Englands Hacker Journalismus

 

Das Ende der „News of the World“

Was derzeit der Abhörskandal der britischen Zeitung „News of the World“ ans Tageslicht bringt, ist ganz schön bitter. Gewissenlos übertraten englische Journalisten unter der Murdoch-Flagge gezielt moralische, ethische und auch rechtliche Grenzen, um eine gute Story zu gelangen.

Hacker in englischen Redaktionen

Dazu hackten sich die Journalisten in die Mobiltelefone von Schauspielern (wie etwa Hugh Grant oder Sienna Miller), Politikern, Fußballstars und sogar in die Handys der Königsfamilie. Systematisch wurden Mailboxen und Telefonate abgehört und damit das Intimleben zahlreicher Prominenter als saftige Story verkauft.  Denn die größte britische Sonntagszeitung stellte einen engagierten Privatdetektiv ein, der sich besonders gut auf skrupellose Abhörmaßnahmen verstand. Denn Glenn Mulcaire, der besagte Privatermittler, verschaffte sich Zugang zu den Mobiltelefonen von Angehörigen britischer Soldaten, die kürzlich in Afghanistan oder im Irak im Auslandseinsatz ums Leben kamen. So berichtet zumindest die Zeitung „Daily Telegraph“. So sollen private Gespräche von Ehefrauen, Eltern und Geschwister der getöteten Soldaten angezapft worden sein. Aus den Gesprächen wurden dann Artikel für die „News of the World“ gestrickt. Auch Polizisten sollen für die Ermittlungsdetails bestochen worden sein.

News: Englands Hacker Journalismus

Rebekah Brooks Chefredakteurin der News of the World z.Zt. der Abhörskandale

Der Besitzer der „News of the World“ und Medienmogul Rupert Murdoch gab am Donnerstagnachmittag bekannt, dass das Blatt am Sonntag zum letzen Mal erscheint. Eine harte, aber sehr konsequente Maßnahme, findet auch Murdoch Sohn James. Er musste die Heilsbotschaft gestern der geschockten Belegschaft mitteilen. Für Murdoch geht es jedoch weniger um den moralischen Aspekt des Skandals, sondern viel mehr um ein Politikum. Rupert Murdoch, der aus Australien stammt, aber schon lange mit amerikanischen Pass in England ebt, würde gerne den Sender BSkyB aufkaufen. Seit Jahren arbeitet er bereits daran, seine Marktanteile an dem Sender, zu dem auch der Nachrichtenkanal Sky News gehört, auszubauen. Zurzeit hält Murdoch bereits 39% des Senders. Wegen seiner großen Medienmacht brauchte Murdoch dafür das Plazet der Regierung, was er Anfang März trotz großer Proteste der Opposition auch provisorisch bekam. Der Deal steht nach dem jüngsten Abhörskandal natürlich wieder auf der Kippe.

Murdoch und das Hacker Imerperium

Murdoch zieht bereits seit den Siebziger Jahren, vornehmlich auf der britischen Insel, die Marionettenstricke der Medienbranche und auch der Politik. Zum Murdoch Imperium gehören allein Großbritannien 5 Tageszeitungen der Yellow Press, wie das Boulevardblatt „Sun“. Am Wochenende erscheinen zusätzlich noch einmal 5 weitere Boulevardblätter aus dem Hause Murdoch. Berühmt und geliebt von den Briten, aufgrund ihrer unverwechselbaren Art Schlagzeilen zu produzieren, die wahrscheinlich in Deutschland bei Lesern eine Art Schockstarre auslösen würden.

Politik und Journalismus

Die britische Politik fürchtet jedoch die Blätter. Denn es heißt, wen die „Sun“ im Wahlkampf unterstützt, der wird es in die beliebte Adresse Downing Street Nummer 10 schaffen. Schon unter der eisernern Lady, Margret Thatcher (1979-19990), waren die Verstrickungen von Medien und Politik deutlich und kaum trennbar. Auch sie wusste bereits, dass sie ohne das Medienimperium keine Politik machen konnte. Auch Tony Blair und Tory David Cameron arbeitet bevorzugt mit dem Hause Murdoch zusammen und siehe da – sie schafften es auch alle Male in die Downing Street.

Abhörskandal oder investigativer Journalismus

Gerade die Beziehung des jungen Premiers Cameron könnte nicht inniger sein zur „News of the World“. So hatte er sich zu Beginn seiner Amtszeit den Ex-Chefredakteur, Andy Coulson als seinen persönlichen Medienberater an seine Seite gestellt. Coulson wiederum war an der Spitze des Blattes als der Abhörskandal um Prinz William und seine Angehörigen ausbrach. „News of the World“ hatte Details aus Mailboxnachrichten und Telefongesprächen veröffentlicht. Die Details waren so intim, dass das Könighaus beschloss Scotland Yard mit der Untersuchung der Affäre zu beauftragen. Man konnte sich nicht vorstellen, wie die Journalisten an die besagten Details auf legalem Wege heran kamen. Herauskam eine Verurteilung der Zeitung. Coulson machte seinerzeit den Richtern glaubhaft, dass er von den Geschehnissen und Vorgehensweisen seiner Mitarbeiter nichts wusste. Einer seiner Mitarbeiter musste daraufhin eine Haftstrafe absitzen.

Hacker oder Journalist?

Seinen Job als Chefredakteur gab Andy Coulson daraufhin auf und zog wenig später mit Premierminister Tory David Cameron in die Downing Street Nummer 10 ein. Er sollte fortan das Intermezzo Politik und Medien dirigieren. Doch letztes Jahr trat Coulson auch von diesem Amt zurück, nachdem die „News International“ den Behörden neues Material über die Hacking Methoden der „News of the World“ übergaben.  „News International“ hatten den Fall weiter recherchiert und kamen zu unglaublichen Ergebnissen, die offenbar sehr belastend für Coulson waren.

News: Englands Hacker Journalismus

So kam beispielsweise heraus, dass neben den angezapften Telefonen von getöteten Soldaten auch die Mailbox eines getöteten Mädchens abgehört wurde. Die damals 13-jährige Milliy D. wurde 2002 entführt. Ihre Leiche fand man ein halbes Jahr später. Angehörige hinterließen in ihrer Sorge immer wieder Nachrichten auf der Mailbox von Milly. Da diese niemals voll wurde, gingen Angehörige und Behörden davon aus, dass das Mädchen noch lebe. Erschreckenderweise waren es aber die Journalisten der „News of the World“, die die Mailbox regelmäßg abhörten und die Nachrichten auf der Mailbox löschten, um Platz für neue zu machen.

Aus für „News of the World“

Das Blatt erscheint nun zwar zum letzten Mal, doch die Macher werden wahrscheinlich woanders unterkommen und mit ihren Tricks weitere skandalträchtige Stories schreiben. Denn auch wenn die Briten jetzt laut aufschreien, Datenschutz ist ein stark vernachlässigtes Anliegen in Großbritannien. Hoffen wir mal, dass es in deutschen Redaktionen anders dahergeht.


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