Eins Zwei Drei Vier – wie das ist, mit mehreren Kindern zu leben

Klar werde ich immer mal wieder gefragt, wie das Leben mit vier Kindern so ist. Ich denke mir dann immer:

“Viel anstrengender als mit einem, aber weniger anstrengend als mit sechs.”

Meist wird auch nicht gefragt – sondern gleich etwas festgestellt:

“Also ich könnte das nicht. Da würde ich bekloppt.” 

Äh ja. Ich war es schon vorher – das hilft.

Wie wir viele wurden:

Kind Nummer 1

Wir hatten ein Kind und dachten: Wow, das ist ja eine krasse Umstellung! Nichts ist mehr wie vorher. Es gab von vielen Dingen so viel mehr und von anderen so viel weniger. Alle Eltern kennen das. Wir hatten uns sehr über die Schwangerschaft gefreut und arrangierten uns während des ersten Jahres mit der Umstellung. Nummer 1 war im ganzen ersten Lebensjahr eher unzufrieden.

Als Baby immer an der Grenze zum Schreikind, oft darüber hinaus. Ich konnte förmlich spüren, wie die Energie nur so aus mir hinausfloss. Sie war auch ein Still-“Barracuda”: Andocken – Saugen wir verrückt – nach zwei Minuten loslassen und nach der anderen Seite verlangen – zwei weitere Minuten – vollgesogen abfallen. Nach dem Stillen kippten sie und ich zu Beginn regelmäßig um und pennten ein. Ich war wortwörtlich leergesaugt. Habe gut abgenommen in der Zeit …

Kind Nummer 2

Eineinhalb Jahre lang hatten wir ein Einzelkind. Seit dieses acht Monate alt war, wuchs Nummer 2 in mir heran. Ich hatte ziemlich Schiss vor der Herausforderung mit einem laufenden Kleinkind und einem Säugling.

Zu Recht. Es war sehr anstrengend. Aber es wurde mit jedem Monat einfacher. Nummer 2 war ein sehr liebes Baby, wenngleich sie ein Speikind war und nach jeder Mahlzeit eine Milchdusche über sich und mich ausbreitete. Ich war oft bis auf die Unterwäsche nass. Immer roch ihr kleiner Speckhals nach Käse – wegen der geronnen Muttermilch. Yummy. Ich habe dauernd an ihr und mir herumgewaschen.

Ich hatte nie Angst, dass meine Liebe nicht für zwei reichen könnte – ich machte mir nur Sorgen um meine Nerven. Wir zogen in eine größere Wohnung um während ich schwanger war.

Mit zwei so kleinen Kindern war es eine interessante Mischung aus Unter – und Überforderung. Nummer 1 wuselte herum und Nummer 2 wollte gestillt werden. Hilflos saß ich auf dem Sofa mit dem Mini an der Brust und sah zu, wie Nummer 1 Tonnen an Spielzeug und Küchenutensilien in der Wohnung verteilte. Nach dem Stillen durfte ich das alles dann aufräumen. Gestaubsaugt habe ich mehrmals täglich und der Sauger stand immer griffbereit. Ich habe in der Tat Nummer 2 neben diesem Gerät auf dem Wohnzimmerteppich entbunden …

Wir lebten damals in der Studiumsphase – bloß ohne die Parties und das Ausschlafen am Wochenende. Aber mit so langen Pausen, dass wir in diesen zusammen am PC spielten oder rumhingen und entspannten.

Kind Nummer 3

Nummer 3 machte sich im Sommer 2006 als zweiter Punkt auf dem Schwangerschaftstest bemerkbar. Mr. Essential befand sich im Studiums-Endspurt und während für mich der Zeitpunkt für ein drittes Kind gut passte, stresste ihn der Gedanke zunächst. Doch irgendwie hatten wir uns einigen können und Nummer 3 wurde in die Familie “eingeladen”. Ein Mal in der Woche waren Nummer 1 und Nummer 2 damals bei den Großeltern. In den Kindergarten gingen beide noch nicht.

Wir zogen in eine andere Stadt und Mr. Essential machte montags seine Abschlussprüfung (1,6! Yeah!) und donnerstags war die Einleitung im Krankenhaus. Wir hatten in der Tat den Geburtsstart passend terminiert. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete Mr. Essential bereits seit Längerem in einer PR-Agentur. Er hat in der Tat Job und Studium sowie Familie gleichzeitig hinbekommen. Nummer 1 war fünf Jahre alt und Nummer 2 war drei Jahre alt, als sie beide große Schwestern wurden. Vorbereitet habe ich alle Kinder gleich: Sie lernten, dass sie große Geschwister würden. Ich versprach keine Spielkameraden oder Knuddelbabies. Sondern ich sagte ihnen klar, was das Schöne und auch das Nicht-so-Schöne an einem Baby im Haus sein würde. Und es gab selten Eifersucht. Der Plan klappte also.

Die Großen kamen in den Kindergarten und als Nummer 3 neun Monate alt war, begann ich im Homeoffice freiberuflich zu arbeiten, was mich sehr glücklich machte.

Nummer 3 war ein Anfängerbaby. Sehr zufrieden und ruhig. Sie weinte nur absolut selten. Hatte sie Hunger, dann stimmte sie eine Art zaghaftes Meckern an. Mehr nicht. Ein Traum war das. Ich war phasenweise dennoch abends richtig fertig. Manchmal tränten meine Augen vor Müdigkeit, während ich die Stufen zum Kinderzimmer hochging und ich sah verschwommen. Daran erinnere ich mich noch gut.

Ich war viel unterwegs mit den Dreien. Zu den Großeltern ging es nicht mehr so häufig – auch wegen des Kindergartens. Aber an den Wochenenden waren sie vielleicht alle zwei bis drei Monate dort. Wenn ich krank war, dann ergab sich selten eine Unterstützung. Mr. Essential war beruflich mehr als eingespannt und hatte wenig Zeit für Familie, außer an den Wochenenden.

Drei Kinder erfordern eben, dass man zusehen muss, wie man im Job weiterkommt.

Und das gelang ihm sehr gut.

Wir zogen aus der Großstadt um und leben nicht mehr in einer Wohnung, sondern in einem schönen, gemieteten Haus. Mit einem kleinen Garten. Der Kindergarten war großartig und die Grundschule nicht weit. Morgens marschierten die Großen dorthin und ich mit Nummer 3 zum nahen Supermarkt. Dort kauften wir uns Joghurt und holten Brötchen, um beides dann im Garten zu frühstücken. Ich habe ab mittags nach dem essen wirklich dauernd aufgeräumt. Bis heute nervt es mich, wenn ein Haus so aussieht, als ob da acht Kinder wohnen. Schrecklich finde ich das. Bei anderen Menschen ist mir das egal. Ich fühle mich selbst damit nur nicht wohl.

Also wuselte ich herum, machte den Haushalt und so weiter. Gearbeitet habe ich da immer noch freiberuflich, bis ich in der PR-Agentur anfing, wo ich eineinhalb Jahre ausprobieren durfte, wie das so ist, mit der Vereinbarkeit. Unsere Kinder sind meistens gesund und so konnte ich das wagen. Die Großeltern wären im Notfall eingesprungen. Doch als unsere Oma schwer erkrankte, fiel diese Option weg und obwohl ich mit meinem Fortkommen im Job sehr zufrieden sein konnte und bereits über neue Möglichkeiten gesprochen wurde, kündigte ich dann letztlich, weil es einfach zu viel wurde.

Kind Nummer 4

Wir kauften das Haus und zogen um.

Schule und Kindergarten wurden gewechselt. Nicht unbedingt Verbesserungen, aber es ging nicht anders.

Das Leben mit den Dreien war längst eingespielt. Als Wunschkind Nummer 4 kam, waren die Großen 10, 9 und 6 Jahre alt. Es gab inzwischen nur noch einen einzigen – sehr lieben – Opa. Dieser Opa kümmerte sich auch hier um die drei Großen, während Nummer 4 geboren wurde.

Ansonsten gibt es für uns keine familiäre Unterstützung.

Wie anstrengend es mit unserem “High-Need-Boy” wurde, kann man auf diesem Blog nachlesen. Hier und hier und auch hier.

Es war richtig knackig. So ein Baby hatten wir noch nie. Und dazu noch drei Kinder. Das war dann richtig krass. Und wir haben oft gelacht:

Er: “Weißt du noch, wie wir vor elf Jahren dachten, ein einziges Kind sei anstrengend?”

Ich: “Haha, ja, man kennt es ja nicht anders …”

Er: “Das hier IST anders …”

Wir haben uns für die Kinder immer aus der Liebe und dem Bauchgefühl heraus entschieden. Natürlich hatten wir innere Sorgen und Vorbehalte. Schafft man es nervlich? Schafft man es finanziell? Kommt niemand zu kurz? Geht das überhaupt ohne familiäre Unterstützung?

Die Antworten sind immer die gleichen: Man wird sehen, man gewöhnt sich und natürlich kann man alles schaffen. Es ist nur nicht immer das reine Zuckerschlecken.

Was ist am Leben mit vielen Kindern anstrengend?

Ich finde manchmal, dass es durchaus zu wuselig und zu laut ist – na klar. Ich bin (nicht lachen!) ein Mensch, der sehr gerne alleine ist. Aber zugleich bin ich mit diesen vier Persönlichkeiten schrecklich gern zusammen.

Schade finde ich, dass man sich nicht so sehr auf den Einzelnen einstellen kann. Das geht einfach nicht. Ich schaue sehr genau hin, analysiere und begleite. Aber bei nur einem Kind ginge das viel besser. Klar sage ich mir, dass es auch ein “zu viel des Guten” gibt und dies wieder eine andere Herausforderung für mich als Mutter wäre, aber es ist ja immer so: “Die Gelockten wollen glatte Haare und andersherum”. Sind jedenfalls zwei von den vieren mal nicht da, dann ist es mir oft zu langweilig und leer im Haus. Wenn nur eine mal woanders übernachtet, dann vermisse ich sie. Ich kann echt irgendwie körperlich spüren, dass wir nicht komplett sind.

Man muss viele Termine, Wünsche, Entwicklungen, Befindlichkeiten und Probleme speichern und koordinieren. Das ist sehr viel Arbeit. Man kommt dabei definitiv zu kurz. Wir haben einen Kalender mit sechs Spalten und die bekomme ich in manchen Monaten erschreckend vollgeschrieben.

Man muss verzichten lernen. Es gibt keine großen tollen Urlaube. Es gibt von allem (Materiellem) weniger für alle.

Bei vier Kindern ist Mitarbeit erforderlich. Ganz klar, dass jeder Aufgaben erledigen muss. Sie müssen selbstständig sein. Eigentlich. Leider habe ich sie ziemlich verwöhnt, sagt Mr. Essential und ihnen viel zu viel abgenommen. Diesen Fehler muss ich nun mühselig korrigieren. Das klappt jedoch recht gut, ist aber auch dringend nötig.

Vier Kinder reden/plappern/quietschen/meckern gleichzeitig. Das kann die Hölle sein.Echt. Ich habe seit Jahren immer mal wieder so ein Zwitschern und Rauschen im Ohr. Das spricht wohl seine eigene Sprache.

Vier Schwangerschaften steckte (m)ein Körper gut weg. Das, was mich an meinem Körper stört, das war nach der ersten Schwangerschaft schon so. Es veränderte sich bei den weiteren nicht. Das kann auch anders ablaufen, wie ich hörte.

Mit vier Kindern muss man Unmengen einkaufen. Unmengen waschen. Unmengen bügeln und tausend Mal die gleichen Sätze predigen. Das sind die Sätze und Erinnerungen, die wir alle kennen. Man muss sie nur viel öfter sagen. Weil zu mehr Personen.

Ab und an hörte ich so etwas:

“Ach, ob jetzt eins, zwei, drei oder vier. Sooo groß ist der Unterschied nicht. Man muss ja eh waschen und kochen. Wäscht und kocht man eben mehr.”

Das ist wirklich Unsinn. Es geht nicht nur um die Mengen an Arbeit, sondern um die Unmengen an Aufmerksamkeit. Die wächst nicht. Die Nerven passen sich an, man schafft mehr, erträgt mehr, powert mehr. Das darf ich sagen, weil ich ja die Stadien alle durch habe. Man hat wirklich mehr um die Ohren als wenn man weniger Kinder hat.

Mit einem einzelnen Kind hatten wir mehr Freiheiten, mehr Geld und mehr innere Ressourcen als mit mehr Kindern. Alleine alle zu scheuchen, damit man rechtzeitig zu Sechst im Auto sitzt .. das ist “ein Bisschen” anders als bei einem Einzelkind.

Familienbett, Abstillen nach Wunsch des Kindes und ähnliches sind für uns lediglich romantische Ideen. Wenn ich lese, dass die Natürlichkeit in solchen Themen das Hauptargument ist, dann sage ich progressiv: “Großfamilien sind noch viel natürlicher!” Und da gehen viele Fisimatenten einfach nicht. Manchmal tut einem das leid.

Achtsamkeit ist oftmals etwas, an das ich mich bewusst erinnern muss, um es einzusetzen. Bei so vielen Menschen auf einem Haufen, da ist es nicht einfach. Da nimmt man sich keine Zeit für kleine Entscheidungen. Welche Teesorte kaufe ich? Welches Shirt passt am allerdbesten zu dieser Hose? Wie fühle ich mich gerade? Was brauche ich jetzt? Ist mir gerade nach einem Kaffee? Das ist alles nur noch Tand und Luxus.

Habe mal ein Wochenende bei einem mit mir innig befreundetem Paar verbracht, das kinderlos in einem süßen Häuschen in der Heide lebt. Da habe ich erst den Kontrast begriffen! Diese ganze Stille! Die Zeit, um zu entscheiden, wie man sein Frühstücksei gerne hätte! Allein das! Hier ist das morgens eher kantinenmäßig …

Schön viele

Man kann mit vier Kindern in einem 1,80-Meter-Bett kuscheln. That’s Heaven! Alle liegen um mich herum – lauter Menschen, die durch mich auf diese Welt kamen und die ich begleiten darf. Ich liege da dankbar und Mr. Essential sagt: “Oh Mann, ich an deiner Stelle würde ersticken!” So unterschiedlich kann man wahrnehmen.

Jedes Kind ist anders. Bei uns stimmt das haargenau. Ihre Persönlichkeiten, Interessen, Reaktionen und Vorlieben sind teilweise so unterschiedlich! Und so gibt es immer ein Kind, mit dem man ein Thema teilen kann. Ich merke das schon an Nummer 4: Mit Nummer 1 spielt er gerne Baby-Apps oder sieht sich eine Folge “Shawn das Schaf” an. Nur Nummer 2 bringt ihn anscheinend perfekt ins Bett. Nummer 3 ist für ihn irrwitzig komisch – die beiden kreischen oft vor Lachen zusammen.

Als Mensch, der als Kind eine große und innige Familie sehr vermisst hat, genieße ich viele Aspekte des Lebens mit vielen Kindern. Und das werde ich sicherlich auch noch, wenn ich mal faltig bin und Enkelkinder habe.

Die Kinder streiten, sie helfen sich, sie teilen, sie lernen so unendlich viel voneinander. Nicht nur die klassischen Social Skills. Auch tiefe Gefühle weit darüber hinaus. Und Verantwortungsbewusstsein. Und sich zurücknehmen zu können sowie sich auch zu behaupten. Mit Nummer 3 zum Beispiel legt sich in der Schule niemand an. Sie hat zwei große Schwestern und obwohl sie äußerlich klein und schmächtig erscheint, ist sie stark und selbstbewusst. Bei all diesen Prozessen und Erlebnissen darf ich dabei sein. Für solche Erfahrungen darf man wirklich danken.

Die Idee, ich würde dieses Leben beenden, ohne Anderen das Leben ermöglicht und sie darin begleitet zu haben, lag mir stets fern und machte mich beim Gedanken daran traurig. Ganz gleich, was ich an Schlimmem erlebte: Das Leben an sich habe ich gern weitergegeben und durch die Geburten der Kinder gewürdigt. Das ist ein religiöser oder spiritueller Aspekt, der mir sehr wichtig ist.

Ich bin umgeben von Liebe und darf mit meinen Händen einen tiefen Sinn berühren. Manchmal ist es unfassbar anstrengend und dann ist es wiederum so tief, dass ich nicht verstehe, wie es auch nur Momente lang selbstverständlich wirken kann.



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