Entschleunigung deluxe

Entschleunigung deluxeWarum habe ich nie zuvor bemerkt, das diese Insel unendlich viele zauberhafte Plätze bietet.

Warum nur, ist mir früher nie aufgefallen, wie hübsch es hier eigentlich ist?

Wir schreiben den 10. Januar und ich bin ein Inselkind. Ein einsames Inselkind mitunter, Das gebe ich unumwunden zu. Ein glückliches Inselkind.

Meine Tage beginnen mit purpurnen oder orangefarbenen Sonnenaufgängen, barfuß schlurfe ich in mein riesiges Wohnzimmer. Der Kaffee schickt seinen verführerischen Duft durch die Räume. In der einen Hand die Kaffeetasse lehne ich ewig lange an der Tür zur Terasse und genieße diesen unglaublich schönen weiten Blick hinüber auf den Sund, bis zum Leuchtturm.  Die Stille um mich herum stört nicht, ich genieße die Sonnenstrahlen auf meiner Nase und freue mich darauf die Terasse und den Garten im Frühling zu bepflanzen. Ganz plötzlich innerhalb weniger Stunden verabschiedete sich der Winter hier oben und gewährte einem frühlingsmild blau schimmernden Himmel Platz. Hier und da sind die Reste der Schneewehen noch zu erkennen.

Zwei Tage  saß ich wegen Glatteises in meinen vier Wänden fest und lief tatsächlich Gefahr den ersten Inselkoller zu erleiden. Um diesem zu entgehen fuhr ich am zweiten Abend der Einsamkeit ganz vorsichtig in Richtung Inselhauptstadt, mich bei meinem Gefährt mit dem Faltdach schon im Vorraus für eventuelle Beulen im Autoblech entschuldigend. Ich ertrug die Stille durchaus noch, hatte jedoch Angst nie wieder einem Gespräch beiwohnen zu dürfen. Also begab ich mich in den Supermarkt, auf jeden Fall würde die Kasserierin dort bestimmt zwei Worte mit mir über das Wetter wechseln. Im Supermarkt stand ich dann inmitten der Regale und hörte mich laut reden„Was brauchen wir eigentlich?“.

Im selben Augenblick tropft die Erkenntnis, das ich schon nach zwei Tagen anfange Selbstgespräche zuführen, in mein Hirn. ‘Gott! hoffentlich hat mich niemand gehört’

Die Kassiererin ist freundlich aber irgendwie doch bestimmt und auf Feierabend eingestellt. Immerhin kann ich zwei Sätze mit einem Menschen reden.

Auf dem Rückweg überlege ich mir einen Vierbeiner zuzulegen, da fällt das Dilemma mit den Selbstgesprächen nicht mehr so auf. Die Passanten auf der Strasse werden sehen, das ich mit meinem treuen Begleiter- dem Hund spreche.

Inzwischen ist mir klar geworden das ich für meinen Umzug den schlechtesten Zeitpunkt des Jahres gewählt habe. Die Weihnachts- und Silvestergäste reisen ab. Die Insel wird leerer und leerer. Trotzdem kann ich mich nicht der Freude verweigern, die mich durchströmt, wenn ich nach der Arbeit, mal eben hinunter an den Strand jogge, dort die Seele baumeln lasse und kurz bevor mir zu kalt wird, mich wieder auf den Rückweg mache- alleine mit Weite und Freiheit. ich habe hier momentan wirklich nicht mehr zu tun, als mich um mich selbst nach dem Job zu kümmern. Um mich und um mein Lachen,welches hier endlich wieder unbeschwert und klar dem Himmel entgegen schwingt.

Natürlich bleiben mir die inseltypischen Anekdoten nicht erspart. Da versuchte ich doch tatsächlich in der ersten Woche des Jahres einen Installateur für meinen launischen Gasherd zu bestellen. „Ja meen Deern- das machen wir- nach den Ferien. Es ist ja kein dringender Notfall oder?!“ Mallorquinische Verhältnisse- ich komme heute nicht und morgen muss ich schauen was die Siesta mit mir anstellt, übermorgen denke ich dann darüber nach. Ich habe mir während meiner mallorquinischen Sommer immer Eines gewünscht, genauso zu leben, leben zu können. Ich gebe zu, es fällt mir Großstädter schwer mich dieser Langsamkeit anzupassen. Ich brauche noch eine Weile, um die Ungeduld der Metropole und ihre Rastlosigkeit hier abzustreifen. Aber mein Lächeln, während der Installateur mir seine Terminplanung offeriert, bestätigt mich, das ich mich Lernprozess befinde.

Inzwischen funktionieren mein Telefon und das Internet. Ich habe das alles selbst installiert, den dazugehörigen Kabelsalat, welcher mehr als offensichtlich mein Wohnzimmer verunstaltet inclusive.  Das mit dem Telefon war echt ein Stück Arbeit, das mit dem Internet auch- aber das Telefon das war wirklich filmreif. Der Mann von der Telefongesellschaft war total nett und hat hier alles installiert was zu installieren ist. Leider vergaß er dann, mir meine Nummer für den Telefonanschluss zu hinterlassen, das Schreiben der Telekom war im Umzugswirrwarr irgendwie abhanden gekommen. Da ich noch keine Telefon besaß, dachte ich mir, dass ich doch einfach bei der Telekom anrufe und mich nach meiner Nummer erkundige. Ein Plan, leider nicht der Plan der Telefonmaschinen der Gesellschaft.

“ Guten Tag, bitte teilen Sie uns das Stichwort Ihres Problemes mit“

Ich: „Telefon“

Telekom:“ Bitte sagen sie jetzt ihre Nummer an“.

‘ich habe doch keine Ahnung was meine Nummer ist’ denke ich bei mir und schweige still.

Telekom:“ Bitte sagen Sie uns ihre Vorwahl an.“

Juchhe die Inselvorwahl ist mir inzwischen geläufig- die hauch ich in die Leitung.

Schweigen am anderen Ende

Irgendwann ein: „Haben wir Sie richtig verstanden?“ Es folgt ein Zahlenwirrwarr.

„Bitte sagen Sie korrekt oder falsch“

„Falsch“ lautet meine Antwort.

„Bitte wiederholen Sie Ihre Telefonnummer“

Das ist nicht Euer Ernst, denke ich bei mir- verdammter Mist! Noch dreimal wiederholt sich dieses Spielchen. Dann brülle ich entnervt in den Hörer:

„Verdammte Scheiße- ich kenn die Nummer nicht!“

Kein Problem, wir können auch ohne ihre Telefonnummer fortfahren“

Ich lande der Warteschleife, welche ich nach 10 Minuten resigniert verlasse. Da ich eh nach Hamburg fahren muß, werde ich mir dort ein Telefon kaufen, mich selbst auf dem Handy anrufen und  dann kenn ich meine Telefonnummer auf der Insel. Hoffentlich! Anderenfalls werde ich am Ende der Woche den Telfonladen der Inselhauptstadt mit gezückten Waffen stürmen und um Herausgabe der kostbaren Information bitten.

Inselleben ist anders und schön. Natürlich muß ich  arbeiten und klar es ist anstrengend. Viele Dinge kenne ich, die mag ich und ich freue mich das ich zu den Wurzeln meines Berufes zurückkehren kann, die anderen Sachen sind neu und anstrengend. Manchmal ist mein Kopf einfach dicht und zu und ich kann keine Information mehr speichern.

Nach Feierabend allerdings, fahre ich nach Hause und von da aus jogge ich einfach an den Strand und genieße das Meer, die Wintersonne und die Stille, diese befreiende unendliche Stille und Weite und den Wind! Ich kann es einfach nicht verleugnen- ich bin entschleunigt (deluxe) glücklich und einfach mal zufrieden.

Diese Insel erobert Stück für Stück mein Herz. Ich kann mich kaum erinnern, wann ich das letzte Mal so entspannt mit einem die Lippen umspielenden Lächeln den Tag begrüßt habe.

Wir schreiben den 10. Januar 2011 ich stehe hier am Strand, bin entschleunigt und glücklich und zufrieden, habe ich doch nicht mehr zu tun als mich einfach einmal, nur um mich zu kümmern.



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