Erste Begegnung mit der harten Wirklichkeit?

Heute waren wir in einer offenen Spielgruppe zum Laternenbasteln angemeldet. Das Angebot kam für mich wie gerufen, weil ich sowieso mit der Großen zusammen eine Laterne basteln wollte. Das dann mit anderen Mamas und Kindern zu tun, klang für mich verlockend.

Wir kamen gerade noch rechtzeitig, aber pünktlich. Die Räumlichkeit kennt die Große schon, die Mamas und Kinder nicht. Da sie anderen Kindern (auch älteren), sehr offen gegenüber tritt, zeigte sie auch heute keine Berührungsängste. Nach einem Begrüßungs-Lied ging es dann ans Basteln - die Kinder durften aber auch im Nachbarraum spielen, wenn sie wollten. Da aufgrund der Ferien auch ältere Kinder (ca. 6 Jahre) dabei waren, war es entsprechend laut. Es waren ungefähr 8 Mamas mit 12 Kindern zwischen 4 Monaten und 6 - 7 Jahren.

Unsere erste Aufgabe war, Papierschnipsel aus Transparent-Papier auf dem Boden zu zerreißen, damit wir diese später auf die Laternen kleben konnten. Dabei durften alle mithelfen und unsere Große hatte Freude dabei, strahlte und zerriss mehr oder weniger kleine Stücke. Als sie ein etwas zu großes Stück dazu legte, kam direkt der älteste Junge zu ihr und sagte: „Nicht so; du musst die klein reißen" und nahm ihr das Blatt weg. Ich sagte ihm dann, dass sie ja noch klein ist und das noch nicht so gut kann wie er. Er gab ihr das Blatt dann auf meine Bitte hin zurück und ich erklärte ihr, dass sie das kleiner reißen solle und zeigte es ihr noch einmal. Dann machte sie es wie gezeigt und beobachtete immer diesen Jungen, damit sie es ihm nachmachen konnte.

Nach und nach verabschiedeten sich die Kinder in den Spielraum und ich lauschte mit einem Ohr; so lange ich nichts hörte, war ich davon überzeugt, dass alles ok war. Hin und wieder kam die Große zu mir und zeigte mir Spielzeuge. Die Kleine war wegen der Lautstärke etwas überfordert und war nach kurzem Krabbeln und Erkunden auf dem Boden, bei mir auf dem Arm. Für´s Stillen war das Drumherum zu interessant und für´s Schlafen war es zu laut. Die Mama des 4-monatigen Babys hatte das gleiche Problem, hatte aber den Maxi Cosi und das Kinderwagengestell mit dabei und rollte dieses mit ihrem Baby drin, wie wild durch die Gegend. Nicht so ganz ruhig, damit das Kind in den Schlaf findet, sondern extrem hektisch. Ich sagte dann mitleidig mit meinem weinenden Baby auf dem Arm, dass das ja für die Kleinen viel zu viel war. Ihre Antwort schockte mich: „Die Große war da ja viel einfacher, mit der war ich sogar bis 2 Uhr nachts auf ner Hochzeit, als sie 6 Wochen war. Da müssen sie halt mal durch." Das war ja so ganz und gar nicht meine Einstellung - aber wenn sie meint. Ich sagte erstmal nix dazu. Ansonsten unterhielten wir uns ganz nett, aber oberflächlich.

Gerade hatte ich das Baby halbwegs beruhigt und legte sie etwas seitlich abseits in den Maxi Cosi, halb zugedeckt. Immer wieder kam ein Kind (vielleicht 1 - 1,5 Jahre alt) angelaufen und fingerte an der Kleinen rum. Ich erklärte ihr dann ganz ruhig mit Engelszungen, dass die Kleine nun schlafen möchte. Die Mutter des Kindes interessierte sich nicht im Geringsten dafür und bastelte seelenruhig weiter. In mir wuchs die Wut, ich blieb aber immernoch ruhig und nahm meine weinende Kleine wieder auf den Arm, die dann auf meinem Arm irgendwann doch erschöpft einschlief. Nun stand der Maxi Cosi direkt vor mir, um ein erneutes Herumfingern des Kindes auf jeden Fall zu verhindern. Die andere Mutter schaute immernoch nicht hinter ihrem Kind her. Ich bin davon überzeugt, sie hätte sich Papierschnipsel und anderes in den Mund stecken können, ohne dass die Mutter es bemerkt hätte. (Eine andere Sache, die mir auch direkt in´s Auge fiel - dieses kleine Kind hatte Ohrringe mit 1 - 1,5 Jahren; in meinen Augen ein No-Go).

Unsere Laterne war nicht ansatzweise als Igel-Laterne zu erkennen, weil ich entweder mit dem Beruhigen der Kleinen oder mit dem freundlichen Wegschicken des kleinen Kindes beschäftigt war, damit meine Kleine nicht gestört wurde. Zwischendurch hörte ich die Große weinen und ging selbstverständlich sofort dorthin. Andere Kinder weinten auch, aber die Mütter bastelten weiter. Das schockte mich. Ich fragte, was geschehen ist und sie sagte, dass ihr der große Junge (der ihr vorher das Transparentpapier weggenommen hatte), dass Spielzeug weggenommen hatte. Er verteidigte sich sofort und sagte: „Das hab ich halt jetzt". Ich erklärte ihm dann ganz ruhig, dass damit ja alle spielen dürfen und dass es nicht ihm gehört und dass er ihr das erklären kann, wenn er gerade damit spielen möchte. Er müsse es ja nicht einfach wegnehmen, sondern kann es ihr dann sagen und sie spielt dann mit etwas anderem. Dann sagte ich zur Großen, dass der Junge gerade damit spielt und dass sie ja mit etwas anderem spielen kann. „Ok", sagte sie und ging zu anderem Spielzeug. Ich ging wieder zurück in den Bastelraum. Es dauerte nicht lange und sie weinte wieder. Also ich wieder zurück zum Spiel-Raum. Die Große lag auf dem Boden und die Jungs tobten durch den Raum, über Tische, Bänke und Matten ohne Rücksicht auf andere Kinder. Ich nahm die Große raus aus dem Raum und sagte im Bastel-Raum mit zwei weinenden Kindern auf meinem Schoß, dass meine Tochter unter den Matten lag, während alle anderen darüber turnten. Keine Reaktion - die Mamis waren zu vertieft ins Basteln. Ich schlug der Großen vor, mitzubasteln, was sie auch kurzzeitig tat. Ich sagte ihr, dass die Jungs gerne toben möchten und wenn ihr das zu wild ist, dann soll sie das den Jungs sagen.

Zwei weinende Kinder auf meinem Schoß und gleichzeitig diese Mamas, die sich scheinbar nur auf´s Basteln konzentrierten - ich war innerlich wütend und gleichzeitig traurig, mir standen die Tränen in den Augen. Ich sagte zur Leiterin, dass ich zwar nicht fertig bin, aber erwäge zu gehen. Sie war (Gott sei Dank) gerade damit beschäftigt, den Jungs zu sagen, dass das so nicht geht. Puh. . . Dann wurden die Mütter auch mal endlich hellhörig und ihre Jungs mussten auf den Stühlen sitzen bleiben ohne zu murren. Der eine hatte Durst - die Mutter erlaubte ihm nicht, was zu trinken, weil er jetzt einfach da sitzen bleiben solle. Hallo?! Was für eine Strafe, nichts trinken zu dürfen. Was hat das damit zu tun? Ich hätte ja mein Kind beiseite genommen und gesagt, dass das so nicht geht, weil da auch kleine Kinder spielen, die sonst hinfallen und sich weh tun. Bitte also etwas ruhiger spielen - am Besten auch mit den Kleinen zusammen, zumindest aber aufpassen. NEIN, die Jungs mussten da sitzen bleiben, während die Mamas weiter bastelten.

Die Kleine schlief dann weiter und die Große ging sogar wieder in den Raum zum Spielen. Ich bewundere, dass sie sich nicht unterkriegen lässt und auch trotz dieser negativen Erlebnisse wieder hingeht. Ich bin so stolz auf sie und trotzdem auch gleichzeitig sauer auf diese Mütter.

Wieder im Auto hielten wir alle einen Moment inne und genossen die Ruhe, ohne Radio und ohne Gespräche. Puh - anstrengend - mit einer schönen Laterne, die ich nicht alleine, sondern mit beiden Kindern, gebastelt habe und ganz vielen Eindrücken - ab nach Hause. Stolz rannte die Große mit der Laterne durch die Wohnung und präsentierte sie überglücklich dem Papa. Erste Begegnung mit der harten Wirklichkeit?

© Mamis Blog

Beim Beten besprachen wir noch einmal den Tag und besonders auch die Eindrücke vom Bastelnachmittag. Ich bestärkte sie, dass sie auch älteren Kindern sagen soll, wenn sie etwas nicht möchte oder ihr etwas zu laut und zu wild ist. Sie soll es dann entweder sagen oder sich zurückziehen. Sie sagte „ok" und schlief seelenruhig ein.

Und ich frage mich nun: Wo bin ich da gelandet: in der harten Realität draußen fernab von unserem behüteten Schneckenhaus? Oder in einer Gruppe von Müttern, bei der ich mich nur als Außenseiterin fühlen kann? Bin ich Übermutti und behüte meine Kinder zu sehr? Müssen Kinder sowas unter sich regeln und hätte ich nicht eingreifen dürfen? Meine „armen" kleinen wohlbehüteten Kinder sind heute jedenfalls zum allerersten Mal mit so etwas in Berührung gekommen und ich habe jetzt ein bisschen Angst vor dem Kindergarten. Ich hoffe, dass wir dort einen Platz bekommen, wo Erzieher auf die Bedürfnisse der Kinder achten, ihnen kindgerecht erklären, welche Werte wichtig sind?

Meine Vorstellung ist jedenfalls, dass Kinder nicht lernen müssen, sich durchzusetzen, um in der harten Welt zu bestehen, sondern dass sie zwar sagen sollen, wenn ihnen was nicht gefällt, aber mit Respekt und Rücksicht. Nicht dass die älteren zeigen dürfen, dass sie überlegen sind, während die kleineren sich selbst überlassen sind und ohne Beistand dadurch müssen.

Ist das zu viel verlangt? Ist das nicht die Aufgabe von Erziehern? Wenn das wirklich so wäre, dann muss ich noch viel Arbeit leisten in den kommenden 10 Monaten, damit meine Große in der harten Realität bestehen kann. Mein Gefühl jedenfalls sagt, dass ich nicht ganz verkehrt gehandelt habe und Eure Reaktionen auf Twitter bestärken mich. Danke Euch allen!

In dieser Gruppe fühlte ich mich heute total unnormal und als Außenseiterin, weil ich die einzige war, die ihre Kinder in den Arm nahm, auf den Arm nahm und ihre Bedürfnisse über das Fertigstellen der tollen Laterne stellte. Dabei sah und sehe es immernoch als selbstverständlich an. Vielleicht war es einfach eine unpassende Gruppen-Konstellation, vielleicht bin ich aber auch wirklich unnormal und so ne richtige Übermutti. Wenn es so ist, hoffe ich, dass ich immer irgendwo auf unserem Weg Gleichgesinnte treffe, damit meine Kinder nie in der harten Welt das totale Gegenteil von zu Hause spüren müssen. Bei der Tagesmutter hat es bis jetzt geklappt und ich hoffe, dass es auch weiterhin klappen wird, auf Gleichgesinnte zu treffen.

Morgen sind wir wieder dort angemeldet zum Kochen mit Kindern. Ich werde jetzt nicht voreilig aufgrund dieser einen negativen Erfahrung Schlüsse ziehen, um nicht dahin zu gehen. Laut der Leiterin sind dort morgen andere Mamas, andere Kinder und vermutlich auch weniger (hoffentlich). Außerdem sind dort insgesamt 3 Leiterinnen. Was ich für mich verbessern werde: ich werde den Bondolino mitnehmen für die Kleine, damit ich die Hände frei habe und sie meine Nähe spürt und geschützt ist vor den anderen Kindern, die sie vielleicht anfassen möchten (was die Kleine dann überfordert). Und der Großen werde ich vorher erklären, dass sie den anderen Kindern sagen darf und soll, wenn sie etwas nicht möchte und dass sie zu mir kommen soll, wenn es ihr nicht gefällt und sie lieber nach Hause möchte. Wenn sie auch nur einmal weint und ich kein Eingreifen der anderen erfahre (also auch nur annähernd wie heute), dann werde ich sofort beide Kinder anziehen und fahren, ohne viele Worte, dann allerdings im Nachhinein zumindest den Leiterinnen Feedback fühlen.

Ich freu mich auf morgen, bin aber irgendwie auch aufgeregt und neugierig zugleich. Drückt mir die Daumen bitte.

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