Liebe Ladies und Gentlemen, herzlich willkommen zu meinem Pfingst Special, das ganz im Zeichen der frankobelgischen Mantel und Degen Comic-Reihe »Der Skorpion« von Stéphen Desberg & Enrico Marini steht.
Die eindrucksvolle Cover-Illustration der ersten Gesamtausgabe, die im Dezember 2019 im Carlsen Verlag erschienen ist, hat mich direkt angesprochen, denn ich stehe total auf die alten Mantel- und Degen-Geschichten! Ein attraktiver Held ganz im Stile der Musketiere (»Die drei Musketiere« von Alexandre Dumas) mit einer gewissen Ähnlichkeit zu weiteren Degenkünstlern, wie Zorro (»Der Fluch von Capistrano« von Johnston McCulley) oder Inigo Montoya (»Die Brautprinzessin« von William Goldman) – das musste ich einfach genauer unter die Lupe nehmen.
In meinem Special stelle ich die gelungene historische Geschichte aus dem Rom des 18. Jahrhunderts vor, die mit Machtkämpfen und Intrigen gespickt ist und von einem geheimnisvollen Helden, dem die Frauen zu Füßen liegen, sowie undurchsichtigen Gegenspielern aus der Kirche besiedelt und mit Leben erfüllt wird.
Grafik: Freepik/rawpixel
Doch das ist noch nicht alles, denn es gibt neun mächtige Familien, die aus dem Hintergrund agieren und die Strippen ziehen, sowie die mysteriösen Umständen um die Herkunft des Titelhelden und natürlich amouröse Verstrickungen.
Comicszenarist Stéphen Desberg und der talentierten Künstler Enrico Marini, sind die Köpfe hinter dem Abenteuer des »Skorpions«, welche ich in meinem Special natürlich vorstellen werde. Ein kleines Interview mit dem Illustrator, der für das äußert gelungene Aquarell-Artwork verantwortlich ist, kann ich On-Top präsentieren. Außerdem werde ich die wichtigsten Charaktere vorstellen, ein paar Best-Of Strips darbieten und es gibt meine ausführliche Meinung zu den Comics sowie Leseproben-Stoff für Neugierige. Zunächst aber erst einmal etwas zu den Schöpfern des »Skorpions«…
© DARGAUD BENELUX (DARGAUD-LOMBARD S.A.) 2000-2004, by Marini, Desberg, © Carlsen Verlag GmbH • Hamburg 2019
Der erfolgreiche Comicautor Stéphen Desberg wurde am 10. September 1954 in Brüssel (Belgien) geboren, seine ersten Kurzgeschichten erschienen im Comic-Magazin »Tintin«. Durch seine Zusammenarbeit mit Maurice Tillieux (»Tif et Tondu«, deutsch: »Harry und Platte«) und Eric Maltaite (»Jules et Gil«, »La Famille Hérodius«) erlangte Desberg schnell an Bekanntheit. Zahlreiche realistische Comics und Kindercomics sind seither seiner Feder entsprungen, wovon auch die Mehrzahl in einer deutschen Übersetzung vorliegt. Im Jahr 1996 begann seine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Enrico Marini, zunächst mit dem Western »L’Étoile du Desert« (deutsch: »Der Stern der Wüste«) und ab den 2000ern mit dem Mantel- und Degenepos »Le Scorpion« (deutsch: »Der Skorpion«).
Zu seinen erfolgreichsten Serien gehören »I.R.$.«, an der er seit 1999 mit Bernard Vrancken arbeitet, »Les Immortals« (deutsch: »Die Unsterblichen«), an der er von 2001 bis 2008 mit Henri-Joseph Reculé arbeitete, sowie die Mafia-Serie »Tosca«, an der er von 2001 bis 2004 mit Francis Vallès arbeitete.
Foto: © 2018, Dargaud / Cécile Gabriel
Enrico Marini kam am 13. August 1969 als Sohn italienischer Einwanderer in der Schweiz auf die Welt. Nach seinem Studium an der Kunsthochschule in Basel startete er seine Karriere als Illustrator mit einem Sieg bei dem Comicwettbewerb in Sierre 1987. In Frankreich wurde seine erste eigene Serie (»Olivier Varèse« nach einem Szenario von Thierry Smolderen) veröffentlicht. In den 1990er Jahren arbeitete er mit Smolderen an einer Serie zu dem Trucker »Gipsy«, mit Jean Dufaux an einer Reihe über Vampire unter dem Titel »Rapaces« (deutsch: »Raubtiere – Jäger der Nacht«). Schließlich begann die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Stéphen Desberg.
Seit 2007 hat Enrico Marini einen weiteren Schritt gewagt und entwickelte mit »Eagles du Rome« (deutsch: »Adler Roms«), einer historischen Geschichte über Hermann den Cherusker, die erste Serie, in der er als Szenarist und Zeichner tätig wird.
Für das DC Comic Universum zeichnete Enrico Marini inzwischen zwei Bände »Batman – Der dunkle Prinz«.
Nachdem Du nun etwas über die Lebensläufe von Autor und Zeichner der epischen »Skorpion« Comic-Reihe erfahren konntest, kann ich mit einem kleinen aber feinen Interview mit Enrico Marini noch ein paar weitere Einblicke zu seiner Arbeit an dieser Reihe sowie ein kleiner Hinweis zu seinem neuen Projekt liefern.
Bella’s Wonderworld: Mit Band 12 ist Ihre Arbeit an der Skorpion Reihe beendet. Wie hat es sich für Sie angefühlt die letzte Zeichnung zu der Serie, die sie fast über zwanzig Jahre begleitete, abzuschließen?
Enrico Marini: Ich bin erleichtert, aber auch traurig. Jedoch verlasse ich den Skorpion nicht wirklich, da ich vorhabe in Zukunft alleine noch ein paar Geschichten mit dieser Figur zu schreiben und zu illustrieren. Das werden Soloprojekte sein, die neben der Hauptserie laufen werden. In der Zwischenzeit wird Desberg mit dem Zeichner Luigi Critone die Serie weiterführen.
Bella’s Wonderworld: Welcher Charakter ist Ihnen besonders ans Herz gewachsen? Und verbinden Sie mit diesem eine Lieblingsszene?
Enrico Marini: Ich mag eigentlich alle meine Charaktere. Natürlich stehen mir Méjaï und der Skorpion besonders nahe. Ich mag die Szene wo sie sich zum ersten Mal treffen besonders. Sie hat den Auftrag ihn umzubringen, jedoch klappt das nicht so ganz. Es ist ein sehr sinnlicher und intensiver Moment.
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Bella’s Wonderworld: Was war für Sie bisher die größte Herausforderung, vor die Sie die Zeichnung(en) an einer Reihe gestellt haben?
Enrico Marini: Den St. Petersdom in Rom für den Skorpion zu zeichnen war nicht ohne. Aber die ganze Rekonstruktion des antiken Rom in den »Adler Roms« ist weitaus aufwendiger und benötigt mehr Zeit und mehr Dokumentation.
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Bella’s Wonderworld: Mit der Serie »Adler Roms« waren Sie zum ersten Mal neben den Illustrationen auch für den Text verantwortlich. Was hat in Ihnen den Wunsch geweckt, Comicszenarien nicht nur zeichnerisch umzusetzen, sondern auch selbst zu schreiben?
Enrico Marini: Ich habe schon immer an den Skorpion Geschichten und auch andere Bücher mitgeschrieben. Der Schritt in 2007 alleine zu schreiben, war gar nicht so groß. Auch der 12. Band des Skorpions ließ mich Desberg mehrheitlich alleine schreiben. Ich konnte somit einen für mich befriedigenden Abschluss finden und er kann sich nun auf die Fortsetzung konzentrieren. Wir bleiben auch Freunde und tauschen uns über den Skorpion weiterhin aus.
Bella’s Wonderworld: Auf welche Geschichten dürfen sich Ihre Leser*innen zukünftig freuen?
Enrico Marini: Ich bereite eine ca 200 seitige Crime Graphic Novel vor. Eine Art Film Noir Hommage. Der Titel ist NOIR BURLESQUE und wird nicht vor Ende 2021 erscheinen.
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram anEin Beitrag geteilt von Enrico Marini (@marini_art) am Apr 25, 2020 um 10:40 PDT
Die Köpfe hinter der abenteuerlichen Geschichte voller Verschwörungen, Geheimnisse und Degenkämpfe sind nun bekannt und Du bist bestens dafür gewapnet, um mit den wichtigstens Charakteren aus »Der Skorpion« Bekanntschaft zu schließen.
Ein charmanter, gerissener Reliquienjäger und Frauenheld, der mit dem Degen genauso flink und tödlich umgehen kann wie mit der Armbrust und Musketen. Aufgrund seiner umstrittenen Herkunft und der Zeichnung durch ein Teufelsmal in Form eines Spinnentieres ist er auch unter dem Namen »Der Skorpion« bekannt. Seine Mutter Magdalena wurde wegen Ketzerei verurteilt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Als Skorpion bewegt sich der Titelheld in den hochgestellten gesellschaftlichen Kreisen ebenso sicher wie unter dem gemeinen Fußvolk und sieht sich mit Kardinal Trebaldi einem mächtigen Gegenspieler gegenüber.
Der ungarische Geschäftspartner des »Skorpions« wird einfach nur Husar genannt, da sein eigentlicher Name für allgemeine Erheiterung bei Armando sorgt. Husar verfügt über ein einfach gestricktes Wesen und zeichnet sich durch seine hingebungsvolle Besorgnis um seine Hühner aus. Er gibt einen kontrastreichen Sidekick für den eleganten Titelhelden ab und tritt zudem in einem feschem Husarenkostüm in Aktion.
Der Widersacher des »Skorpions«, der auch unter dem Namen »Adlerkardinal« bekannt ist. Nach einer gescheiterten Liebe besteht sein Lebensziel darin, die Macht der neun Familien zu festigen und seinem Erbe als Trebaldi alle Ehre zu machen. In dieser Angelegenheit kommt ihm sein brutaler, machiavellistische Charakter sehr entgegen.
In seinem eigenen Interesse schmiedet er einen Komplott gegen den Papst und setzt alle Hebel in Bewegung, um den teuflischen Nachkommen einer Ketzerin und eines hohen heiligen Mannes aus der Welt zu schaffen.
Der düstere Anführer der Mönchskrieger, welcher durch seine Vergangenheit gezeichnet ist und dadurch seine goldene Gesichts-Maske stets trägt. Als rechte Hand Trebaldis agiert Rochnan rüchsichtslos und mit der ganzen Durchschlagskraft seiner rot gewandeten Krieger.
Der jüngere Bruder des »Adlerkardinals« ist ein ausgewachsener Opportunist und als seine homosexuelle Neigung eine Gefahr für seine Position in der angesehenen Familie und sein eigenes Leben darstellt. Als sein Liebhaber ein schreckliches Schicksal erleidet, sieht er sich dazu gezwungen umzudenken und fasst dabei die bildhübsche Ansea Latal ins Auge. Außerdem rettet er fast zufällig das Leben des »Skorpions« vor den Mönchskriegern und sieht die Chance sich an seinem Bruder zu rächen.
Eine ägyptische Giftmischerin, die gegen Bezahlung den Mordauftrag des »Adlerkardinals« annahm und ihr Geschick dazu einsetzt, den »Skorpion« zur Strecke zu bringen.
Die exotische Zigeuner-Schönheit wird von der schwarzen Katze Pharo begleitet, die für sie auf der Straße Augen und Ohren offen hält.
Zwischen ihr und Armando knistert es trotz der offensichtlichen Differenzen gewaltig und es entwickelt sich eine wechselseitige Beziehung.
Diese attraktive, intelligente sowie temperamentvolle rothaarige Lady ist die Erbin der Latal Familie, die zu einer der neun einflussreichen Familien zählt, die seit Jahrhunderten im Hintergrund Europas die Strippen ziehen. Durch die Initiative des »Adlerkardinals« ist sie an einem Komplott am Kirchenoberhaupt im Vatikan beteiligt. Als Trebaldi zum neuen Papst gewählt wird, imponiert ihr die Tapferkeit des »Skorpions« dermaßen, dass sie den Anschein erweckt ihm bei seinem Ansinnen behilflich zu sein. Doch ihre wahren Beweggründe versteckt sie geschickt hinter ihrem hübschen Pokerface, somit bleiben ihre wahren Ziele vorerst im Dunkeln…
Die ehemalige Frau des »Skorpions« und Schwester des französischen Botschafters in Rom, die ihr ganz eigenes Ränkespiel vorantreibt und schon bald das Interesse des tückischen Papst Trebaldi auf sich zieht.
Grafiken: © DARGAUD BENELUX (DARGAUD-LOMBARD S.A.) 2000-2004, by Marini, Desberg, © Carlsen Verlag GmbH • Hamburg 2019
Von der Comic-Serie »Der Skorpion« von Stéphen Desberg und Enrico Marini, in der sich abenteuerliche Elemente eines guten Western mit Geschichte und filmreifer Mantel- und Degenatmosphäre vereinen, erschienen von 2001 bis 2015 elf Taschenbuchausgaben im Carlsen Verlag. Die ersten vier Einzelbände wurden in eine hochwertige Hardcover-Gesamt-Ausgabe gepackt und im Dezember 2019, ebenfalls im Carlsen Verlag, neu aufgelegt. Ebenso die Einzelbände 5 bis 8, die in einer zweiten Gesamtausgabe im Mai 2020 heraus gebracht wurden. Und ganz frisch im Mai (als Taschenbuch) erschienen: Der zwölfte und damit letzte Einzelband mit Enrico Marinis Zeichnungen unter dem Titel »Das böse Omen«. Mit einer dritten Gesamtausgabe im edlen Hardcoverformat, die die Einzelbände 9 bis 12 enthält, darf gegen Ende des Jahres gerechnet werden.
Meine ausführliche Meinung zu den bereits erschienenen »Skorpion« Gesamtausgaben gibt es hier druckfrisch mit einem Klick auf das entsprechende Foto nachzulesen.
1. (2001) Das Teufelsmal
2. (2001) Das Geheimnis des Papstes
3. (2004) Das Petruskreuz
4. (2004) Der Dämon im Vatikan
5. (2005) Das heilige Tal
6. (2006) Der Schatz der Templer
7. (2007) Im Namen des Vaters
8. (2009) Der Schatten des Engels
9. (2011) Die Maske der Wahrheit
10. (2013) Im Namen des Sohnes
11. (2015) Das Geheimnis der Trebaldi
12. (2020) Das böse Omen
Mit diesen zwei tollen Szenen möchte ich de Apetitt noch etwas mehr anregen. Im ersten Strip sieht man wie Husar den von einem Mönchskrieger in die Enge getriebenen Skorpion aus der Patsche hilft und sich dabei die Aufmerksamkeit des Papstes sichert. Der zweiten Strip zeigt wie Méjaï, die eigentliche Auftragskillerin des Skorpions, gemeinsam mit ihm und ihrer Katze Pharo die Flucht vor den Mönchskriegern ergreift und dabei mit einem schwungvollen Tritt in den Wassergraben befördert wird.
Grafiken: © DARGAUD BENELUX (DARGAUD-LOMBARD S.A.) 2000-2004, by Marini, Desberg, © Carlsen Verlag GmbH • Hamburg 2019
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Du bist dem Charme Armandos und der vielversprechenden Spannung noch nicht erlegen? Dann kannst Du hier mit dieser Leseprobe in die ersten zwanzig Seiten der ersten Gesamtausgabe reinschnuppern. Wenn Du schon Lust auf den Comic bekommen hast, solltest Du auf jeden Fall einen Blick riskieren!
Du kennst die Comic-Reihe bereits, bist sogar Fan davon? Dann ist die Leseprobe zur frisch erschienenen 12. Ausgabe bestimmt interessant für Dich. Hier kannst Du in »Das böse Omen« reinlesen.