Enrico Crivellaro
In manchen US- Plattenläden findet man seine Werke nicht mehr unter dem Buchstaben „C“, sondern in der Rubrk „Guitar Heros“. So steht es auf seiner Homepage in seiner Biographie. In meinem CD- Regal gibt es diese Einteilung nicht, aber meiner bescheidenen Ansicht nach gehört er mittlerweile ganz unzweifelhaft zu den wirklich großen Gitarristen unserer Zeit: Enrico Crivellaro aus Italien.
Janiva Magness, James Harman, Jason Ricci, Lester Butler Tribute Band sind einige der vielen Stationen seines musikalischen Schaffens.
Dazu kommt die überaus geniale Zusammenarbeit mit dem aus Graz stammenden Hammondspieler Raphael Wressing. Eine Live- Performance dieser beiden Giganten im Bereich des modernen Instrumentalblues/-jazz durfte ich bereits im letzten Jahr beim Bluesfestival in La Chèze in der Bretagne erleben.
Und heute Abend steht er auf der kleinen Bühne des Café de Weegbrug in Roermond. Auf seine Begleitband bin ich gespannt. Neben Schlagzeug Bass- und Gitarrenverstärkern sind eine veritable Hammondorgel und das unvermeidliche dazu gehörige Leslie- Kabinett aufgebaut.
Ich will es fast nicht glauben, aber es ist tatsächlich der schon oben erwähnte Raphael Wressing, den ich im Übrigen auch schon an der Seite von Larry Garner sehen und hören durfte, der sich auf den Hocker vor der Orgel setzt und in die Tasten greift.
Die auch so schon riesige Vorfreude auf dieses Konzert erfährt so richtig Nahrung, als die vier Musiker zwei Titel als Soundcheck zum Besten geben. Insgesamt sind das schon einmal 15 Minuten erlebter bester Musik.
Am Bass steht Simone Serafini, der den Tieftöner auch schon auf Enrico’s aktuellem Silberling «Mojo Zone» beisteuerte. Das Schlagzeug bedient Carmine Bloisi, der wiederum für meinen Freund J. Sintoni auf dessen geklungener CD «The Red Suit» die Trommelstöcke rührte.
„It’s a small blues world…“. So ist es wohl. Irgendwann und irgendwo kreuzen sich die Wege des Blues. Crossroads.
Ich will es kurz machen: Wir erleben ca. drei Stunden Instrumentalmusik aus den Bereichen Blues (hauptsächlich), Jazz, Funk und Mischungen aus allen drei der eben genannten Richtungen. Die Grenzen sind hier schwimmend. Eine Gesamtleistung und –vorstellung auf Weltklasseniveau.
Klar, dass Enrico Crivellaro und Raphael Wressing solistisch im Vordergrund stehen, aber auch die beiden anderen Bandmitglieder bekommen den Raum, ihr musikalisches Können als Solist zu zeigen.
Ein kleines I-Tüpfelchen ist der Gastauftritt eines 12- jährigen Gitarristen mit dem Namen Guy Smeets, der für zwei Bluestitel jammend ins Geschehen eingreift.
Wenn der Kleine so weiter macht, kann aus ihm noch ein ganz Großer werden. Denn was er heute schon an Feeling und Technik aufweisen kann, ist enorm.
Das Einzige, das weh tut an diesem gelungenen Freitagabend/Samstagmorgen (gegen zwei Uhr morgens verklang der letzte Akkord), ist die geringe Zuschauerzahl, die sich bei ca. 20 bis 25 einpendelt.
Und das bei nur 5(!) Euro Eintritt. Wer mutwillig solch hochgradigen Musikgenuss auslässt, ist selber schuld und dem ist nur noch zu helfen, wenn er beim nächsten Mal dabei ist, denn das sollte man dann unbedingt nicht (schon wieder) verpassen.
Text & Fotos (c) 2010 Tony Mentzel