Nachdem Suri auf dem Westerwald-Steigs von Herborn nach Breitscheid etwas geschwächelt hat, bin ich nun wieder mit Dayo alleine unterwegs. Diesmal wollen wir gemeinsam Etappe 4 bewältigen. Die 17 Kilometer lange Strecke führt von Rennerod nach Westerburg.
Es ist Samstagmorgen und ich bin schon ziemlich früh unterwegs. Da mein reizender Gemahl noch im Wochenendschlafmodus ist, muss er mich auch nicht zum Startpunkt fahren. Ich werde ihn rund drei Kilometer vor dem Ziel anrufen, damit er mich und Dayo am Westerburger Schloss einsammeln kann. Ich parke mein Auto in Rennerod am Ende des Friedhofweges am Waldrand. Während Dayo gleich mal los schnüffelt, orientiere ich mich erst einmal.
Rucksack? Sitzt. Kamera? Hängt. Leckerli-Beutel? Ist gut ausgestattet. Und dann geht es los. Zunächst geht es ein Stück am Waldrand entlang.Immer wieder fällt mein Blick auf den Stadtrand von Rennerod. Der Tag verspricht, ganz schön warm zu werden. Aber noch ist alles sehr angenehm und ich spaziere so vor mich hin. Dayo läuft voraus und genießt die vielen neuen Gerüche in vollen Zügen. Obwohl wir noch in der Nähe der Stadt sind, treffen wir keine Menschenseele. Auch niemanden, der mit seinem Vierbeiner auf dem Morgenspaziergang ist.
Unter einem wohl schon vor längerer Zeit entwurzelten Baum drapiere ich Dayo für ein Foto. Eigentlich mag er da wohl nicht so gerne reingehen, aber mir zu Liebe bleibt er wenigstens ein paar Sekunden stehen. Kurze Zeit später erreichen wir das Naturdenkmal Seitenstein. Das ist eine rund 20 Meter hohe Basaltformation mitten im Wald.Vor mehr als 25 Millionen Jahren quoll an dieser Stelle heißes Magma aus dem Erdinneren. Da der flüssige Steinbrei nicht überall gleichmässig abkühlte, entstanden unterschiedliche Formen und Gößen. Im Laufe der Jahrtausende verwitterte der Basalt und erhielt so sein heutiges Aussehen. Der Wanderweg ist bisher ziemlich bequem. Mal geht es leicht bergauf, mal ein Stückchen bergab. Alles ziemlich gemäßigt und einfach. Größtenteils geht es durch den Wald, aber hin und wieder passieren wir auch saftig grüne Wiesen. So beschaulich durch die Gegend laufend, kommen Dayo und ich an den Secker Weihern an. Hier in der Nähe gibt es ein kleines Jagdschloss, das einst dem Fürst Moritz Heinrich von Nassau-Hadamar gehört, der diese Weiher im 17. Jahrhundert anlegen liess.
Der große Weiher, an dem sich Dayo reichlich erfrischt, ist zehn Hektar groß. Hier gibt es einen Campingplatz und auch eine Gaststätte. Der Weg rund um den Weiher ist sehr belebt. Angler sitzen am Ufer und warten darauf, das ein Fisch anbeisst. Radfahrer, Jogger, Kinder - alles ist hier unterwegs.
Dayo benimmt sich tadellos und lässt sich durch nichts beirren. Er lässt sich von sehr viel kleineren und nervösen Hundegenossen anpöbeln, ohne auch nur darauf zu achten. Er ist einfach ein ganz toller Hund, und ich bin - nicht nur heute - sehr stolz auf ihn. Kaum haben wir die trubeligen Weiher verlassen, scheint es, als seien wir ganz alleine im Westerwald unterwegs. Das ist mir übrigens bei so gut wie jeder Wanderung im Westerwald bisher so gegangen. Im Vergleich zum Rennsteig (dem ich vergangenes Wochenende ein Stippvisite abgestattet habe) treffe ich in der Regel nur um die Dörfer und Attraktionen herum Menschen. Aber hin und wieder treffe ich jemanden, der dann auch so nett ist, ein Beweisfoto von Dayo und mir als Wanderpaar zu machen ...... und an diesem Samstag treffen wir unweit des Dorfes Seck auch einmal einen sehr interessierten Spielkameraden für den Bären. Der lässt sich von der noch ganz jungen und sehr süssen Maus geduldig beschnüffeln und rennt sogar mal fünf Meter mit ihr ... 😉 ...Es ist früher Mittag. Sobald sich die Sonne einen Weg durch die Wolke bahnen kann, sticht sie erbarmungslos vom Himmel. Da bin ich um jedes Wölkchen dankbar, weil es nämlich jetzt ein ganzes Stück über schattenlose Wiesen geht.Langsam aber sicher nähern wir uns der Hauptattraktion dieser Etappe des Westerwald-Steigs: der Holzbachschlucht. Sie wird in jedem Wander- und Touristikführer über den Westerwald als geheimnisvoll und märchenhaft geschildert. Und ich bin schon sehr gespannt darauf.Der Eingang zur Schlucht befindet sich in der Nähe des Hofgut Dapprich. Hier gibt es das Hofcafé, wo ich nach acht Kilometern Wanderung gerne eine kleine Pause gemacht hätte. Leider bin ich zu früh. Das Café ist Mittwoch bis Sonntag von 14 Uhr bis 18 Uhr geöffnet und hat - soweit ich das sehen konnte - auch eine sehr schöne Terrasse. Na ja, nicht rumheulen, sondern weitergehen.
Ich steuere auf einen Informationskasten zu und muss mit Schrecken lesen, dass der Rundweg durch die Holzbachschlucht gesperrt ist. Hmmm, so ein Mist. Aber vielleicht ist das ja schon eine überholte Information und man hat nur vergessen, die Information herauszunehmen.
Von jetzt auf sofort ist der Wanderweg bevölkert. Ältere Paare, junge Familien, eine „Kampfwanderer", die alles, was sich ihnen in den Weg stellt, mit genervtem Gemeckere anquäkt. Hier tanzt ganz offensichtlich der Bär. Wo kommen all die Menschen auf einmal her?
Und dann liegt sie vor uns - die Holzbachschlucht. Hier hat sich der Holzbach bis zu 20 Meter tief in den Basalt gefressen. Daraus ist eine pittoreske Naturerscheinung geworden, die Tausende von Touristen wie ein Magnet anzieht.Zunächst geht es hinunter in die Schlucht. Wo der Weg zu steil wird, wurden Stufen eingebaut.
Kurz darauf haben es Dayo und ich bis ganz nach unten geschafft. Der Bär stürzt sich in die kühlen Fluten des Holzbaches und genießt es sichtlich (zumindest solange wie die Leckerlis ins Wasser fliegen ... 😉 ...)
Ich mache eine kleine Pause, fotografiere Dayo, esse mein Brötchen und genieße die Minuten, in denen ich an dieser Stelle alleine bin.Als ich eine Gruppe, bestehend aus mehreren Familien, den Weg herunter kommen sehe, nehme ich Dayo und mache mich von dannen.Auf Informationstafeln wird am Eingang der Schlucht darauf hingewiesen, das Hunde an der Leine zu führen seien. In der Regel halte ich mich natürlich an solche Vorgaben. Aber der Weg, über den ich jetzt laufe, ist schon ziemlich schmal. Aufgrund meiner Knieproblematik bin ich ja manchmal nicht ganz sicher auf Beinen. Daher beschließe ich, dass sich Dayo ohne Leine seinen eigenen Weg suchen darf.Ein bisschen Herzklopfen habe ich schon, als ich die ersten anderen Wanderer an mir vorbei lasse, weil ich so langsam bin. Ich bemühe mich, auf den Satz „Der tut nix" zu verzichten. Gott sei Dank finden die meisten Leute ihn total schön und fast alle wollen ihn streicheln. Das findet der Bär aber wohl nicht so prickelnd, denn er klettert einfach etwas den Hang hinauf. Da kann ihm keiner folgen.Wir kommen nur langsam vorwärts. Ich bleibe immer wieder stehen, um die Aussicht nach unten zu genießen und auch, um andere Wandere an mir vorbei zu lassen.
Und immer wieder frage ich mich, wo die ganzen Menschen herkommen. Auf den acht Kilometern zur Holzbachschlucht bin ich nur wenigen begegnet und kaum war ich raus aus der Schlucht waren auch all die Menschen fort.
Leider ist der Rundweg durch die Holzbachschlucht tatsächlich gesperrt. Schade. Ich folge also der Umgehung.Kurze Zeit später sind wir dann auch raus aus der Schlucht. Auch ohne den Rundweg habe ich einen Eindruck bekommen, aber vermutlich muss ich nochmals wiederkommen, denn so am Rand entlang zu laufen, ist zwar ganz schön, aber das „aha"-Erlebnis bleibt dabei außen vor.
Nun geht es ordentlich bergauf. Zumindest kommt es mir so vor, weil ich ganz schön schwitze. Es ist nämlich ganz schön warm. Aber Dayo und ich haben ja noch ein paar Kilometer vor uns. Da muss ich jetzt halt durch. Ich spaziere durch den Wald, der hier - wir befinden uns hier auch schon in der „Einflugschneise" von Westerburg - hauptsächlich aus Laubbäumen besteht. Es geht jetzt auf schönen, verschlungenen Pfaden in Richtung Katzenstein, einem Fels aus Plattenbasalt, von dem aus man einen schönen Blick auf Westerburg haben soll.Auf dem Weg dorthin kommen wir am Wirtshaus „Zum Katzenstein" vorbei. Vom Wald aus sieht es ziemlich geschlossen und etwas verlassen aus. Ich bin dort nicht hingegangen, um zu schauen, was es mit dem Lokal auf sich hat.Wir kommen noch an einem Wasserabfluss vorbei und Dayo nimmt eine große Schnauze voll Wasser zu sich. Dann geht es auch schon wieder weiter. Hin und wieder sieht es aus, als habe jemand umgefallene Bäume so drapiert, damit der Abenteuercharakter dieser Etappe hervor gehoben wird ... 😉 ...Dann sind wir auf der Zielgeraden und erreichen den Katzenstein kurz bevor es runter nach Westerburg geht. Abgesehen von einem herrlichen Blick über Westerburg ... ... steht hier ein Denkmal für die Heimatvertriebenen aus den ehemaligen Ostgebieten.Außerdem laden hier Bänke zum Verweilen ein. Leider ist dieser Ort so verdreckt - überquellende Mülleimer, Scherben, Zigarettenkippen und leere Dosen -, dass ich mich lieber wieder auf die Socken mache. Ich gehe vorsichtig weiter, damit Dayo nicht noch in irgendeine Scherbe tritt. Irgendwie schade, dass die Menschen, die hier gefeiert haben, ihren Müll nicht wieder mitgenommen haben.Kurz darauf erreiche ich den Stadtrand von Westerburg und gelange über einen Spielplatz zum Burgmannenplatz.
Das wunderschön renovierte Fachwerkhaus wurde 1607 als Wohnhaus erbaut und ist eines der ältesten Gebäude der Stadt. Im Laufe der Jahrhunderte diente es verschiedensten Zwecken. In den 1980er Jahren erwarb die Gemeinde das Burgmannenhaus und restaurierte es. Heute treffen sich dort Vereine und die Räume werden für private Feiern und für Kulturveranstaltungen genutzt. Außerdem können sich Brautpaare hier auch trauen lassen.Ich hatte meinen reizenden Gemahl rund drei Kilometer vor Westerburg angerufen, damit er mich und Dayo am Schloss abholt. Als wir über den Burgmannenplatz schlendern, ist von ihm noch nichts zu sehen. Also gehen wir schon schnell zum Schloss hoch, das über mir aufragt. Das Schloss wurde auf einer Burganlage aus dem 12. Jahrhundert errichtet und ist heute in Privatbesitz. Es gibt aber einen Weinkeller mit Restaurant.
Weitere Informationen:
- Die Etappe 4 des Westerwald-Steigs führt von Rennerod nach Westerburg und ist rund 17 Kilometer lang.
- Es gilt 296 Höhenmeter nach oben und 378 Höhenmeter nach unten zu bewältigen. Für die Wanderung sind fünf Stunden veranschlagt - sehr viel länger war ich auch nicht unterwegs, obwohl in der Holzbachschlucht der Rundweg gesperrt war und sich die Strecke so um einen Kilometer verlängert hat.
- Die Holzbachschlucht ist besonders bei schönem Wetter etwas überlaufen. Ansonsten habe ich auf der Etappe nur sehr wenige Menschen getroffen.
- Ich empfand die Etappe als anstrengend, aber nicht als schwer.
- In Rennerod habe ich am Waldrand am Ende des Friedhofweges geparkt. Hier ist auch der Einstieg in die Etappe.
- Von Westerburg fährt euch die Buslinie 116 nach Rennerod zurück (ich habe hier nicht nachgeschaut, wie oft und wann der Bus fährt).
- Weitere Informationen über den Westerwald-Steig und seine 16 Etappe findet ihr hier.