Es geht keine Träne aus Reisen

Es geht keine Träne aus ReisenWenn das kein passendes Geburtstagsgeschenk zum nahenden Jahrestag der deutschen Einheit ist! Fast schon aus dem Kindbett hat sich Andrea Nahles, der Messias der deutschen Sozialdemokratie, mit einem offensichtlich offenen Brief an die Parteibasis und das deutsche Volk gewandt. "Viele Bürgerinnen und Bürger schreiben uns derzeit, weil die Debatte um Thilo Sarrazins Äußerungen die öffentlichen Gemüter bewegt“, lässt die Generalsekretärin wissen, ehe sie den Standpunkt der Partei- und Staatsführung deutlich macht. Sarrazin habe mit seinen Äußerungen zu genetischen Identitäten von Völkern, Ethnien oder Religionsgemeinschaften ähnlich wie zuvor die israelische Zeitung Haaretz „eine Grenze überschritten und sich außerhalb der Partei- und Wertegemeinschaft der SPD gestellt“.
Das ist kein wörtliches Zitat der im Herbst 1989 von Erich Honecker persönlich in alle DDR-Zeitungen redigierten Formulierung "Sie alle haben durch ihr Verhalten die moralischen Werte mit Füßen getreten und sich selbst aus unserer Gesellschaft ausgegrenzt" (Bild oben). Doch Nahles, Inhaber desselben Parteiamtes wie der gebürtige Saarländer, meint exakt das Gleiche: Keine Träne für Abweichler, keine Gnade für die, die anders denken und nicht so handeln, wie ihre Partei- oder Staatsführung das wünscht.
Wenn das kein Zeichen dafür ist, dass Deutschland im 20. gemeinsamen Jahr wirklich ein Land geworden ist, in dem sich kaum noch etwas unterscheidet! „Deshalb hat der SPD-Parteivorstand einstimmig beschlossen, ein Parteiordnungsverfahren mit dem Ziel eines Ausschlusses aus der SPD einzuleiten“, schreibt Nahles, auf deren reisende Parteistandgerichte noch viel Arbeit wartet. Der Berliner SPD-Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat Bundespräsident Christian Wulff dafür kritisiert, dass er die Bundesbank im Auftrag von SPD und CDU erst dazu ermuntert habe, sich von ihrem Vorstandsmitglied Thilo Sarrazin zu trennen und nun daran gehe, eine demokratiestärkende "neutrale Rausschmissprüfung" durchzuführen. ZUdem müssen nach Angaben von Parteichef Sigmar Gabriel in den nächsten Wochen rund 90 Prozent aller Mitglieder ausgeschlossen werden, die wegen der Affäre Sarrazin in der Parteizentrale anriefen. Soviele nämlich forderten nicht den beschleunigten Ausschluß des Querkopfes, sondern fragten "was schmeißt ihr den eigentlich raus, er hat doch recht".


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