“Darth Plagueis” ist in vieler Hinsicht kein typischer Star Wars Roman. Auf den gesamten knapp 380 Seiten findet keine einzige Raumschlacht statt, kein Bodenkampf zwischen Droiden und Klontruppen und nur ein mal werden kurz Laserschwerter gekreuzt (und das zwischen zwei Sith!).
Das Buch ist vielmehr ein sehr politischer Roman und so wenig mir solche Geschichten in der dritten Staffel von Clone Wars behagt haben, so sehr begrüße ich hier die umfangreiche Beschreibung von politischen Machenschaften.
Denn eines der wesentlichen Dinge, mit denen sich dieses Buch befasst ist, warum so viele Sith Lords seit dem Inkrafttreten von Darth Banes Regel der Zwei daran gescheitert sind, die Herrschaft über die Republik zu übernehmen und den verhassten Jediorden zu vernichten: weil sie meist versuchen haben, ihre Ziele mit purer Gewalt zu erreichen und ein Kampf von zwei Sith (selbst wenn sie Bündnisse mit verschiedenen Warlords oder Söldnern schließen) gegen eine Vielzahl an Jedi ist ein Unterfangen, das praktisch von Anfang an zum Scheitern verurteilt sein muss.
Erst der Meister von Darth Tenebrous (also der Vor-Vor-Vorgänger von Palpatine/Sidious) hat erkannt, dass der “große Plan” der Sith nur dadurch erreicht werden kann, dass die Republik von innen heraus aufgebrochen wird und die eitlen Jedi an ihrer selbstauferlegten Aufgabe als Hüter des Friedens und der Gerechtigkeit zerbrechen müssen. Und die Nachfolger dieses nicht namentlich bekannten Twi’lek Sith haben diesen Weg fortgesetzt und schließlich in der Person von Palpatine/Sidious zur Perfektion geführt.
Darth Plagueis (und auch sein “ziviles” Alter-Ego Hego Damask) war ein brillanter Stratege, Taktiker und Politiker (dazu kommen wir noch), der sich weniger um die Vergangenheit der Sith kümmerte (was ihn von seinem Schüler unterschied) als vielmehr um deren Zukunft. Für ihn waren Wissenschaft und Forschung wesentlich wichtiger, als die Beherrschung von Machttricks oder das Erschaffen von schrecklichen Wesen mithilfe von Sith Alchemie. Auch wenn das vielleicht nun seltsam klingt, so tut man sich beim Lesen des Buches schwer, echte Abneigung gegen Plagueis zu empfinden, denn er ist kein dumpfer Brutalo, der nur von seinem Hass auf die Jedi getrieben ist und am Liebsten Alles mit seinem Laserschwert und mit Machtblitzen vernichten möchte. Auch wenn er sicher kein sympathischer Charakter, geschweige denn ein Held ist, so ringt einem diese Figur doch eine gewisse Bewunderung dafür ab, was er als Einzelner in relativ kurzer Zeit erreicht hat, eben ohne alles in Schutt und Asche zu legen.
Anders ist Plapatine: er ist ein einziger Psychopath. An dieser Figur gibt es nichts, aber auch absolut nichts Positives. Palpatine (und auch dieses Buch verrät uns nicht seinen Vornamen) ist einer jener Menschen, die wohl schon als kleines Kind eine pure Freude daran empfinden, kleine Tiere zu quälen und sich von da an nur noch zum Schlechteren entwickeln. Bedeutet dies, dass James Luceno diese Figur nun schlecht oder einseitig beschrieben hat? Durchaus nicht, im Gegenteil. Jemanden, der er schafft, eine gesamte Galaxis in den Krieg zu führen, eine 1000 Jahre alte Republik zu zerstören, sich selbst zum Imperator auszurufen und rund 20 Jahre eine gnadenlose Diktatur zu führen, den muss man als tiefschwarz und abgrundtief böse zeichnen. Und umso stärker ist dann auch der Kontrast zu dem scheinbar harmlosen, unter der Last seiner Verantwortung und dem Leid des Krieges fast zusammenbrechenden Kanzlers Palpatine, der letztlich von Jedi betrogen und fast getötet wird. In vieler Hinsicht vereint Palpatine die Brutalität der Sith vergangener Jahrhunderte mit jenem politischem Genie eines Darth Tenebrous und eines Darth Plagueis.
Und damit sind wir schon bei einem Thema, das ich im ersten Teil dieser Buchbesprechung bereits angekündigt habe: der Beantwortung von Fragen und offenen Punkte aus der Prequel- und zum Teil sogar aus der Original Trologie:
Zum einen beschreibt dieses Buch ganz offen, dass es zu jedem Zeitpunkt seit Banes “Reformation” der Sith in der Galaxis nicht nur eine Vielzahl an Anwendern der Dunklen Seite der Macht gegeben hat, sondern auch an dedizierten Sith. Trotzdem stellt deren Existenz keine Verletzung der Regel der Zwei dar, denn es waren immer nur zwei Sith, die der Linie von Bane angehörten, d.h. eine direkte Abfolge von Schülern und Meistern, die sich letztlich zur Darth Bane und Darth Zannah zurückverfolgen ließ. Dies schloss jedoch nicht aus, dass sich ein Meister unter Umständen auch mehr als einen Schüler nehmen konnte, um diese irgendwann aufeinander loszulassen und festzustellen wer von ihnen der Bessere war und die größeren Chancen hatte, die Linie der Sith Lords in gestärkter Form weiterzuführen.
Gleichzeitig geht das Buch jedoch auch auf die offensichtlich Schwäche der Regel der Zwei ein: denn was passiert, wenn der Schüler zwar seinen Meister besiegt und tötet, dabei aber selbst so schwer verwundet wird, dass er die Linie nicht fortsetzen kann. Oder wenn er durch Pech oder eigene Unfähigkeit daran gehindert wird rechtzeitig einen Schüler zu finden? Auch das ist auch mit ein Grund warum die Sith letztlich 1000 Jahre brauchten, um die Herrschaft in der Galaxis an sich zu reißen: denn mehr als einmal in dieser Zeit scheint es so gewesen sein, dass ein Schüler seinen Meister nicht besiegt hatte, weil er tatsächlich klüger und stärker war, sondern einfach hinterhältiger, gemeiner oder vielleicht auch einfach nur Glück hatte. Und mehr als einmal dürften sich Sith Lords in wahnwitzige und irrsinnige Ideen darüber verstiegen haben, wie die Republik und die Jedi zu besiegen seien, und es dauerte danach mehrere Generationen bis der “Orden” wieder dort angelangt war wo er sich voher schon befunden hatte (so ähnlich wie auf unserer Welt mit dem Untergang verschiedener Hochkulturen enormes Wissen und gewaltige Errungenschaften plötzlich verloren gingen und danach nur langsam und mühsam wieder erworben bzw. aufgebaut werden konnte).
Das Buch beschreibt auch kurz, warum der Jedirat seit einigen Jahrzehnten spürte, dass die Dunkle Seite wieder an Macht gewann: Darth Tenebrous Meister hatte zu dieser Zeit eine Art “Fenster” in der Macht geöffnet, durch das nun quasi der “Hauch der Dunklen Seite” wehte, ohne dass die Jedi je hätten feststellen können, wie es dazu kam oder worum es sich dabei handelte. In gewisser Weise kann man dieses “Fenster” als einen Test sehen, um festzustellen, ob und wie die Jedi auf das Wiedererscheinen der Sith vorbereitet waren und wir alle wissen ja, wie dieser Test ausgegangen ist.
Und noch etwas erklärt dieser Roman: wie es nämlich sowohl Plagueis als als Sidious schafften ihre Existenz vor den Jedi geheimzuhalten. Wie es möglich war, dass sie von Angesicht zu Angesicht mit den mächtigsten Jedi der Republik verkehrten, ohne dass diese auch nur den leisesten Verdacht schöpften, mit wem sie es eigentlich zu tun hatten: sowohl Damask/Plagueis als auch Plapatine/Sidious verfügten über die Gabe, ihre Präsenz in der Macht stark zu dämpfen, indem sie sich stark auf ihre physische Form konzentrierten und so auch für machtsensitive Wesen nur als “normale” Personen erschienen (nur das Zilo Biest ließ sich dadurch scheinbar nicht täuschen…). Im Laufe der Zeit scheinen sich die beiden diese Fähigkeit quasi zu einer zweiten Natur gemacht zu haben und verwendeten sie fast als eine Art Mutprobe, wer die verhassten Jedi besser täuschen konnte.
Doch ich sehe schon, das wird hier wieder recht lang und es gibt noch viel zu erzählen. Machen wir also für heute Schluss und treffen uns demnächst wieder zu einem Teil 3, einverstanden?