Man darf jetzt nicht Alarm schlagen... nur sachte, nur ruhig. Der Missstand ist keiner - es gibt ihn nicht, es gibt nur falsche Vorurteile, falsche Prämissen die Missstände konstruieren, erfinden, erdichten und herbeidelirieren. Es gibt zwar Rentner, die noch in Lohn und Brot stehen, es gibt zwar 120.000 Mini-Jobber jenseits des 75. Lebensjahres, es gibt ferner mehr als 150.000 sozialversicherungspflichtig arbeitende Rentner, aber das ist kein Zeichen für irgendetwas. Schon gar nicht für eine Fehlentwicklung oder für Altersarmut oder zu kleine Renten - wenn es wirklich irgendein Zeichen sein soll, dann dafür, dass man heute im Alter noch fit ist, dass man als älterer Mensch noch unbedingt arbeiten möchte.
Sagt jedenfalls der Neoliberalismus, der diesmal in corpore Institute der deutschen Wirtschaft (IW), in corpore eines gewissen Holger Schäfer, Arbeitsmarktexperte des besagten Instituts, auftritt. Außerdem weiß der, dass Menschen im hohen Alter arbeiten, weil sie hoch qualifiziert sind - das erklärt zwar gar nichts, denn warum ausgerechnet Hochqualifizierte keine Lust auf einen Lebensabend haben sollten, den sie qua ihrer hochqualifiziert begünstigten Rentenbeiträge sogar finanziell sorglos gestalten könnten, ist kaum erklärbar. Es erklärt höchstens, dass die Deputierten des Neoliberalismus' nicht mal besonders gewitzt lügen können. 120.000 Mini-Jobber, die weit, die sehr weit, eine Dekade und mehr über dem Renteneintrittsalter liegen; Mini-Jobber, das sind solche, die sich für 400 Euro oder weniger den krummen Buckel nochmal eine Idee krummer machen - und die sollen hoch qualifiziert sein? Sind das also die Konditionen, unter denen hoch qualifizierte Menschen im neoliberalen Utopia arbeiten sollten?
Nein, es gibt keinen Missstand im Lande Neoliberalia - es gibt nur Umstände, die man jederzeit zuversichtlich, optimistisch und zukunftsfreudig umschreiben muss, damit sie zu erträglichen Sachverhalten verbrämen. Fehlt Geld im Bildungswesen, so ist es kein Missstand, denn irgendein geschwätziger arbeitgebernaher Instituts-Beschwichtiger wird gleich fröhlich davon berichten, dass das den Wettbewerb anfeuere und dass das nötig sei, um Kinder zu guten Arbeitskräften auszubilden. Gehen mehr Leute trotz Krankheit zur Arbeit, weniger Leute zum Arzt, dann nur keine Panik, denn gleich kommt der Stimmungsaufheller, gleich hören wir, dass dies ein Zeichen erhöhter Volksgesundheit sei und der durchschlagende Erfolg von Tabletten, die schnell wirkten und einen Arztbesuch unnötig machten. Leider wüssten das aber immer noch zu wenig Menschen, gingen daher immer noch zu viel zum Arzt, wo es doch so wirksame Pillen gäbe...
Alarmismus ist die Sache des Neoliberalismus nicht - nicht wenn es um seine Grundpfeiler geht, um seine Säulen. Nicht wenn seine Fassaden und Träger im grauen und erdrückenden Brutalismus mitten in die Gesellschaft gepflanzt werden; wenn sein Baustil für seine nüchterne Art, für seinen béton brut ins Gerede kommt, dann gilt es, den Alarm zu unterbinden. Wenn es allerdings darum geht, die Grundfeste anderer Weltauffassungen zu erschüttern, wenn er die Stelen der Fürsorge und Teilhabe, der Rechts- und Sozialstaatlichkeit abtragen will, dann kann der Alarm für ihn gar nicht schrill genug sein. Aber was sind schon 270.000 alte Menschen, die ihren Lebensabend mit Erwerbsarbeit verbringen, wenn doch gleichzeitig der Sozialstaat die Staatsschulden steigert und die Krise verstärkt, wenn Hartz IV die Faulheit fördert und zu hohe Renten die Jungen ausblutet?
Keine Panik, denn schon vor Monaten hat die Anpack-Ministerin erklärt, dass sie der Altersarmut an den Kragen gehe - indem sie die Zuverdienstmöglichkeiten für die working old ausweitet. Nicht hadern, nicht schimpfen, es wird ja was gemacht! Für all die vielen Rentner, die noch so fit sind, dass sie ihre welke Haut zu Markte tragen wollen. Sie sollen belohnt werden, Leistung muss sich doch wieder lohnen - es kann nicht sein, dass faule Rentner genausoviel haben, wie die, die arbeitsam sind. Missstand wäre, wenn Zuverdienstgrenzen den Fleiß mit der Faulheit gleichstellten - aber dem ist ja so nicht. Es gibt also keinen Missstand...
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Sagt jedenfalls der Neoliberalismus, der diesmal in corpore Institute der deutschen Wirtschaft (IW), in corpore eines gewissen Holger Schäfer, Arbeitsmarktexperte des besagten Instituts, auftritt. Außerdem weiß der, dass Menschen im hohen Alter arbeiten, weil sie hoch qualifiziert sind - das erklärt zwar gar nichts, denn warum ausgerechnet Hochqualifizierte keine Lust auf einen Lebensabend haben sollten, den sie qua ihrer hochqualifiziert begünstigten Rentenbeiträge sogar finanziell sorglos gestalten könnten, ist kaum erklärbar. Es erklärt höchstens, dass die Deputierten des Neoliberalismus' nicht mal besonders gewitzt lügen können. 120.000 Mini-Jobber, die weit, die sehr weit, eine Dekade und mehr über dem Renteneintrittsalter liegen; Mini-Jobber, das sind solche, die sich für 400 Euro oder weniger den krummen Buckel nochmal eine Idee krummer machen - und die sollen hoch qualifiziert sein? Sind das also die Konditionen, unter denen hoch qualifizierte Menschen im neoliberalen Utopia arbeiten sollten?
Nein, es gibt keinen Missstand im Lande Neoliberalia - es gibt nur Umstände, die man jederzeit zuversichtlich, optimistisch und zukunftsfreudig umschreiben muss, damit sie zu erträglichen Sachverhalten verbrämen. Fehlt Geld im Bildungswesen, so ist es kein Missstand, denn irgendein geschwätziger arbeitgebernaher Instituts-Beschwichtiger wird gleich fröhlich davon berichten, dass das den Wettbewerb anfeuere und dass das nötig sei, um Kinder zu guten Arbeitskräften auszubilden. Gehen mehr Leute trotz Krankheit zur Arbeit, weniger Leute zum Arzt, dann nur keine Panik, denn gleich kommt der Stimmungsaufheller, gleich hören wir, dass dies ein Zeichen erhöhter Volksgesundheit sei und der durchschlagende Erfolg von Tabletten, die schnell wirkten und einen Arztbesuch unnötig machten. Leider wüssten das aber immer noch zu wenig Menschen, gingen daher immer noch zu viel zum Arzt, wo es doch so wirksame Pillen gäbe...
Alarmismus ist die Sache des Neoliberalismus nicht - nicht wenn es um seine Grundpfeiler geht, um seine Säulen. Nicht wenn seine Fassaden und Träger im grauen und erdrückenden Brutalismus mitten in die Gesellschaft gepflanzt werden; wenn sein Baustil für seine nüchterne Art, für seinen béton brut ins Gerede kommt, dann gilt es, den Alarm zu unterbinden. Wenn es allerdings darum geht, die Grundfeste anderer Weltauffassungen zu erschüttern, wenn er die Stelen der Fürsorge und Teilhabe, der Rechts- und Sozialstaatlichkeit abtragen will, dann kann der Alarm für ihn gar nicht schrill genug sein. Aber was sind schon 270.000 alte Menschen, die ihren Lebensabend mit Erwerbsarbeit verbringen, wenn doch gleichzeitig der Sozialstaat die Staatsschulden steigert und die Krise verstärkt, wenn Hartz IV die Faulheit fördert und zu hohe Renten die Jungen ausblutet?
Keine Panik, denn schon vor Monaten hat die Anpack-Ministerin erklärt, dass sie der Altersarmut an den Kragen gehe - indem sie die Zuverdienstmöglichkeiten für die working old ausweitet. Nicht hadern, nicht schimpfen, es wird ja was gemacht! Für all die vielen Rentner, die noch so fit sind, dass sie ihre welke Haut zu Markte tragen wollen. Sie sollen belohnt werden, Leistung muss sich doch wieder lohnen - es kann nicht sein, dass faule Rentner genausoviel haben, wie die, die arbeitsam sind. Missstand wäre, wenn Zuverdienstgrenzen den Fleiß mit der Faulheit gleichstellten - aber dem ist ja so nicht. Es gibt also keinen Missstand...
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