sowieso bald los und lud nur noch ihre elektronischen Geräte an der LG-Ladestation. Ein paar Minuten später zog Jere also neben mich. Wir verketteten den Rucksack mit dem Koffer und legten uns halb darauf, so dass wir es merken würden, wenn da jemand etwas dran machen wollen würde.

In unterschiedlichen Positionen versuchten wir, es uns auf den Sitzen halbwegs bequem zu machen. So schliefen und dösten wir durch die acht Stunden. Für den letzten Flug machten wir uns noch einmal frisch und stiegen dank Online Check-In als einer der ersten wieder ins Flugzeug.

Kurz davor fing meine Nervosität so richtig an. Als ich auf den Stühlen zwischen den ganzen anderen Reisenden die Kuppelfenster des Flughafens betrachtete, bekam ich so eine Art Metastimmung. So als ob ich aus diesem ganzen Reisefluss kurz heraus käme und die Situation von außen betrachten würde und da wurde mir dann erst richtig klar: es ist vorbei. Ein Jahr reisen, erleben, kennenlernen. Ein völlig anderer Lebensabschnitt, eine extrem andere Art zu leben wird nun wieder beendet und es geht ein Stück weit wieder zurück in einen Alltag. Doch es war gar nicht so sehr ein bedrückendes Gefühl, ich war gesättigt vom Reisen und irgendwie war es jetzt mehr Erleichterung. Als wäre die ganze Zeit eine Ungewissheit mitgereist, Unsicherheit.

Beim Start in Dubai hatten wir eine tolle Sicht auf die zwei Palmen und „die Welt“. Ganz eigenartig war es, als wir über Bagdad flogen. Wir waren relativ tief, so dass man die Stadt sehr gut sehen konnte. Das Gefühl, dort rüber zu fliegen, war wirklich seltsam. Wir verbanden gleich Nachrichtenbilder und suggerierten Gefahren damit.

Als wir dann nach weiteren Filmen (u.a. „Wallstreet – Geld schläft nicht“, guter Film, bin jedoch zwischendurch eingeschlafen) und Frühstück in Deutschland landeten, wurde die Aufregung noch ein ganzes Stück größer. Was mir als erstes auffiel, war die Kälte, nach den schwitzigen letzten Wochen gar nicht so unangenehm. Ich hoffte ja, dass noch Schnee liegt. Der zweite Eindruck war der Geruch. Alles roch deutsch! Die Baustelle in der Eingangshalle, die Duftmittel in den Toiletten: alles war vertraut, auch die mürrischen Passkontrolleure, die weder grüßten, noch sich von ihrem privaten Gespräch trennten, um unsere Ausweise zu kontrollieren. Wenigstens guckten Sie nicht so böse wie die in Dubai auf dem Hinflug, aber einen wirklich guten Eindruck können die Deutschlandbesucher beim ersten Kontakt mit richtigen Deutschen nicht bekommen.

Ich konnte es kaum erwarten, die Rücksäcke vom Band zu schnappen, die lange Hose und den Pullover heraus zu suchen und dann endlich endlich durch die Tür nach draußen zu unserem großen Empfang zu laufen. Ich wusste ja, dass meine Mutter uns abholen wollte, eine Überraschung für Jere. Um so erstaunter war ich dann, als ich um die Ecke bog und eine Kamera blitzte. Erst dachte ich, wegen der neuen Haarfarbe und der Kamera vor dem Gesicht, das wäre eine Fremde, die jemanden anderen fotografierte, doch dann sah ich Astrid, Jeres Mutti. Jere hatte sie anscheinend auch erst nicht erkannt, so wie er suchend um sich schaute und ich deute auf sie, während meine Augen auch schon nach meiner Mutter und ihrem Freund Ralph Ausschau hielten. Und da, unter einem gelben großen Plakat mit einem Van drauf und unseren Namen (!) standen die zwei, über alle Backen grinsend. Ich rannte beinahe die anderen Leute um und wir begrüßten uns tränenreich.


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