Elijah Wood wird zum “Maniac”

© Ascot Elite/24 Bilder / Elijah Wood ist der Psychopath Frank Zito in

© Ascot Elite/24 Bilder / Elijah Wood ist der Psychopath Frank Zito in “Maniac”

Das erste Mal erblickte der „Maniac“ im Jahre 1980 auf den Filmfestspielen von Cannes das Licht der Welt, nur um dann im November desselben Jahres auch in den deutschen Kinos anzulaufen. Die Freude hierüber währte nur kurz, der Film wurde schnell nach seiner Veröffentlichung schon wieder beschlagnahmt. Der 1999 verstorbene US-Filmkritiker Gene Siskel, bekannt geworden durch seine Kooperationen mit Roger Ebert für deren Fernsehshow „Siskel & Ebert at the Movies“, soll von Regisseur William Lustigs (später noch für die „Maniac Cop“-Trilogie verantwortlich) Film so entsetzt gewesen sein, dass er nach dreißig Minuten den Kinosaal verließ. Brutalität zeigt auch das Remake, das jetzt unter demselben Titel von Franck Khalfoun inszeniert wurde. Er taucht in seiner Inkarnation des Films tief in die Psyche des Massenmörders ein, der eine Vorliebe für das Skalpieren seiner weiblichen Opfer hat. Wo 1980 noch Joe Spinell als Frank Zito, besagter Serienkiller, zu sehen war, ist es nun der eher harmlos wirkende Elijah Wood, der bereits in „Sin City“ den mordenden Psychopathen mimen durfte.

Nun in seiner ganzen Blüte, nicht nur die aufglühenden Brillengläser in der durchgestylten Graphic Novel-Adaption. Wood spielt hier Frank Zito, den Besitzer eines Mannequin Ladens, der zurückgezogen ein verschlossenes Leben führt. In seiner obsessiven Manie tötet er junge Frauen um mit der Haut ihrer Gesichter seine Puppen zum Leben zu erwecken. Die französische Fotografin Anna wendet sich für eine ihrer neuen Ausstellungen an den Mannequin-Liebhaber. Es entwickelt sich anscheinend eine Freundschaft zwischen den beiden Menschen. Doch tief in seinem Innersten lebt noch immer diese Besessenheit, der Drang zum Morden bleibt bestehen. Die lang anhaltende Freundschaft wird für Frank zur schmerzenden Bewährungsprobe.

Nora Arnezeder als französische Fotografin Anna

Nora Arnezeder als französische Fotografin Anna

Auch dieser „Maniac“ ist ein höchst brutaler Film, der zugleich seine stärksten Szenen aber aus dem Innenleben des Protagonisten zieht. Diese in seiner Kindheit geschädigte Person, deren Mutter sich als Drogennutte nur selten um ihren Sohn gekümmert hat. Dass aus so einem verkümmerten Kind ein psychisch kranker Killer wird, ist nicht unbedingt Formsache, aber nachvollziehbar. Er sucht auch als erwachsener Mann noch nach Liebe, die ihm nie in seinem Leben geschenkt wurde, obgleich er eben deswegen auch mit den eigenen Vorstellungen von Liebe zu kämpfen hat, ein schweres Verhältnis zu seinen Emotionen entwickelt hat. Er selbst stellt sich wie eine seiner Mannequins vor, unten ohne Geschlechtsteil, nur eine Puppe, wird nervös bei Berührungen, muss schnell Maßnahmen ergreifen um seinem Laster nachzugehen. Sich selbst als Puppe sehend – eine Puppen-Version seiner selbst als Kind steht bei ihm im Schlafzimmer – möchte er sein Leben auch mit Puppen verbringen, die für ihn zum Leben erwachen.

Die von ihm ermordeten Opfer, seine Tötungsvarianten sind hierbei zahlreich, haben die Gemeinsamkeit, dass sie von ihm skalpiert werden. Die Kamera bleibt dabei, der Zuschauer hört nicht nur die schreienden Opfer oder den manischen Blick des Killers, sondern wird sogar noch in die Rolle des Psychopathen hinein versetzt. „Maniac“ wird aus der Ich-Perspektive erzählt, wir sehen Darsteller Elijah Woods Hände, als seien es unsere Hände, wir halten das Messer in den Händen, wir sehen Personen aus der Ferne oder gehen näher an sie heran. Der Zuschauer erlebt so auch die Anfälle des Protagonisten, wenn seine Welt verschwimmt, er sich nur noch torkelnd auf den Beinen halten kann. Durch diesen Effekt sind es dann auch die Zuschauer, die die Morde begehen, mit dem Messer in den Händen einen kleinen Schnitt an der Stirn ansetzen, die Haut abtrennen und die Haare als Trophäe abziehen. Blutige Bilder, die aber niemals wie ein Slasher-Film wirken, niemals auf die Effektivität des zu sehenden Bluts abzielen, sondern lediglich auf das gestörte Gehirn des Mörders hinweisen. Der Zuschauer leidet niemals mit dem Opfer, immer nur mit dem Täter, eine merkwürdige Wirkung, die besser nicht hinterfragt werden sollte.

Elijah Wood als Killer Frank, hier ganz in seinem Element

Elijah Wood als Killer Frank, hier ganz in seinem Element

Die Damen – in diesem Film allesamt Opfer – sind derweil blasse Lichter, von dem kleinen Einführungssegment, bei der eine Brünette das zeitliche segnet, über ein rothaariges Mädel, die ihren Mörder durch ein Online Dating-Portal kennenlernt, einer älteren Frau, die ihn einfach nur nervt oder aber der französischen Fotografin, die ihm letztendlich zum Verhängnis wird. Sie ist ebenso an den Mannequins interessiert, wie er selbst, nutzt sie allerdings für harmlose Fotografien, die sie in einer Galerie ausstellt. Die beiden entwickeln eine Beziehung zueinander, er durchlebt mehr als einmal die Hölle des mordlosen Aufeinandertreffens, muss sich dann aber doch wieder seinen Gelüsten ergeben. Aber hier, wie in vielen anderen Horrorfilmen, gibt es dann eben dieses toughe Mädchen, die dem Mörder alles versaut. Obgleich der Begriff des Horrorfilms hier nicht unbedingt treffend gewählt wäre, ist „Maniac“ doch viel mehr ein blutrünstiger Thriller, der seine Spannung durch seine Perspektive erzeugt.

Überraschend gut kauft man Elijah Wood den manischen Killer ab, obwohl man sich bei seiner Schizophrenie zwischen Mörder und kleinem Kind auf der Suche nach Liebe manches Mal an den Ringträger Frodo erinnert fühlt, mit einer Bürde beladen, die er nicht auf Dauer zu Tragen im Stande ist. Aber ein Drei-Tage-Bart und sein heruntergekommenes Äußeres setzten den Hobbit dann etwas in den Hintergrund, zum Vorschein kommt diese Person, dieser skrupellose, widerwärtige und von sich selbst geplagte Mann, durch dessen Augen der Zuschauer die kranke Welt sieht, in der er zu leben versucht.

Denis Sasse


Maniac_Hauptplakat

“Maniac“

 

Originaltitel: Maniac
Altersfreigabe: ab 18 Jahren
Produktionsland, Jahr: F / USA, 2012
Länge: ca. 92 Minuten
Regie: Franck Khalfoun
Darsteller: Elijah Wood, Nora Arnezeder, Liane Balaban, America Olivo, Sammi Rotibi, Megan Duffy

Deutschlandstart: 27. Dezember 2012
Offizielle Homepage: maniac-derfilm.de


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