"By the time I was nineteen I'd gained my stripes - and lost my soul. But a soul was unnecessary in my line of work." (p. 341)
Mein 5. Buch in der "Bücher, die man gelesen haben muss-Challenge" (und übrigens mein 40. auf der 100 Bücher Liste - ich müsste die mal wieder aktualisieren) war Noughts & Crosses von Malorie Blackman. Soweit ich weiß, ist die Geschichte nie auf deutsch übersetzt worden, aber in Großbritannien scheint sie super beliebt zu sein und hat wohl auch schon mehrere Preise gewonnen. Ich werde das wohl so glauben müssen, denn logisch erschlossen hat sich mir der Grund dafür nicht.
Zur Story:
Es geht um Callum und Sephy, zwei Jugendliche die als Freunde aufgewachsen sind, obwohl jeder weiß, dass sie später zu Feinden werden müssen. Denn Callum ist ein Nought - ein blonder, hellhäutiger "Second class citizen" - in einer Welt, die von Crosses beherrscht wird, der dunkelhäutigen Oberklasse. Als Callum es als einer der ersten Noughts schafft, an Sephys Schule aufgenommen zu werden, gibt es Proteste in der Bevölkerung - wer will schon, dass seine gut erzogenen Kinder mit einem dreckigen Weißen - einem "Blanker" - zur Schule gehen müssen? Die Situation spitzt sich zu und als Callums Vater verdächtigt wird, Teil der "Liberation Militia", der weißen Freiheitsbewegung zu sein, kommt es zur Eskalation. Denn diese terroristische Gruppe ist für die Bombe verantwortlich, in der Sephy fast umgekommen wäre - wenn Callum sie nicht gerade noch rechtzeitig gewarnt hätte...
Meine Meinung:
"If you're black, that's where it's at. If you're brown, stick around. If you're white, say goodnight." (p. 134)
Das Buch müsste eigentlich spannend sein. Malorie Blackman hat die Geschichte der Apartheit einfach kurzerhand auf den Kopf gestellt und es fällt erstaunlich schwer, sich ein solch umgedrehtes schwarz/weiß Klassensystem vorzustellen. Die Situation an sich ist nicht viel anders als die, die sich zu Martin Luther Kings Zeit abgespielt haben muss - der eine Teil der Bevölkerung ist reich, der andere arm, der eine Teil ist Dienstmädchen, der andere reiche Hausfrau. Nur dass hier eben die Hautfarben vertauscht wurden. Und tatsächlich habe ich es nicht wirklich hinbekommen, mir Sephy, die reiche, verwöhnte Tochter des Governours ohne einen blonden Pferdeschwanz vorzustellen. Allerdings hatte sie in meinem Kopf auch ständig ein Tenniskleidchen an, daher bin ich mir ziemlich sicher, dass dieses Bild zumindest teilweise an ihrem Namen lag. Hätte man das Mädchen durchgehend mit ihrem Taufnamen "Persephone" betitelt, hätte ich sie vielleicht nicht ständig mit Stephi Graf assoziiert. Anyway, das Buch regt eindeutig zum Nachdenken an, was durchaus wertvoll und positiv ist.
Andererseits... habe ich mich zu Tränen gelangweilt. Es geht um Liebe, Tod, Selbstmord, Terrorismus, Sklaverei - eine ganze Menge spannende Themen. Aber ich hatte irgendwie das Gefühl, sie werden komplett ohne Gefühl rübergebracht. So als hätten die Hauptfiguren Sephy und Callum nur den Zweck, ihre Schicht zu repräsentieren und eben die Geschichte voranzubringen, aber ansonsten hat sich die Autorin nicht wirklich für sie interessiert.
Ca 3/4 des Buches spielt sich ab, während Callum 16 ist und Sephy zwei Jahre jünger. Es dauert eeeewig, bis die Geschichte mal etwas an Fahrt aufnimmt. Es gibt jugendliche Buchcharaktere, die sehr viel reifer wirken, als sie in dem Alter normalerweise wären. Sephy und Callum gehören nicht dazu. Gerade Sephys Gedanken sind mir mit der Zeit so auf die Nerven gegangen, dass ich sie nur noch überflogen habe. Es geht ja hier unzweifelhaft und um ein mutiges Mädchen, dass tief verzweifelt über die Umstände seiner Zeit ist - aber sie hat es nicht wirklich geschafft, mein Mitgefühl zu wecken. Dann macht die Geschichte auf einmal einen Zeitsprung und der drei Jahre ältere Callum hat seinen Charakter angeblich um 180 Grad gedreht. Für den Leser ist das vollkommen unglaubwürdig, weil die schwere Änderungsphase einfach mit ein paar Sätzen abgehakt wird. Und so wirkt auch der Rest des Buches einfach nur konstruiert und flach. Und unangenehm vorausschaubar.
Was ich aber ganz, ganz fürchterlich fand, weil ich finde, dass sowas einfach gar nicht geht bei einem guten Buch: die Charaktere handeln unlogisch oder dämlich und die Geschichte wird durch einen Zufall entschieden. Ich habe mich über diese eine Szene so aufgeregt, dass ich eigentlich keine Lust mehr hatte, weiterzulesen (wobei es auch nicht so ist, dass ich an irgendeinem Punkt vorher schon mal besonders große Lust hatte, weiterzulesen). Alle die das Buch noch lese möchten, sollten hier aufhören zu lesen, es kommen Spoiler:
Dämliche, unlogische Handlung Teil 1:
Sephy schreibt Callum einen Brief in dem sie ihm sagt, dass er zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort sein soll, ansonsten geht sie auf ein Internet und IST WEG. Callum, der normalerweise nie auf die Idee kommen würde, einen Brief zu ignorieren, liest ihn erst am nächsten Tag. Und so kommt es, dass er nur noch dem wegfahrenden Auto nachhechten kann, in dem Sephy ihn nicht mehr sieht und denkt, er hätte sie aufgegeben. Todtraurig leben also beide ihr Leben in den nächsten drei Jahren, in dem Bewusstsein, dass sie sich verloren haben. HALLO? TELEFON BENUTZEN? Die rufen sich doch sonst auch ständig an. Wie schwer ist es wohl, die Nummer der Schule rauszufinden, unter falschem Namen da anzurufen und kurz durchzugeben "Hi, ich war 5 Minuten zu spät, ich hab dich trotzdem lieb." Alles Paletti, keiner muss 3 Jahre einsam sein. Die Autorin entscheidet sich aber lieber für den radikalen Verlauf und lässt Callum der Terrorgruppe beitreten, in der er sich dann angeblich nullkommanichts in einen gefühllosen Schwerverbrecher verwandelt. (Siehe Zitat oben.)
Dämliche, unlogische Handlung Teil 2:
... und weil Callum jetzt so ein Verbrecher ist, stimmt er auch sofort zu, als seine Verbrecherfreunde entscheiden, Sephy zu entführen. Nur sein Bruder (zu dem Callum ein ganz seltsames Verhältnis hat und der einer der Anführer der Miliz ist) misstraut Callum. Callum kann ihn aber überzeugen, dass Sephy ihm völlig egal ist, indem er ihr - Achtung! - in den Finger schneidet! Weil -Blut. (Wobei ich zugeben muss, dass dieser Move bei einem Kinderbuch wahrscheinlich ausreichend ist.) Fünf Minuten später erkennt Callum aber, dass er doch noch nicht so gefühlskalt ist, wie er dachte, er bringt sie nicht um, und die beiden fallen wollüstig übereinander her. Auch das übrigens, ohne dass es mich irgendwie besonders berührt hätte.
Fazit:
Sehr viel Potential, sehr wenig Tiefe. Es fühlt sich an, als hätte die Autorin genau gewusst, welche Story sie erzählen will - und die Figuren nachträglich eingefügt, ohne sich vorher die Zeit zu nehmen, ihre Hauptcharaktere ein bisschen genauer kennenzulernen. Schade. Die Geschichte wird dadurch leider ziemlich fade und ich musste mich durch das Buch quälen. Grundsätzlich schlecht ist das Buch aber nicht. Wer mit flachen Charakteren kein Problem hat, der mag evtl. sogar gefesselt sein. Oder auch nicht.
Mein 5. Buch in der "Bücher, die man gelesen haben muss-Challenge" (und übrigens mein 40. auf der 100 Bücher Liste - ich müsste die mal wieder aktualisieren) war Noughts & Crosses von Malorie Blackman. Soweit ich weiß, ist die Geschichte nie auf deutsch übersetzt worden, aber in Großbritannien scheint sie super beliebt zu sein und hat wohl auch schon mehrere Preise gewonnen. Ich werde das wohl so glauben müssen, denn logisch erschlossen hat sich mir der Grund dafür nicht.
Zur Story:
Es geht um Callum und Sephy, zwei Jugendliche die als Freunde aufgewachsen sind, obwohl jeder weiß, dass sie später zu Feinden werden müssen. Denn Callum ist ein Nought - ein blonder, hellhäutiger "Second class citizen" - in einer Welt, die von Crosses beherrscht wird, der dunkelhäutigen Oberklasse. Als Callum es als einer der ersten Noughts schafft, an Sephys Schule aufgenommen zu werden, gibt es Proteste in der Bevölkerung - wer will schon, dass seine gut erzogenen Kinder mit einem dreckigen Weißen - einem "Blanker" - zur Schule gehen müssen? Die Situation spitzt sich zu und als Callums Vater verdächtigt wird, Teil der "Liberation Militia", der weißen Freiheitsbewegung zu sein, kommt es zur Eskalation. Denn diese terroristische Gruppe ist für die Bombe verantwortlich, in der Sephy fast umgekommen wäre - wenn Callum sie nicht gerade noch rechtzeitig gewarnt hätte...
Meine Meinung:
"If you're black, that's where it's at. If you're brown, stick around. If you're white, say goodnight." (p. 134)
Das Buch müsste eigentlich spannend sein. Malorie Blackman hat die Geschichte der Apartheit einfach kurzerhand auf den Kopf gestellt und es fällt erstaunlich schwer, sich ein solch umgedrehtes schwarz/weiß Klassensystem vorzustellen. Die Situation an sich ist nicht viel anders als die, die sich zu Martin Luther Kings Zeit abgespielt haben muss - der eine Teil der Bevölkerung ist reich, der andere arm, der eine Teil ist Dienstmädchen, der andere reiche Hausfrau. Nur dass hier eben die Hautfarben vertauscht wurden. Und tatsächlich habe ich es nicht wirklich hinbekommen, mir Sephy, die reiche, verwöhnte Tochter des Governours ohne einen blonden Pferdeschwanz vorzustellen. Allerdings hatte sie in meinem Kopf auch ständig ein Tenniskleidchen an, daher bin ich mir ziemlich sicher, dass dieses Bild zumindest teilweise an ihrem Namen lag. Hätte man das Mädchen durchgehend mit ihrem Taufnamen "Persephone" betitelt, hätte ich sie vielleicht nicht ständig mit Stephi Graf assoziiert. Anyway, das Buch regt eindeutig zum Nachdenken an, was durchaus wertvoll und positiv ist.
Andererseits... habe ich mich zu Tränen gelangweilt. Es geht um Liebe, Tod, Selbstmord, Terrorismus, Sklaverei - eine ganze Menge spannende Themen. Aber ich hatte irgendwie das Gefühl, sie werden komplett ohne Gefühl rübergebracht. So als hätten die Hauptfiguren Sephy und Callum nur den Zweck, ihre Schicht zu repräsentieren und eben die Geschichte voranzubringen, aber ansonsten hat sich die Autorin nicht wirklich für sie interessiert.
Ca 3/4 des Buches spielt sich ab, während Callum 16 ist und Sephy zwei Jahre jünger. Es dauert eeeewig, bis die Geschichte mal etwas an Fahrt aufnimmt. Es gibt jugendliche Buchcharaktere, die sehr viel reifer wirken, als sie in dem Alter normalerweise wären. Sephy und Callum gehören nicht dazu. Gerade Sephys Gedanken sind mir mit der Zeit so auf die Nerven gegangen, dass ich sie nur noch überflogen habe. Es geht ja hier unzweifelhaft und um ein mutiges Mädchen, dass tief verzweifelt über die Umstände seiner Zeit ist - aber sie hat es nicht wirklich geschafft, mein Mitgefühl zu wecken. Dann macht die Geschichte auf einmal einen Zeitsprung und der drei Jahre ältere Callum hat seinen Charakter angeblich um 180 Grad gedreht. Für den Leser ist das vollkommen unglaubwürdig, weil die schwere Änderungsphase einfach mit ein paar Sätzen abgehakt wird. Und so wirkt auch der Rest des Buches einfach nur konstruiert und flach. Und unangenehm vorausschaubar.
Was ich aber ganz, ganz fürchterlich fand, weil ich finde, dass sowas einfach gar nicht geht bei einem guten Buch: die Charaktere handeln unlogisch oder dämlich und die Geschichte wird durch einen Zufall entschieden. Ich habe mich über diese eine Szene so aufgeregt, dass ich eigentlich keine Lust mehr hatte, weiterzulesen (wobei es auch nicht so ist, dass ich an irgendeinem Punkt vorher schon mal besonders große Lust hatte, weiterzulesen). Alle die das Buch noch lese möchten, sollten hier aufhören zu lesen, es kommen Spoiler:
Dämliche, unlogische Handlung Teil 1:
Sephy schreibt Callum einen Brief in dem sie ihm sagt, dass er zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort sein soll, ansonsten geht sie auf ein Internet und IST WEG. Callum, der normalerweise nie auf die Idee kommen würde, einen Brief zu ignorieren, liest ihn erst am nächsten Tag. Und so kommt es, dass er nur noch dem wegfahrenden Auto nachhechten kann, in dem Sephy ihn nicht mehr sieht und denkt, er hätte sie aufgegeben. Todtraurig leben also beide ihr Leben in den nächsten drei Jahren, in dem Bewusstsein, dass sie sich verloren haben. HALLO? TELEFON BENUTZEN? Die rufen sich doch sonst auch ständig an. Wie schwer ist es wohl, die Nummer der Schule rauszufinden, unter falschem Namen da anzurufen und kurz durchzugeben "Hi, ich war 5 Minuten zu spät, ich hab dich trotzdem lieb." Alles Paletti, keiner muss 3 Jahre einsam sein. Die Autorin entscheidet sich aber lieber für den radikalen Verlauf und lässt Callum der Terrorgruppe beitreten, in der er sich dann angeblich nullkommanichts in einen gefühllosen Schwerverbrecher verwandelt. (Siehe Zitat oben.)
Dämliche, unlogische Handlung Teil 2:
... und weil Callum jetzt so ein Verbrecher ist, stimmt er auch sofort zu, als seine Verbrecherfreunde entscheiden, Sephy zu entführen. Nur sein Bruder (zu dem Callum ein ganz seltsames Verhältnis hat und der einer der Anführer der Miliz ist) misstraut Callum. Callum kann ihn aber überzeugen, dass Sephy ihm völlig egal ist, indem er ihr - Achtung! - in den Finger schneidet! Weil -Blut. (Wobei ich zugeben muss, dass dieser Move bei einem Kinderbuch wahrscheinlich ausreichend ist.) Fünf Minuten später erkennt Callum aber, dass er doch noch nicht so gefühlskalt ist, wie er dachte, er bringt sie nicht um, und die beiden fallen wollüstig übereinander her. Auch das übrigens, ohne dass es mich irgendwie besonders berührt hätte.
Fazit:
Sehr viel Potential, sehr wenig Tiefe. Es fühlt sich an, als hätte die Autorin genau gewusst, welche Story sie erzählen will - und die Figuren nachträglich eingefügt, ohne sich vorher die Zeit zu nehmen, ihre Hauptcharaktere ein bisschen genauer kennenzulernen. Schade. Die Geschichte wird dadurch leider ziemlich fade und ich musste mich durch das Buch quälen. Grundsätzlich schlecht ist das Buch aber nicht. Wer mit flachen Charakteren kein Problem hat, der mag evtl. sogar gefesselt sein. Oder auch nicht.