Es gibt keinen gerechten Preis für Lebensmittel

Gestern hab ich mal wieder einen Themenabend auf arte gesehen: Preiskampf – was ist unser Essen wert? Es ging dabei um Lebensmittelpreise und Subventionen für die Landwirtschaft. Im Zentrum stand die Feststellung, dass Lebensmittel unter Preis verkauft würden – was eigentlich eine absurde Behauptung ist, weil in einer freien Marktwirtschaft der korrekte Preis für eine Ware doch genau der ist, der sich auf dem Markt damit erzielen lässt. Wie kann es sein, dass Lebensmittel billiger sind, als der allwissende Markt bestimmt?

Dem wurde dann sogleich die Behauptung gegenüber gestellt, dass die Verbraucher – insbesondere die Deutschen – halt nicht mehr als zu wenig zahlen wollten. Als Beispiel wurde der Käse “Le Président” ausgewählt – den mögen die deutschen Verbraucher. Gezeigt wurde ein französischer Bauer aus dem Loire-Tal, der erzählte, dass er seinen Hof mit anderen zusammengelegt hat, um überhaupt noch konkurrenzfähig zu sein. Die Milch werde heute zum gleichen Preis abgenommen wie vor 30 Jahren – aber wie wir alle wissen, ist so ziemlich alles andere ziemlich viel teurer geworden. Die Produktion der Milch logischerweise auch. Diese Milch legt mehr als 1000 Kilometer zurück, um zu Le-Président-Käse verarbeitet zu werden, der dann in Deutschland auch noch 30 Cent pro Käse weniger kostet als in Frankreich. Die Kühe von Bauer Corvoisier sind übrigens sehr sauber und dürfen tagsüber auf die Wiese.

Der Bauer konstatiert, dass er unter Selbstkostenpreis produzieren muss und nur überleben kann, weil es Subventionen gibt. Aber dieses Wort mag er nicht. Er würde lieber aus eigener Kraft überleben. Frankreich bekommt pro Jahr 10 Milliarden Euro Agrarsubventionen von der EU; Deutschland 6 Milliarden. Und das irre ist: Je größer die Betriebe sind, desto mehr Subventionen bekommen sie und damit konkurrieren sie die kleineren in Grund und Boden.

Fazit der arte-Reportage: Einerseits werden die EU-Subventionen blöd verteilt und landen nicht bei den kleinen Bauernhöfen, die die EU-Förderung viel dringender brauchen als die Großbetriebe, die vollkommen durchrationalisiert sind und in industriellem Maßstab arbeiten.

Und dann sind natürlich die deutschen Discounter schuld, denn die nutzen ihre Marktmacht und drücken die Preise, dass es nur so kracht und quietscht. Und natürlich sind irgendwie auch die Verbraucher schuld, die lieber zum Discounter fahren, statt sich ihr Gemüse aus der Region auf dem Wochenmarkt direkt vom Erzeuger zu kaufen.

Aber es ist ja nicht so, dass nur die Landwirte gezwungen werden, für ihr Einkommen immer mehr zu arbeiten, was ja der Fall ist, wenn sie immer mehr produzieren müssen, damit sie bei den niedrigen Erzeugerpreisen noch über die Runden kommen wollen. So geht es auch allen anderen, die auf dem Arbeitsmarkt immer mehr Leistung fürs gleiche Geld bringen müssen. Die arbeiten den ganzen Tag und können am Ende nicht die leckere Vollmilch aus dem Biosphärenreservat Schorfheide kaufen oder die handverlesenen Edelkartoffeln aus dem Wendland, sondern müssen sich mit der billigsten Discountware zufrieden geben.

Denn natürlich wird auch hier wieder ausgeblendet, dass sich das große Heer der Niedriglöhner, Hartz-IV-Empfänger, Armutsrentner und Alleinerziehender samt ihren armen Kindern das tägliche Leben nur noch leisten können, weil die Discounter dafür sorgen, dass die Lebensmittelpreise weiterhin so kriminell niedrig sind. Ja liebe arte-Redakteure – sollen diese Leute denn verhungern?!

Das bringt mich auf eine andere Meldung, die gestern auf tagesschau.de zu lesen war. In Thailand subventioniert die Regierung die Produktion des Hauptnahrungsmittels Reis: Die Bauern bekommen dank des so genannten Reisversprechens 50 Prozent mehr als den üblichen Marktpreis. Auf diese Weise ist es für die Bauern natürlich attraktiv, Reis zu produzieren und sie tun das auch fleißig: Sie produzieren etwa doppelt so viel, wie im Land verbraucht wird. Nun wird auf der ganzen Welt gern Reis gegessen und man weiß ja auch, dass eine Menge Menschen großen Hunger haben. Also sollte es kein Problem sein, den Reis loszuwerden. Aber halt: Weil der Reis aus Thailand wegen des Reisversprechens deutlich teurer ist als der von der Konkurrenz aus Vietnam oder Indien, lagert der gute Thaireis in den Lagerhäusern und vergammelt dort.

Das ist wie mit den Butter- und Fleischbergen oder den Milchseen, die sich in den 80er Jahren in der EU angesammelt haben. Erst wurde kräftig subventioniert, dann kräftig produziert – was ja eine tolle Sache wäre, wenn die Produktion einfach dazu dienen würde, dass alle Menschen genug auf den Teller bekommen. Aber da ist ja noch der Markt, auf dem Geld mit dem ganzen Zeug verdient werden muss. Und wenn es eine Überproduktion gibt, fallen die Preise und die Produzenten verdienen nichts. Und deshalb findet keiner etwas dabei, wenn die Milch aufs Feld gekippt wird oder der Kaffee ins Meer, oder man das Getreide einfach wieder untergepflügt, weil sich die Ernte bzw. der Verkauf nicht lohnt. Scheißegal, dass gleichzeitig Millionen Menschen verhungern. Für die gibt es halt auch keinen Markt, die braucht keiner als Arbeitskraft und somit fallen sie auch als Konsumenten aus. Das Problem mit der Marktwirtschaft ist, dass es sie überhaupt gibt.

Aus diesen Beispielen lässt sich auch noch etwas anderes sehen: Es gibt keinen gerechten Preis für Lebensmittel. Was soll den in diesem Fall eine Gerechtigkeit sein? Wenn die Preise hoch sind, ist das ungerecht denen gegenüber, die sie sich nicht leisten können und wenn die Preise niedrig sind, ist das für die schlecht, die Lebensmittel produzieren. Wenn sowohl die Leute, die sie herstellen, als auch die Leute, die sie konsumieren, glücklich werden wollen, ist es am besten für alle, wenn man das Preisschild einfach weg lässt. Das gilt natürlich auch für alles andere.



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