Es kann nur besser werden – von einem Terrorzwerg, der sich verweigerte

Es kann nur besser werden. Das sage ich mir jeden Tag aufs Neue. Jeden Tag, an dem wir schon mit Konflikt in den Tag starten, da der Minimensch mal wieder nicht frühstücken möchte. Ich habe alles probiert. Brot mit Marmelade, Brot mit Nutella, Brot mit Käse, Brot mit Wurst. Toastbrot, Vollkornbrot, Knäckebrot. Schmelzflocken, Grießbrei oder Overnight Oats. Müsli geht ab und zu, aber natürlich nur das mit ganz ganz viel Schokolade. Meist bringe ich das Kind dann schon etwas genervt in den Kindergarten. Müssen wir uns denn wirklich jeden Morgen streiten und Machtkämpfe ausüben. Wie oft habe ich sonntags eine Riesenportion Eierkuchen verdrückt, weil das Kind sich verweigerte? Mein Hüftgold kann einiges davon erzählen.

Am Wochenende geht das Ganze dann weiter mit dem Mittagessen. Was habe ich nicht schon für angeblich tolle Kinderrezepte nachgekocht. Ich schaue auf Rezeptplattformen nach, lese alle Lieblingsrezepte der Bloggerszene rauf und runter, habe mir Kinderkochbücher angeschafft. Alles, was von Müttern als “garantiert kindersicher” markiert wurde kam bei uns schon auf den Tisch. Und mit welchem Ergebnis? “No quiero” (Ich will nicht) brüllt das Kind.

Supderduper Familienfrühstück, nichts für den Zwerg

Supderduper Familienfrühstück, nichts für den Zwerg

Hole ich das Tochterkind nachmittags aus dem Kindergarten, erzählt mir die Erzieherin wieder, wie gut mein Minimensch gegessen hat. Wutentbrannt schnaube ich von dannen. Ich freue mich ja, dass sie wenigstens in der Kita alles isst, kaum Probleme macht und wenigstens von Montag bis Freitag gut versorgt ist, was das Mittagessen angeht. Doch kann sie nicht auch einmal zu Hause so essen?

Der Mann und ich essen gern. Wir kochen mit Leidenschaft. Probieren neue Rezepte aus, achten auf Qualität der Produkte, geben auch gerne mal ein halbes Vermögen für einen Fisch aus Wildfang aus. Wir essen gerne Obst und Gemüse, Salat kommt täglich auf den Tisch. Zudem habe ich eingeführt, dass wir alle gemeinsam essen. Das ist hierzulande auch nicht immer so üblich. Kinder werden gerne vor den Erwachsenen abgespeist. Ich habe von Anfang an klar gestellt, dass ich mir wünsche, dass die Familie gemeinsam am Tisch sitzt.

Deutsche Schonkost? Nein danke, sagt das Kind

Deutsche Schonkost? Nein danke, sagt das Kind.

Ach, was hatte ich für Träume. Da saß eine heile Familie am großen Esstisch. Sie plauderten und erzählten sich vom Tag. Das Kind knabberte eine Möhre und aß sein Vollkornbrot mit Biokäse. Der Mann machte Witze und alle lachten herzlich. Dann wachte ich auf und sah meine Familie. Das Kind schrie “No quiero!”, schob den Teller weg, nagte nur an einem Kanten trocken Brot und stand schon mit halbem Bein am Spielzeugregal. Der Mann war genervt vom täglichen Kampf ums Essen und ich den Tränen nahe.

Ich habe dem Kind tolle Teller gekauft, das Essen dekoriert und lustig angerichtet. Da wird ausgestanzt und werden Mandalas gelegt. Nichts, nein, es passiert einfach gar nichts. Das Kind verweigert sich weiterhin.

Schöne Teller sollen mehr Spaß beim Essen bringen? Nicht bei uns.

Schöne Teller sollen mehr Spaß beim Essen bringen? Nicht bei uns.

Es kann ja nur besser werden sage ich mir jeden Tag aufs Neue. Es ist normal, alles nur eine Phase. Nicht zwingen, nicht drängeln, immer wieder versuchen. Ich befolge alle Ratschläge, doch es wird einfach nicht besser. Habe ich zu wenig Geduld? Oder wollte mich jemand gewaltig ärgern, indem er mir, als Koch-und Backliebhaberin diesen Terrorzwerg (den ich natürlich trotzdem liebe wie nichts auf der Welt) unterschob?

Und dann sehe ich auf allen möglichen Blogs, auf Facebook und Instagram immer diese tollen Bilder von leckerem Essen. Dazu steht geschrieben, wie gut es dem Kind wieder geschmeckt hat. Wie toll der *Kevin doch den Linsen-Ingwersalat gegessen hat und das *Isabell sich in das Ofengemüse mit Rosmarin reinlegen könnte, so lecker findet sie es. (*Namen von der Autorin nur zur Darstellung frei gewählt und keinen reellen Beispiele). Wollen die mich alle veralbern? Oder ist mein Kind wirklich das Einzige hier, das Gemüse nicht mal mit dem Popo anschaut? Auch nicht, wenn es in Sternenform und mit Augen daherkommt. Ausgefallene Rezepte kann ich lieber gleich lassen. Trocken Brot, ein Wiener Würstchen und Wasser. Das kommt an beim Kind. Nun denn, preiswert ist es allemal!


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