manchmal überfallen sie einen ohne Vorwarnung, diese dunkelgrauen Momente …
man fühlt sich ohne Energie, hat zu nichts Lust, ist einfach nur müde und kraftlos. Am liebsten würde man die Zeit mit einer Decke über dem Kopf verbringen. Man kann sich einfach zu nichts aufraffen, alles fällt schwer. Aus meiner Praxisarbeit weiß ich, dass nicht nur Frauen von solchen Stimmungen betroffen sind. Das erleben Kinder und auch Männer.
Wenn es einem nicht so gut geht, tauchen unweigerlich Erinnerungen auf. Leider nicht die guten. Erlebnisse die extrem verletzt haben, unangenehme Erfahrungen oder peinliche Momente, genau solches meldet sich so deutlich, als wäre es gestern erst passiert. Obwohl man alles verdrängt, vergessen oder vermeintlich schon verarbeitet hatte.
Das haben wir eben nicht wirklich, nicht im Herzen.
Vielleicht mit dem Kopf, das schon.
Man soll verzeihen, heißt es. Aber ich frage mich, erhebe ich mich nicht über den anderen, indem ich ihm verzeihe? Wie großmütig von mir! Mache ich mich dadurch nicht übermächtig, über den/die Verursacher erhaben?
Schon, oder?
Nichts kann man ungeschehen machen. Leider. Aber man könnte auch sagen: es ist wie es ist, und ich akzeptiere es so. Auch der Versuch zu verstehen, warum man sich durch eine Person oder in einer Situation so hilflos oder verletzt fühlte. In der Erinnerung forschen um den Grund dieser Geschichte zu finden, warum sie immer noch so an einem nagt.
Man könnte sich auch mal fragen: wie hätte ICH im Umkehrsinn gehandelt, vielleicht genau so? Nun ist ja genügend Zeit vergangen, die Erinnerung objektiv zu sehen und nicht zu werten.
Ich möchte es mal so ausdrücken, dieses verletzt werden gehört auch zur Lebenserfahrung. Und vielleicht hat genau dieser Teil dazu beigetragen, einem auf den Weg zu helfen. Dadurch konnte man wachsen, sich ins Positive verändern. So gedacht, kann man die Erinnerung ohne Groll annehmen.
Dann macht einen das nicht schwach und hilflos, sondern man zeigt durch diese Denkveränderung Mut, Kraft und Stärke.
Ganz schön schwer so zu denken und auch dementsprechend zu handeln, das geht nicht von heute auf morgen. Es ist ein innerlicher Wandlungsprozess über Jahre, der sich wirklich lohnt.
Mir persönlich hat es immer geholfen, mich mit dieser Denkweise wieder hochzuziehen, aus dem mir geht’s nicht gut heute. Ehrlich zu und mit sich sein, denn niemand ist immer nur supergut. Auch zulassen können, dass man mit dem Schicksal manchmal hadert, das gehört für mich zum lebendig sein.
Doch sollte man das immer nur in begrenzter Zeitspanne praktizieren.
Für sich als Vorgabe:
so etwa zwei Stunden darf ich in meiner Vergangenheit graben. Genau dort, wo es besonders wehtut. Das brauche ich jetzt zum Klären, aber dann ist gut.
Das geht wirklich, ich mache es auch so. Aufräumen in meiner Seelenkammer, dafür sind die grauen Stunden gut.
Sich mit Ereignissen auseinander zu setzen, die Ergebnisse annehmen, das gibt gute Energie, positives Denken und baut auf.
Ein Zeichen von Kraft und Stärke zeigt uns immer wieder die Natur.
Heute morgen beim Laufen hab ich die Grashalme gesehen.
Nicht zum ersten Mal, aber heute in der Früh’ – sie leuchteten mir förmlich entgegen.
Ich bin stehen geblieben und hab’ diese gewaltige Kraft bewundert.
Text & Foto © Dagmar Hiller
Durch den harten Asphalt bricht dieses zarte Pflänzlein durch, weil es zum Licht will. Es hat die Kraft, das Durchhaltevermögen. Es will – und schafft es, den Widerständen zum Trotz!
Sollten wir uns diese Kraft – gerade in unseren dunkelgrauen Momenten – nicht zum Vorbild nehmen?
Alle Wege führen ins Licht, auch der unsere.